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Stellungnahme:

22.03.2020

Ergänzende Stellungnahme des VID zum Entwurf eines Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht

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Die vorliegende Stellungnahme bezieht sich auf die Art. 1 und 5 des Entwurfs eines Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht. Sie basiert auf dem Stand vom 21.03.2020 18:14 Uhr

Vorbemerkungen:

 

  1. Ein einheitlicher Stichtag für alle gesetzlichen Schutzmechanismen ist erforderlich und dient nicht nur der Vermeidung von Konfliktfällen, sondern vermeidet auch Trittbrettfahrer, die zu erwarten wären, wenn etwa auf die Zahlungsunfähigkeit am 31.12.2019 abgestellt wird.
  1. Die Laufzeit sollte zunächst bis zum 30.06.2020 begrenzt werden und nur durch den Bundestag verlängert werden können. Zu lange Laufzeiten und Verordnungsermächtigungen erwecken den Eindruck, dass sich die Situation nach Einschätzung der Politik ggfls. über den Jahreswechsel hinaus nicht ändert. Zudem muss ein verfassungsrechtlich bedenklicher Eingriff in die Eigentumsrechte auch zeitlich auf das zwingend notwendige Minimum beschränkt werden.
  1. Die Regelungen eines Moratoriums sind zwingend mit Finanzierungshilfen von Bund, Ländern und Gemeinden zu verknüpfen: Soweit Finanzierungshilfen den Liquiditätsmangel ausgleichen, entfällt der Bedarf für ein Moratorium. In diesem Kontext ist auch sicherzustellen, dass staatliche Gelder weder unmittelbar noch mittelbar an Gesellschafter fließen. Die Gesellschafter sollten nicht per se aus ihrer Finanzierungsverantwortung entlassen werden. Entsprechendes gilt für Erleichterung durch das Moratorium in Art. 240 EGBGB.
  1. Das Moratorium sollte nicht nur Verbrauchern, sondern allen Unternehmen – unabhängig von deren Größe – zugutekommen. Dabei ist auch hier Zurückhaltung geboten und der Anwendungszeitraum bis zum 30.06.2020 zu begrenzen.

 

Im Einzelnen schlagen wir folgende Änderungen vor:

 

1) Art. 1 des Entwurfs eines Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht sieht in § 1 eines neu zu schaffenden COVID-19-Insolvenz-Aussetzungsgesetzes (im Folgenden : COVInsAG-E) die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nach § 15a InsO und nach § 42 Absatz 2 BGB bis zum 30.09.2020 vor, schränkt dies aber ein, wenn die Insolvenzreife nicht auf den Folgen der COVID-19-Pandemie beruht oder wenn keine Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.

Dies ist insoweit zu begrüßen, als antragspflichtige Organe i.S.v. 15a InsO keiner Privilegierung bedürfen, wenn die Insolvenzreife aus anderen Gründen bereits eingetreten ist, und zwar unabhängig davon, dass diese Gründe nicht monokausal bleiben, sondern in vielen Fällen Folgen der COVID-19-Pandemie hinzutreten und die Insolvenzreife vertiefen.

Allerdings besteht keine Veranlassung zu einer generellen Aussetzung der Insolvenzantragspflicht, wenn Aussichten auf Beseitigung der Insolvenzreife bestehen. Das Abgrenzungskriterium für die Aussetzung der Antragspflicht kann nur eine Insolvenzreife aufgrund der Folgen der COVID-19-Pandemie sein, nicht aber fehlende Sanierungsaussichten oder fehlende Aussichten zur Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit im Allgemeinen.

Eine Erleichterung der Darlegungslast enthält § 1 Satz 3 COVInsAG-E mit der Vermutung (= widerleglichen Umkehr der Beweislast) des Bestehens einer Zahlungsunfähigkeit am 31.12.2019 aufgrund der Folgen der COVID-19-Pandemie. Zu diesem Zeitpunkt war eine die Wirtschaft treffende Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus jedenfalls außerhalb von China weder eingetreten noch in dem jetzigen Umfang absehbar. Eine frühere Fassung des COVInsAG-E des BMJV stellte bei der Vermutungsregelung daher zutreffend auf den 13.03.2020 ab. Dementsprechend sollte die Privilegierung des Anwendungsbereichs von § 290 Absatz 1 Nr. 4 InsO auch nicht auf einen wesentlich früheren Stichtag abstellen.

Wegen der praktisch vorzugswürdigen Abgrenzung auf einen vollen Monat regt der VID an, den Stichtag nun einheitlich auf den 29.02.2020 festzulegen.

 

Der Text von § 1 COVInsAG-E sollte daher wie folgt geändert werden:

Die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags nach § 15a der Insolvenzordnung und nach § 42 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist bis zum 30. Juni 2020 ausgesetzt. Dies gilt nicht, wenn die Insolvenzreife nicht auf den Folgen der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus (COVID-19-Pandemie) beruht. War der Schuldner am 29.02.2020 nicht zahlungsunfähig, wird vermutet, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht und Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. Ist der Schuldner eine natürliche Person, so ist § 290 Absatz 1 Nummer 4 der Insolvenzordnung mit der Maßgabe anzuwenden, dass auf die Verzögerung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Zeitraum zwischen dem 1. März 2020 und dem 30. Juni 2020 keine Versagung der Restschuldbefreiung gestützt werden kann. Die Sätze 2 und 3 gelten entsprechend.

 

Die Privilegierung von „Krisenkrediten“ durch § 2 Abs. 1 Ziff. 2 COVInsAG-E in einer etwaigen Folgeinsolvenz ist im Grundsatz ein sinnvoller Anreiz zur Kreditgewährung. Die vorgeschlagene Regelung schießt aber über das Ziel hinaus:

In der vorgeschlagenen Fassung würde die Privilegierung nicht nur reine Neukredite erfassen, sondern auch Umschuldungen, so dass ein Anreiz bestünde, aus Altkrediten durch „Umwandlung“ privilegierte Neukredite zu machen. Dies entspräche nicht dem Sinn der Regelung. Der Neukredit muss durch die Corona-Krise veranlasst sein.

Besicherungen sollten das üblicherweise zulässige Maß einer Übersicherung nicht übersteigen, weshalb wir vorschlagen, das Tatbestandsmerkmal der Angemessenheit aufzunehmen.

Für einen Ausschluss von § 44a InsO besteht keine Notwendigkeit. Die bloße Aussicht, bei der Quote in einem Insolvenzverfahren nicht auf die Ausfallforderung beschränkt zu sein, dürfte keinen maßgeblichen Anreiz für die Kreditgewährung darstellen, und der besichernde Gesellschafter hätte von einem Ausschluss von § 44a InsO keine Vorteile.

 

Der Text von § 2 Abs.1 Ziff. 2 COVInsAG-E sollte daher wie folgt geändert werden:

2. gilt die bis zum 30. Juni 2023 erfolgende Rückgewähr eines im Aussetzungszeitraum gewährten, durch die COVID-19-Pandemie bedingten neuen Kredits sowie die im Aussetzungszeitraum erfolgte Bestellung angemessener Sicherheiten zur Absicherung solcher Kredite als nicht gläubigerbenachteiligend; Halbsatz 1 gilt auch für die Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen und Zahlungen auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, nicht aber deren Besicherung; § 39 Absatz 1 Nummer 5 und § 44a der Insolvenzordnung findent insoweit in Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners, die bis zum 30. Juni 2023 beantragt wurden, keine Anwendung;

 

Die in § 2 Abs. 1 Ziff. 4 COVInsAG-E nunmehr angelegte Regelung stellt einen dramatischen Verzicht auf jegliche staatliche Steuerung der Allokation von ausgereichten Finanzierungshilfen dar. Schuldner wären in der Lage, die umfangreich und ohne verschärfte Prüfung von Sanierungskonzepten oder Erfolgsaussichten ausgereichten Mittel zur direkten oder indirekten Befriedigung eigener Forderungen (z. B. durch Rückführung von Gesellschafterdarlehen) zu verwenden, ohne hierbei in einer anschließenden Insolvenz um diese private Rettungsaktion auf Kosten des Staates fürchten zu müssen. Der hier gebotene Anreiz dürfte gerade wegen der derzeit unabsehbaren Dauer und den Folgen der Coronakrise für die Betroffenen unwiderstehlich sein. Es wäre mit einer massenhaften Fehlallokation der Finanzhilfen zu rechnen. Es würden nicht Unternehmen gerettet, sondern Unternehmer begünstigt – mit allen erwartbaren Folgen für die Gesamtwirtschaft und insbesondere den Arbeitsmarkt. Es sollte deshalb in Anlehnung an § 2 Absatz 1 Ziffer 1 COVInsAG-E unbedingt ein entsprechender Vorbehalt in den Entwurfstext eingefügt werden.

 

Der Text von § 2 Abs.1 Ziff. 4 COVInsAG-E sollte daher wie folgt geändert werden:

4. sind Rechtshandlungen, die dem anderen Teil eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht haben, die dieser in der Art und zu der Zeit beanspruchen konnte, in einem späteren Insolvenzverfahren nicht anfechtbar; dies gilt nicht, wenn dem anderen Teil bekannt war, dass die Sanierungs- und Finanzierungsbemühungen des Schuldners nicht zur Beseitigung einer eingetretenen Zahlungsunfähigkeit geeignet gewesen sind oder die Rechtshandlungen nicht der Aufrechterhaltung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes oder der Umsetzung eines Sanierungskonzepts dienen. Satz 1 gilt entsprechend für

a) Leistungen an Erfüllungs statt oder erfüllungshalber;
b) Zahlungen durch einen Dritten auf Anweisung des Schuldners;
c) die Bestellung einer anderen als der ursprünglich vereinbarten Sicherheit, wenn diese nicht werthaltiger ist;
d) die Verkürzung von Zahlungszielen und
e) die Gewährung von Zahlungserleichterungen.

 

Richtigerweise werden durch § 2 Abs. 2 COVInsAG-E die Regelungen des Absatz 1, Nr.1.-4 auch auf natürliche Personen angewendet, für die keine Antragsverpflichtung nach § 15a InsO besteht. Dies muss aber zur Vermeidung von Fehlinterpretationen auch sprachlich deutlich gemacht werden. Nicht nachvollziehbar ist jedoch die Einbeziehung aller Unternehmen in diese Privilegierung unabhängig vom Vorliegen eines Insolvenzgrundes. Daher ist der letzte Halbsatz ersatzlos zu streichen.

 

Der Text von § 2 Abs. 2 COVInsAG-E sollte daher wie folgt geändert werden:

Absatz 1 Nummer 2, 3 und 4 gilt auch für Unternehmen, die aufgrund ihrer Rechtsform keiner Antragspflicht unterliegen sowie für Schuldner, die weder zahlungsunfähig noch überschuldet sind.

 

§ 4 COVInsAG-E sollte ersatzlos entfallen. Eine verfassungsrechtlich und wirtschaftlich so bedeutsame Entscheidung sollte ausschließlich dem Parlament vorbehalten bleiben. Schon die Schutzfunktion der Antragspflicht für die Rechte der Gläubiger verbietet hier eine Übertragung auf den Verordnungsgeber.

 

Der Text von § 4 COVInsAG-E sollte daher wie folgt geändert werden:

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nach § 1 und die Regelung zum Eröffnungsgrund bei Gläubigerinsolvenzanträgen nach § 3 bis höchstens 31. März 2021 zu verlängern, wenn dies aufgrund fortbestehender Nachfrage nach verfügbaren öffentlichen Hilfen, andauernder Finanzierungsschwierigkeiten oder sonstiger Umstände geboten erscheint.

 

2) In Art. 5 soll durch die Einfügung eines neuen 240 § 1 EGBGB ein umfangreicher Eingriff in alle Dauerschuldverhältnisse stattfinden, also z.B. Dienstverträge, Heimverträge, Telefonverträge, Versicherungsverträge, Schulverträge etc. Angewendet werden soll die Regelung auf Verbraucher, Kleinstunternehmen und kleine sowie mittlere Unternehmen (Abl. L 124 vom 20.5.2003, S. 36).

Nicht zuletzt verfassungsrechtlich geboten ist es, dass Regelungen eines Moratoriums nicht nur für Verbraucher und Unternehmen einer bestimmten Größenordnung, sondern für alle Unternehmen gelten. Wenn ein Moratorium erforderlich ist, dann trifft es alle Unternehmen.

Unabhängig von dem Geltungsbereich ist es erforderlich, Regelungen eines Moratoriums mit der Gewährung von Finanzierungshilfen zu verknüpfen, die nach den jüngsten Verlautbarungen jedenfalls von Bund und Ländern in großem Umfang angekündigt sind. Für ein Moratorium besteht kein Bedarf (mehr), wenn Unternehmen und Verbraucher Finanzierungshilfen erhalten haben, die sie wieder in die Lage versetzen sollen, ihren Zahlungsverpflichten nachzukommen. Geschieht dies nicht, besteht der Anreiz, Finanzierungshilfen für andere Zwecke als die Beseitigung der wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie, also zweckwidrig zu verwenden. Moratorien sollten daher generell enden, wenn dem Schuldner Finanzierunghilfen zur Verfügung gestellt werden, um damit suspendierten Zahlungsverpflichtungen wieder nachzukommen.

 Im Kern soll ein Moratorium möglich sein, wenn bei Verbrauchern der angemessene Lebensunterhalt sonst nicht mehr gedeckt ist oder Unternehmen die Leistung nicht erbringen können bzw. bei Erbringung der Leistung wirtschaftlich selbst existenziell gefährdet wären. Korrektiv soll die Unzumutbarkeit beim Gläubiger sein. Im Ergebnis hat der Gläubiger seine Leistung weiter zur Verfügung zu stellen und wird aber ggfl. nicht bezahlt.

Das Risiko der wirtschaftlichen Folgen der Zahlungsaussetzung zum Schutz des Verbrauchers und Unternehmens wird so weitergegeben an andere Unternehmen. Bei diesen steigt dann das Insolvenzrisiko, so das ein Schneeballeffekt entsteht. Irgendjemanden werden die wirtschaftlichen Folgen treffen. Risiken werden nur verschoben, nicht gelöst, und im Gerichtswege langwierig als Abgrenzungsfragen zu den unbestimmten Begriffen Unzumutbarkeit und Gefährdung zu diskutieren sein. Ein einzelner Zahlungsausfall eines Schuldners mag für den Gläubiger zumutbar sein, erst das Zusammenspiel vieler Zahlungsausfälle führt zur Unzumutbarkeit. Das kann jedoch nicht gerichtlich effektiv geklärt werden, weil je nach Unternehmensgröße unzählige Geschäfte betroffen sind. Bis jedoch Rechtsstreite darüber geführt sind, ist keine Zahlung erfolgt und der Gläubiger selbst zahlungsunfähig. Mindestens muss deshalb klar geregelt werden, wer was zu beweisen hat und auch die Anwendungszeit dieses Moratoriums ist eng zu begrenzen (siehe Vorbemerkung).

 

Der Text von Art. 240 § 1 EGBGB – E sollte daher wie folgt geändert werden:

(1) Ein Verbraucher hat das Recht, Leistungen zur Erfüllung eines Anspruchs, der im Zusammenhang mit einem Verbrauchervertrag, der ein Dauerschuldverhältnis ist, steht, der vor dem 29. Februar 2020 geschlossen wurde, bis zum 30. Juni 2020 zu verweigern, wenn dem Verbraucher infolge von Umständen, die auf die Ausbreitung der Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus (COVID-19-Pandemie) zurückzuführen sind, die Erbringung der Leistung ohne Gefährdung seines angemessenen Lebensunterhalts oder des angemessenen Lebensunterhalts seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht möglich wäre. Die Gefährdung des angemessenen Lebensunterhalts hat der Verbraucher zu beweisen.

(2) Ein Kleinstunternehmen im Sinne der Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 6. Mai 2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. L 124 vom 20.5.2003, S. 36) Ein Unternehmen hat das Recht, Leistungen zur Erfüllung eines Anspruchs, der im Zusammenhang mit einem Vertrag, der ein Dauerschuldverhältnis ist, steht, der vor dem 29. Februar 2020 geschlossen wurde, bis zum 30. Juni 2020 zu verweigern, wenn infolge von Umständen, die auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen sind,

  1. das Unternehmen die Leistung nicht erbringen kann oder
  2. dem Unternehmen die Erbringung der Leistung ohne Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen seines Erwerbsbetriebs nicht möglich wäre.

Die Unmöglichkeit der Leistungserbringung bzw. die Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen seines Erwerbsbetriebs bei Erbringung der Leistung hat das Unternehmen zu beweisen.

(3) Absatz 1 gilt nicht, wenn die Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts für den Gläubiger seinerseits unzumutbar ist, da die Nichterbringung der Leistung die wirtschaftliche Grundlage seines Gewerbebetriebs gefährden würde. Absatz 2 gilt nicht, wenn die Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts für den Gläubiger unzumutbar ist, da die Nichterbringung der Leistung zu einer Gefährdung seines angemessenen Lebensunterhalts oder des angemessenen Lebensunterhalts seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen oder der wirtschaftlichen Grundlagen seines Gewerbebetriebs führen würde. Wenn das Leistungsverweigerungsrecht nach Satz 1 oder 2 ausgeschlossen ist, kann der Schuldner vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt bei Dauerschuldverhältnissen das Recht zur Kündigung.

Der Gläubiger hat die Unzumutbarkeit zu beweisen.

(4) Die Absätze 1 und 2 gelten ferner nicht

  1. im Zusammenhang mit Verträgen nach den §§ 2 und 3,
  2. im Zusammenhang mit Arbeitsverträgen,
  3. im Zusammenhang mit Pauschalreiseverträgen,
  4. für die Luft- oder Eisenbahnbeförderung von Personen,
  5. soweit im Einzelfall anwendbare Bestimmungen völkerrechtlicher Übereinkommen über die Beförderung von Gütern entgegenstehende Regelungen enthalten.
  6. wenn und soweit der Schuldner Mittel erhalten hat, die von Bund, Ländern oder Gemeinden zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie unmittelbar oder mittelbar über die Kreditwirtschaft bereitgestellt werden.

(5) Von den Absätzen 1 und 2 kann nicht zum Nachteil des Schuldners abgewichen werden.

 

Art. 240 § 2 EGBGB-E soll den Sonderfall der Beschränkung der Kündigung von Mietverhältnissen regeln.

Der Anwendungszeitraum ist, wie in der Vorbemerkung dargestellt, zu lang. Er ist zunächst auf 3 Monate zu begrenzen. Die Vermutungsregelung kann der Vermieter nicht widerlegen. Daher könnte § 2 massiv missbraucht werden. Ein Mieter kann 6 Monate lang keine Miete mehr zahlen allein gestützt auf die Vermutung, dass das im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie geschieht. Der Vermieter kann sich bei der Formulierung des § 2 nicht dagegen wehren, weil er keine Anhaltspunkte dagegen vorbringen kann; er kennt nicht die finanzielle Situation des Mieters und die Gründe. Wenn man einen Kündigungsschutz einführen möchte, dann muss wenigstens der Mieter belegen, dass die Nichtzahlung auf Folgen der COVID-19-Pandemie beruht.

Der allgemeine Grundsatz, dass derjenige der en Recht geltend macht, das Vorliegen der Voraussetzungen belegen muss, sollte beibehalten werden. Nur so kann ein Missbrauch verhindert werden und dennoch ein Kündigungsschutz gewährt werden. Andernfalls wird einseitig nur der Vermieter belastet. Auch hier wird nur das Risiko der finanziellen Belastung vom Mieter auf den Vermieter verlagert. Am Ende ist nicht der Mieter finanziell ruiniert, sondern der Vermieter. Im Bereich der Gewerbe, deren Geschäfte aufgrund behördlicher Anordnung nicht mehr geöffnet werden dürfen (Einzelhandel, Gastronomie etc.) ist dieser Beweis einfach zu führen. Auf der anderen Seite gibt es noch viele Unternehmen, die in Branchen tätig sind, deren Geschäfte geöffnet bleiben, aber dennoch erhebliche finanzielle Einbußen haben; hier erfordert die Risikoabwägung zwischen den Vertragspartnern einen Beweis von demjenigen, der sich auf den Kündigungsschutz beruft.

 

Der Text von Art. 240 § 2 EGBGB-E sollte daher wie folgt geändert werden:

(1) Der Vermieter kann ein Mietverhältnis über Grundstücke oder über Räume nicht allein aus dem Grund kündigen, dass der Mieter im Zeitraum vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020 trotz Fälligkeit die Miete nicht leistet, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht Der Zusammenhang zwischen COVID-19-Pandemie und Nichtleistung wird vermutet. und der Mieter das beweist. Sonstige Kündigungsrechte bleiben unberührt.

(2) Von Absatz 1 kann nicht zum Nachteil des Mieters abgewichen werden.
(3) Die Absätze 1 und 2 sind auf Pachtverhältnisse entsprechend anzuwenden.
(4) Die Absätze 1 bis 3 sind nur bis zum 30. September 2022 anzuwenden.

 

Anmerkung:

Diese Stellungnahme erweitert eine frühere Stellungnahme zu einem Vorentwurf.

 

Berlin, den 22.3.2020

 

Kontakt:

Verband Insolvenzverwalter Deutschlands e.V. (VID)
Französische Straße 13/14
10117 Berlin

Tel: 030/ 20 45 55 25
E-Mail: info@vid.de
Web: www.vid.de

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