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Stellungnahme:

07.09.2018

RefE einer Verordnung zur Änderung der „Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren im Internet (InsoBekV)

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Stellungnahme des Verbandes Insolvenzverwalter Deutschlands (VID)
zum Referentenentwurf einer Ersten Verordnung zur Änderung
der Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren im Internet

Der vorliegende Referentenentwurf (im Folgenden: RefE) dient der Anpassung der Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren im Internet (im Folgenden: InsoBekV) an die Vorgaben der Verordnung (EU) 2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.05.2015 über Insolvenzverfahren (im Folgenden: EuInsVO) im Hinblick auf die öffentliche Bekanntmachung bestimmter Pflichtinformationen in Insolvenzregistern.

Die nachfolgende Stellungnahme zeigt die dringenden Praxisprobleme öffentlicher Bekanntmachungen insolvenzrechtlicher Pflichtinformationen, insbesondere im Hinblick auf das Datenschutzrecht der Betroffenen, auf und schlägt zu deren Lösung eine Ergänzung des § 1 InsoBekV durch einen neuen Abs. 2 vor.

 

Inhaltsübersicht 

A. Vorbemerkung

  1. Rechtsprechung des BGH
  2. Historie der Einwendungen der/des Bundesdatenschutzbeauftragten
  3. Aktueller empirischer Befund

B. Im Einzelnen

  1.  Datenschutz bei öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren
    1) Veröffentlichungstätigkeit der Insolvenzgerichte ist Verarbeitung i. S. d. DS-GVO
    2) Rechtmäßigkeit der Verarbeitung im Rahmen der öffentlichen Bekanntmachung
    3) Anwendung der Grundrechte auf die Verarbeitung
    4) Grundrechtseingriff am Beispiel der Veröffentlichung von Vergütungen
  2. Schutz personenbezogener Daten nach der InsoBekV
    1) Erforderlichkeit als inhaltliche Schranke öffentlicher Bekanntmachungen
    2) Erforderlichkeit im Rahmen der Veröffentlichung von Vergütungsbeschlüssen
    3) Weitere grundrechtliche Bedenken gegen die Neuregelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InsoBekV

C. Fazit und Vorschlag

 

 

A. Vorbemerkung

Wesentlicher Inhalt des vorliegenden RefE ist eine Änderung des  § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 InsoBekV.[1]  War bislang ein Abruf von Daten aus dem Internet über Insolvenzverfahren gem. § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 InsoBekV nach Ablauf von zwei Wochen nur noch unter Angabe von mindestens zwei Suchbegriffen möglich, soll diese Einschränkung künftig auf solche Insolvenzverfahren beschränkt sein, in denen der Schuldner keine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausübt oder ausgeübt hat.

 

a) Rechtsprechung des BGH

 Mit der Neuregelung des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 InsoBekV ist zunächst eine Entscheidung des BGH (IX ZB 229/11) anzusprechen, in der die bisherige Gestaltung der Suche nach öffentlichen Bekanntmachungen kritisiert worden war. Der BGH hatte die unzureichenden Erläuterungen der Suchmaske hervorgehoben (Leitsatz c) und eine Ergänzung der Suchmerkmale des § 2 Absatz 1 Satz1 Nummer 3 InsoBekV um den Vornamen des Schuldners für notwendig gehalten, um vollständige Suchergebnisse zu erhalten.

Der Verordnungsgeber hat diese Anregung nun zumindest teilweise aufgegriffen, indem er bei einem Teil der als natürliche Personen betroffenen Schuldner (selbständig wirtschaftlich Tätige oder ehemals selbständig wirtschaftlich Tätige) sowie bei juristischen Personen die Einschränkungen des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 InsoBekV aufhebt und ein vollständiges Suchergebnis schon bei der Eingabe nur des Bundeslandes und des zuständigen Gerichts zulässt.

Diese Änderung wird hier den bislang auf die jeweils gerade zurückliegenden 14 Tage begrenzten Suchzeitraum erheblich ausweiten und damit auch (je nach Gerichtsbezirk unterschiedlich) die Trefferlisten einer Suche (Übersicht über die ermittelten Datensätze gem. § 2 Absatz 2 Satz 1 InsoBekV) erheblich vergrößern. Der Suchzeitraum wird künftig nur durch die Löschungsfrist des § 3 Abs. 1 Satz 1 InsoBekV begrenzt sein, der die zeitliche Grenze für die Löschung wie folgt definiert: „Die in einem elektronischen Informations- und Kommunikationssystem erfolgte Veröffentlichung von Daten aus einem Insolvenzverfahren einschließlich des Eröffnungsverfahrens wird spätestens sechs Monate nach der Aufhebung oder der Rechtskraft der Einstellung des Insolvenzverfahrens gelöscht.“

Bis zu dieser Löschung müssten nach dem Vorschlag des RefE künftig die Daten der selbständig wirtschaftlich Tätigen oder ehemals wirtschaftlich Tätigen sowie der juristischen Personen für eine Suche verfügbar bleiben, die lediglich durch eine Eingabe des Bundeslandes und des Gerichts ausgelöst werden könnte.

In einer weiteren Änderung soll die in § 1 Satz 2 InsoBekV bislang vorgesehene Einschränkung des Vorbehalts einer gesetzlichen Regelung auf die Veröffentlichungen von personenbezogenen Daten gestrichen werden. Im Ergebnis bedeutet dies eine Ausweitung des formulierten Vorbehalts auf alle Daten, die im Rahmen von öffentlichen Bekanntmachungen im Insolvenzverfahren bekannt zu machen sind. Alle überobligatorischen Veröffentlichungen, die über den Inhalt hinausgehen, den die Insolvenzordnung oder andere Gesetze fordern, sollen demnach künftig ausgeschlossen sein.

In diesem Zusammenhang wird eine jüngere Entscheidung des BGH (IX ZB 65/16) bedeutsam, die in einem ihrer Leitsätze feststellt, dass die öffentliche Bekanntmachung eines Beschlusses nur wirksam ist, wenn der Beschlusstenor und die für das Verständnis der Entscheidung maßgeblichen Teile der Beschlussgründe selbst veröffentlicht werden.

Für den streitgegenständlichen Fall der öffentlichen Bekanntmachung eines Beschlusses über die Festsetzung der Vergütung des Insolvenzverwalters formuliert der BGH zudem Mindestvoraussetzungen für eine wirksame auszugsweise Veröffentlichung. Er leitet die Notwendigkeit dieser Mindestvoraussetzungen nicht zuletzt aus dem verfassungsrechtlichen Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4GG) ab und stützt sich dabei auch auf Rechtsprechung des BVerfG (ZIP 1988, 379, 382 unter III. 2.). Über den streitgegenständlichen Fall der öffentlichen Bekanntmachung eines Beschlusses zur Festsetzung der Vergütung des Insolvenzverwalters[2] hinaus deutet der BGH die Notwendigkeit solcher Mindestvoraussetzungen auch bei weiteren öffentlichen Bekanntmachungen (s. der oben  zitierte  Leitsatz) an, ohne sie genauer zu beschreiben.

Soweit mit dieser Rechtsprechung gesetzesimmanente aber bislang nicht näher definierte Mindestvoraussetzungen für öffentliche Bekanntmachungen im Insolvenzverfahren aufgedeckt werden, kann der bisher ungeregelte Zustand nicht weiter Bestand haben. Der Gesetzgeber ist vielmehr aufgefordert, die Klärung der Gesetzmäßigkeit von öffentlichen Bekanntmachungen schon aus Gründen der gebotenen Rechtssicherheit nicht allein der Rechtsprechung zu überlassen.[3]  

Im vorliegenden Entwurf lässt der Verordnungsgeber die Möglichkeit ungenutzt, diese dringenden Praxisprobleme öffentlicher Bekanntmachungen insolvenzrechtlicher Pflichtinformationen, insbesondere auch im Hinblick auf das Datenschutzrecht der Betroffenen, einer Lösung zuzuführen. Diese Zurückhaltung überrascht. Schließlich hat das Datenschutzrecht  bereits in der Vergangenheit  zu wiederholten Interventionen der Bundesdatenschutzbeauftragten bei der Veröffentlichungspraxis in Insolvenzverfahren geführt.

 

b) Historie der Einwendungen der/des Bundesdatenschutzbeauftragten

Der VID hat die bereits erwähnte jüngere Entscheidung des BGH zur öffentlichen Bekanntmachung eines Beschlusses über die Festsetzung der Vergütung des Insolvenzverwalters zum Anlass genommen, auf die rechtlichen Hintergründe und Probleme am 12.01.2018 im Rahmen eines Schreibens an die Bundesdatenschutzbeauftragte hinzuweisen: https://www.vid.de/vid-wendet-sich-an-die-datenschutzbeauftragte/.

Die Bundesdatenschutzbeauftragte hat hierauf mit Schreiben vom 15.6.2018 (a.a.O.) geantwortet und dabei erkennen lassen, dass sie die datenschutzrechtlichen Bedenken des VID teilt.

Die InsoBekV vom 12. Februar 2002[4], zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 13. April 2007[5], war seit ihrem Inkrafttreten immer wieder Gegenstand von datenschutzrechtlichen Beobachtungen und Interventionen durch den / die Bundesdatenschutzbeauftragte(n). Anlass dieser Interventionen waren regelmäßig Beobachtungen zum Umgang mit den im Rahmen von öffentlichen Bekanntmachungen verfügbaren Daten:  

 

14. Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz
Berichtszeitraum Anfang 1991- Anfang 1993 (BT-Drs. 12/4805 vom 27.04.1993)

  • Ankündigung, dem federführenden BT-Rechtsausschuss einige Empfehlungen im Hinblick Einführung der InsO bzw. des EGInsO zu übermitteln; (mgl.) Themen: Schutz des Persönlichkeitsrechts des Schuldners bei Angaben zu dessen persönlichen Verhältnissen und personenbezogenen Angaben zu seinem wirtschaftlichen Handeln; Hinweis darauf, dass aus den Aufgaben des vorläufigen Insolvenzverwalters zwangsläufig ein vielfacher Umgang mit diesen Daten folgt; ferner sind unter Aspekten des Persönlichkeitsrechts auch Geschäftspartner und Mitarbeiter eines Betriebes, für den ein Insolvenzverfahren eingeleitet wird, vom Gesetzentwurf der InsO betroffen

15. Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz
Berichtszeitraum 1993-1994  (BT-Drs. 13/1150 vom 18.04.1995)

  • Hinweis, dass die o.g. angekündigten Empfehlungen übermittelt wurden; jedoch nur kurze Berichterstattung dazu, dass sich diese nicht nur auf die Eingrenzung der verschiedenen öffentlichen Bekanntmachungen auf den erforderlichen Umfang und auf eine Änderung in § 97 Abs. 1 Satz 3 InsO bezogen

19. Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz
Berichtszeitraum 2001-2002

  • Thema Schuldnerdaten im Internet (betr. Gesetz zur Änderung der Insolvenzordnung und anderer Gesetze (BGBl. 2001 I S. 2710)): Regelungen zum Schutz der Schuldner bei Veröffentlichung ihrer Daten im Internet sah der Gesetzentwurf laut BfDS (zunächst) nicht vor;

    (vgl. auch a.a.O. S. 19: „Ohne besondere Vorkehrungen konnte durch diese neue Form der Veröffentlichung der gebotene Schutz der betroffenen Schuldner leicht unterlaufen werden. Denn was einmal im Internet veröffentlicht war, bleibt zeitlich und örtlich unbegrenzt verfügbar, unabhängig von gesetzlichen Löschungsvorschriften, und kann den Betroffenen u. U. noch nach Jahrzehnten vorgehalten werden. Im konkreten Fall ist es zu einer Lösung gekommen, die allerdings nicht vollständig befriedigt. Generell zeigt dieses Beispiel aber, dass Internet und Online-Kommunikation mehr sind als nur eine neue Form, Nachrichten zu verbreiten. Damit verbunden ist die Möglichkeit, einmal dort veröffentlichte Informationen ohne besonderen Zeitaufwand und ohne besondere finanzielle oder personelle Ressourcen weltweit zusammenführen, auswerten, speichern und weitergeben zu können, ohne dass dies noch in irgendeiner Form kontrollierbar oder reglementierbar wäre. Ich halte deswegen das vielfach zu hörende Argument, bestimmte Informationen seien auch bisher schon veröffentlicht worden und das Internet stelle nur eine zeitgemäße Form der Bekanntmachung dar, für falsch.“);  vor diesem Hintergrund erfolgte eine gemeinsame Entschließung der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vom 24. April 2001 zur Veröffentlichung von Insolvenzinformationen im Internet       

21. Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz
Berichtszeitraum 2005-2006

  • Thema: „Insolvenzbekanntmachungen in Zukunft nur noch elektronisch“ (betr. Gesetz zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens (Bundesratsdrucksache 549/06))

23. Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz
Berichtszeitraum 2009-2010

  • Thema: „Was darf eine Auskunftei sammeln?“ (betr. Neuregelung des § 28a BDSG (Übermittlung personenbezogener Daten im Hinblick auf Forderungen im Rahmen von Insolvenzverfahren))

24. Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz
Berichtszeitraum 2011-2012 (BT-Drs. 17/13000)

  • Thema: Speicherfristen für bonitätsbezogene Daten bei Wirtschaftsauskunfteien (hier Erteilung der Restschuldbefreiung)

25. Tätigkeitsbericht des Bundesbeauftragten für den Datenschutz
Berichtszeitraum 2013-2014

  • Thema: Empfehlung an das BMJV bei der Veröffentlichung von Insolvenzbekanntmachungen auf dem elektronischen, länderübergreifend eingerichteten Justizportal www.insolvenzbekanntmachung.de den fehlenden Kopierschutz, die Speicherfristen und die unbeschränkte Suche innerhalb der ersten zwei Wochen überprüfen zu lassen und Insolvenzbekanntmachungsverordnung entsprechend nachzubessern

c) Aktueller empirischer Befund

 Die aktuelle Rechtspraxis zeigt nicht nur im Zusammenhang mit der Veröffentlichung von Vergütungsbeschlüssen[6], sondern auch bei anderen öffentlichen Bekanntmachungen eine deutliche Unsicherheit und Varianz im gerichtlichen Umgang mit personenbezogenen Daten. Dies illustriert eine aktuelle Recherche bei den im genannten Beitrag untersuchten Gerichten und ihren öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren. Dabei wurden folgende personenbezogene Angaben (hier nachträglich anonymisiert) in öffentlichen Bekanntmachungen gefunden:

 

AG München:

  • Hinweis auf obstruktives Verhalten des Schuldners, bzw. Geschäftsführers
  • Mitteilung von Rückkaufswerten aus Lebensversicherungen („In dem am … aufgehobenen Insolvenzverfahren wird auf Antrag des Treuhänders die Nachtragsverteilung hinsichtlich der beiden Rückkaufswerte der ……AG aus den Lebensversicherungen Nr. … in Höhe von … EUR und Nr. … in Höhe von … EUR, angeordnet.“)
  • Name und berufliche Anschrift der Mitarbeiterin der verfahrensbevollmächtigten Schuldnerberatungsstelle
  • Hinweis auf KFZ sowie Kirchenzugehörigkeit: “Der Insolvenzbeschlag bleibt für sämtliche Steuererstattungsansprüche des Schuldners aus Einkommen-, Umsatz-, Lohnsteuer und Solidaritätszuschlag gegenüber dem Freistaat Bayern und Kfz-Steuer gegenüber der Bundesrepublik Deutschland sowie für Kirchensteuererstattungsansprüche gegenüber dem Katholischen Kirchensteueramt bzw. Evangelisch-Lutherischen Kirchensteueramt für die Veranlagungszeiträume 2017 – 2018 und für solche, die bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens entstanden sind, aufrecht erhalten.“ 

AG Köln:

  • Mitteilung wem gegenüber titulierte Ansprüche bestehen („Hinsichtlich folgender Gegenstände/Ansprüche wird die Nachtragsverteilung angeordnet (§ 203 Abs. 1 InsO):
     – Ansprüche aus einer evtl. zu erwartenden Umsatzsteuererstattung
     – den durch Vollstreckungsbescheid des Amtsgericht Euskirchen vom … titulierten Anspruch gegenüber Herrn … in Höhe von … Euro“)
  • Angabe der Höhe der gezahlten Vorschüsse an den Verwalter („Auf die festgesetzte Vergütung sind bereits erhaltene Vorschüsse in Höhe von … Euro anzurechnen.“)

AG Hamburg:

  • Namentliche Nennung eines Gläubigerausschussmitgliedes in Bezug auf die Festsetzung  der in der Höhe anonymisierten Vergütung („In dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der (…) wird dem Mitglied des Gläubigerausschusses …, …,  … Hamburg auf die bei Beendigung des Amtes endgültig festzusetzende Vergütung und Auslagen folgender Vorschuss festgesetzt:  
    (…))“ 
  • Mitteilung gegen wen titulierte Ansprüche des Schuldners bestehen (“Hinsichtlich der folgenden Ansprüche: 1. … (Tribunal der Grande Instance Paris, Az.: …, 2. … (Cour Supreme Algiers, Az. …) 3. … ( Forderung aus Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom …, Az.: …), bleibt der Insolvenzbeschlag und damit die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis des Nachtragsverwalters zum Zwecke der Nachtragsverteilung aufrechterhalten (§ 203 InsO).“)
  • Mitteilung darüber, dass Schuldner vollständig vermögenslos ist („Da dem Schuldner die Verfahrenskosten für das Insolvenzverfahren mit Beschluss vom … gestundet wurden und die zu verteilende Masse nicht ausreichen wird, um die Verfahrenskosten des § 54 InsO zu decken, hat der Insolvenzverwalter einen Anspruch gegen die Staatskasse.“)

AG Berlin:

  • Mitteilung, mit welcher natürlichen Person die Verwalterin einen Vergleich abgeschlossen hat („Gleichzeitig wird die Nachtragsverteilung für die noch eingehenden Ratenzahlungen aus dem zwischen der Verwalterin und Frau … am … zur Regulierung der Ansprüche aus offenen Stammeinlagen geschlossenen Vergleich angeordnet (§ 203 InsO).“)
  • Hinweis auf obstruktives Verhalten des Schuldners
  • Mitteilung darüber, dass gegen namentlich benannte Person eine Stammeinlagenforderung geltend gemacht wird („Gleichzeitig wird die Nachtragsverteilung bezüglich Stammeinlagenforderung gegen Herrn … angeordnet (§ 203 InsO).“)
  • Mitteilung darüber, dass der IK-Schuldner eine Steuererstattung erhalten hat („In dem am… aufgehobenen Insolvenzverfahren wird auf Antrag des Treuhänders die Nachtragsverteilung hinsichtlich einer Steuererstattung von … angeordnet.“)
  • Mitteilung darüber, dass der IK-Schuldner eine Steuer- und BK-Erstattung erhalten hat („In dem am … aufgehobenen Insolvenzverfahren wird auf Antrag des Treuhänders die Nachtragsverteilung hinsichtlich der Steuererstattung aus … in Höhe von … sowie hinsichtlich der Erstattung aus der Betriebskostenabrechnung … in Höhe von …, angeordnet. Der zur Masse geflossene Betrag beläuft sich insgesamt auf …“) 

B. Im Einzelnen

 

a) Datenschutz bei öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren[7]

 

1) Veröffentlichungstätigkeit der Insolvenzgerichte ist Verarbeitung i. S. d. DS-GVO

Bei der öffentlichen Bekanntmachung in Insolvenzverfahren kommen zwei Verarbeitungen personenbezogener Daten in Betracht, die jeweils einer Rechtsgrundlage (eines Erlaubnistatbestandes) bedürfen – der Datentransfer vom Insolvenzgericht an den Portalbetreiber und die Veröffentlichung auf dem Portal. Schon der Datentransfer vom Insolvenzgericht an den Portalbetreiber erfüllt unzweifelhaft die Voraussetzungen einer Verarbeitung.

Gemäß Art. 4 Nr. 2 DS-GVO bezeichnet der Ausdruck Verarbeitung jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführten Vorgang oder jede solche Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten wie das Erheben, das Erfassen, die Organisation, das Ordnen, die Speicherung, die Anpassung oder Veränderung, das Auslesen, das Abfragen, die Verwendung, die Offenlegung durch Übermittlung, Verbreitung oder eine andere Form der Bereitstellung, den Abgleich oder die Verknüpfung, die Einschränkung, das Löschen oder die Vernichtung.

Bei dem Transfer der Daten vom Insolvenzgericht an das das Portal betreibende Ministerium für Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen zum Zwecke der öffentlichen Bekanntmachung handelt es sich um eine Verarbeitung in Form einer Übermittlung.

Die DS-GVO definiert – anders als das BDSG a.F. – den Begriff der Übermittlung nicht explizit. Die Übermittlung nach der DS-GVO setzt jedenfalls die Offenlegung personenbezogener Daten voraus. Die Weitergabe der Daten an das Portal zum Zwecke der Veröffentlichung stellt eine Übermittlung an das Portal dar, die gesetzlich in § 13 Abs. 1 Nr. 4 EGGVG vorgesehen ist. Demnach dürfen Gerichte personenbezogene Daten zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Empfängers liegenden Aufgaben übermitteln, wenn die Daten auf Grund einer Rechtsvorschrift von Amts wegen öffentlich bekanntzumachen sind. Damit übereinstimmend regelt § 3 der Verwaltungsvereinbarung der Länder mit dem Land Nordrhein-Westfalen „die Übermittlung der Veröffentlichungsdaten“. Gemäß § 3 Abs. 1 der Vereinbarung erfolgt die Übermittlung elektronischer Mitteilungen von den Insolvenzgerichten zum Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen über ein Webformular oder als Dateitransfer aus dem Fachverfahren.

Der Transfer personenbezogener Daten an den Portalbetreiber ist damit eine Übermittlung und bedarf zu seiner Rechtmäßigkeit einer Rechtsgrundlage, denn die im Rahmen der Mitteilungen des Insolvenzgerichts anfallenden personenbezogenen Daten werden an das Portal als die für die Veröffentlichung der Mitteilungen verantwortliche Stelle weitergegeben. Der Portalbetreiber tritt mithin nicht als Auftragsverarbeiter auf. Ihn treffen als Verantwortlichen bei Veröffentlichung auf dem Portal die gleichen Pflichten wie die Gerichte.

 

2) Rechtmäßigkeit der Verarbeitung im Rahmen der öffentlichen Bekanntmachung

Die Rechtmäßigkeit jeder Verarbeitung personenbezogener Daten richtet sich ab dem 25.05.2018 insbesondere nach Art. 6 DS-GVO. Gemäß Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit e) DS-GVO ist die Verarbeitung rechtmäßig, wenn sie für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich ist, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde. Nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 muss die Rechtsgrundlage für die Verarbeitung durch das Unionsrecht (lit. a) oder das Recht der Mitgliedstaaten (lit. b) festgelegt werden, dem der Verantwortliche unterliegt.

Als Rechtsgrundlage der Datenübermittlung an das Portal kommt Art. 6 Abs. 1 lit e), Abs. 3 lit b) DS-GVO i.V.m. § 13 Abs. 1 EGGVG, §§ 9, 64 InsO, § 1 InsoBekV in Betracht. Hingegen dürfte es auf Art. 6 Abs. 2 DSGVO nicht ankommen: Das Verhältnis vom Art. 6 Abs. 2 und Abs. 3 DS-GVO ist im Schrifttum umstritten.[8]

Vorzugswürdig erscheint insoweit die Auffassung, dass es sich beim Abs. 2 um eine Öffnungsklausel handelt, die den Mitgliedstaaten erlaubt, spezifischere Bestimmungen zur Anpassung der Anwendung der Vorschriften dieser Verordnung in Bezug auf die Verarbeitung zur Erfüllung von Abs. 1 lit. c) und e) beizubehalten oder einzuführen, indem sie spezifische Anforderungen für die Verarbeitung sowie sonstige Maßnahmen präziser bestimmen.[9]

Bei den vorliegend einschlägigen nationalen Vorschriften, § 13 Abs. 1 EGGVG, §§ 9, 64 InsO, § 1 InsoBekV, handelt es sich nicht um Fälle des Art. 6 Abs. 2 DS-GVO, denn sie stellen Vorschriften zur öffentlichen Bekanntmachung eines gerichtlichen Beschlusses und zur Übermittlung der entsprechenden Daten, die keine bereichsspezifischen Datenschutzvorschriften zur Anpassung der Anwendung der DS-GVO darstellen.

Hingegen handelt es sich beim Abs. 3 um einen Regelungsauftrag für die Festlegung der unionalen und nationalen Rechtsgrundlagen für die Verarbeitungen zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung oder einer öffentlichen Aufgabe oder der Wahrnehmung einer hoheitlichen Gewalt gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. c) und lit. e) DS-GVO durch den Unionsrechtsgesetzgeber oder den nationalen Gesetzgeber, der zugleich Anforderungen an die festzulegenden Rechtsgrundlagen des Unionsrechts und der Mitgliedstaaten stellt.[10]

Gegen die teilweise vertretene Auffassung, dass der Art. 6 Abs. 3 DS-GVO Anforderungen an die in Abs. 2 eröffnete Präzisierungsmöglichkeit stellt, spricht bereits der Wortlaut des Art. 6 Abs. 3 DS-GVO, der von der Festlegung der Rechtsgrundlagen für die Verarbeitung nicht nur durch das Recht der Mitgliedstaaten spricht (Abs. 3 lit. b), sondern auch durch das Unionsrecht (Abs. 3 lit a).[11]

Bei dem vorliegend im Hinblick auf die Übermittlung der Daten vom Insolvenzgericht an das Portal einschlägigen § 13 Abs. 1 EGGVG i.V.m. §§ 9, 64 InsO, § 1 InsoBekV, handelt es sich mithin um eine Rechtsgrundlage im Recht eines Mitgliedstaates gemäß Art. 6 Abs. 3 lit b) DS-GVO, dem das Insolvenzgericht  als Verantwortlicher unterliegt.

 

3) Anwendung der Grundrechte auf die Verarbeitung

Auch in Anbetracht der Regelungen der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.04.2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung – DS-GVO) ist zunächst festzuhalten, dass die deutschen Grundrechte in der vorliegenden Konstellation anwendbar sind.

Werden innerstaatliche Stellen außerhalb des Geltungsbereichs des Unionsrechts tätig, so kann sich die Prüfung der Rechtmäßigkeit ihres Handelns allein an nationalen Grundrechten orientieren. Lässt das Unionsrecht den innerstaatlichen Stellen keinen Ermessens- oder Umsetzungsspielraum, so bleibt wegen des Vorrangs des Unionsrechts kein Raum für die Anwendung nationaler Grundrechte. Die innerstaatlichen Stellen sind dann allein an die Unionsgrundrechte gebunden.[12] Lässt hingegen das Unionsrecht den innerstaatlichen Stellen einen Ermessens- oder Umsetzungsspielraum, so finden sowohl die Unionsgrundrechte als auch die nationalen Grundrechte Anwendung. Die Unionsgrundrechte bilden dann den Mindestschutzstandard, der von den innerstaatlichen Stellen angesichts des Vorrangs des Unionsrechts nicht unterschritten werden darf.[13]

Hier ist letzteres der Fall. Die DS-GVO gilt ab dem 25.05.2018 und entfaltet in allen Mitgliedstaaten direkt, d.h. ohne das Erfordernis eines nationalen Umsetzungsgesetzes, Wirkung. Die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten richtet sich ab dem 25.05.2018 grundsätzlich nach Art. 6 DS-GVO. Art. 6 Abs. 1 DS-GVO bildet die Rechtsgrundlagen für eine Verarbeitung personenbezogener Daten. Hinsichtlich der Rechtsgrundlagen der Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung (Abs. 1 UAbs. 1 lit. c) sowie Wahrnehmung einer Aufgabe, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt (Abs. 1 UAbs. 1 lit. e), öffnet sich die Verordnung für das Recht der Mitgliedstaaten (Art. 6 Abs. 3 Satz 1 lit. b). Im Bereich dieser beiden gesetzlichen Rechtsgrundlagen besteht für die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, eigenständige Regelungen beizubehalten oder vorzusehen.[14]

Bei den Vorschriften zur öffentlichen Bekanntmachung personenbezogener Daten nach §§ 9, 64 InsO, § 13 Abs. 1 EGGVG, § 1 InsoBekV handelt es sich um nationale Regelungen im Sinne des Art. 6 Abs. 3 DS-GVO, denn mit der Durchsetzung berechtigter Forderungen dient das Insolvenzverfahren der Verwirklichung des Justizgewährungsanspruchs (Art. 20 Abs. 3 GG). Ein funktionierendes Insolvenzverfahren liegt damit nicht nur im subjektiven Interesse der einzelnen Gläubiger, sondern auch im öffentlichen Interesse an der Wahrung einer am Rechtsfrieden orientierten, rechtsstaatlichen Ordnung. [15]

Das Unionsrecht lässt damit den innerstaatlichen Stellen einen Ermessens- oder Umset-zungsspielraum. Daher finden neben den Unionsgrundrechten auch die nationalen Grundrechte Anwendung.

 

4) Grundrechtseingriff am Beispiel der Veröffentlichung von Vergütungen

Die öffentliche Bekanntgabe des Vergütungsfestsetzungsbeschlusses nach § 9 Abs. 1 Satz 1, § 64 Abs. 2 InsO; § 13 Abs. 1 Nr. 4 EGGVG, § 1 Satz 2 InsoBekV mit dem vom BGH (Beschluss vom 14. Dezember 2017 – IX ZB 65/16) verlangten Inhalt entsprechend den von ihm aufgestellten Mindestanforderungen verletzt den betroffenen Insolvenzverwalter in seinem Recht aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG auf informationelle Selbstbestimmung.

Das in Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst auch die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden.[16]

Es sichert seinen Trägern insbesondere Schutz gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe der auf sie bezogenen, individualisierten oder individualisierbaren Daten.[17]

Auch die öffentliche Bekanntmachung personenbezogener Daten als Sonderfall der Datenübermittlung ist vom Schutzbereich des Grundrechts erfasst.[18]

Die Vergütungen der Insolvenzverwalter sind personenbezogene Daten, die sich bei einer Veröffentlichung auch einem individualisierbaren Grundrechtsträger zuordnen lassen, denn gemäß §§ 27 Abs. 2 Nr. 2, 30 Abs. 1 InsO sind bereits in dem Eröffnungsbeschluss der Name und die Anschrift des Insolvenzverwalters zu veröffentlichen.

Die öffentliche Bekanntmachung des Vergütungsbeschlusses mit dem vom BGH geforderten Inhalt greift in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung des betroffenen Insolvenzverwalters ein. Die Veröffentlichung der vom Insolvenzgericht angenommenen Berechnungsgrundlage, der zugrunde gelegten Zuschläge und Abschläge einschließlich einer schlagwortartigen Bezeichnung und des im Rahmen der Gesamtschau festgesetzten Gesamtzuschlags oder -abschlags, der vom Insolvenzgericht angenommenen Auslagentatbestände und gegebenenfalls der Entscheidung des Insolvenzgerichts, ob vom Insolvenzverwalter an von ihm beauftragte Dritte aus der Masse bezahlte Vergütungen zu berücksichtigen sind, ermöglichen jedem Dritten auf dieser Grundlage ohne Weiteres die festgesetzte Vergütung zu berechnen.

Personenbezogene Daten über die Vergütung im ausgeübten Beruf des Grundrechtsträgers ermöglichen Rückschlüsse über dessen wirtschaftliche Verhältnisse im privaten Bereich. Indem diese Daten veröffentlicht und damit allgemein bekannt werden, wird jedermann in die Lage versetzt, in diese Verhältnisse Einblick zu nehmen.

Vor diesem Hintergrund überrascht der Befund, dass die InsoBekV bislang keine expliziten Regelungen zum Datenschutz enthält.

 

b) Schutz personenbezogener Daten nach der InsoBekV

Die bereits dargestellten mehrfachen Interventionen der/des Bundesdatenschutzbeauftragten waren auch deshalb notwendig geworden, weil die InsoBekV selbst bislang keine über den Wortlaut des  § 1 Satz 2 hinausgehenden Hinweis auf den gebotenen Schutz personenbezogener Daten im Rahmen der öffentlichen Bekanntmachung enthält.

Die nun durch den RefE sogar vorgeschlagene Streichung des Hinweises auf personenbezogene Daten soll nach der Begründung des Entwurfs klarstellen, dass öffentliche Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren nicht nur personenbezogene Daten, sondern allgemein Daten im Zusammenhang mit einem Insolvenzverfahren – insbesondere die Pflichtinformationen nach Artikel 24 Absatz 2 EuInsVO – betreffen.

Durch die ebenfalls vorgeschlagene Ersetzung des Begriffes „Gesetze“ durch den Begriff „Vorschriften“ soll ferner klargestellt werden, dass öffentliche Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren neben den Daten, die in formellen Gesetzen im engeren Sinne vorgesehen sind, auch Daten aus anderen Vorschriften – insbesondere die Pflichtinformationen nach Artikel 24 Absatz 2 EuInsVO – enthalten.

Damit verzichtet die vorgeschlagene Neufassung auf einen expliziten Bezug zum Schutz der nun nach der DSGVO geschützten personenbezogenen Daten und suggeriert gleichzeitig, dass dieser Schutz im Rahmen der durch die InsoBekV geregelten öffentlichen Bekanntmachungen bedingungslos und uneingeschränkt gewährleistet ist.

Es bleibt die Schranke der Erforderlichkeit, die im Wortlaut des  § 1 Satz 2 InsoBekV nach dem Änderungsvorschlag des RefE weiterhin lediglich durch einen pauschalen Hinweis auf gesetzliche Festlegungen des Veröffentlichungsumfangs verankert ist. Gerade diese gesetzlichen Grenzen sind aber nicht ausreichend definiert, um Grundrechtsverletzungen durch öffentliche Bekanntmachungen wirksam  zu verhindern.

 

1) Erforderlichkeit als inhaltliche Schranke öffentlicher Bekanntmachungen

Neben den bereits erwähnten Vergütungsbeschlüssen sind die hier aufgeführten Beispiele aus der Veröffentlichungspraxis der Gerichte ein klarer Hinweis auf die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung zur Definition des datenschutzrechtlich erforderlichen Umfangs von öffentlichen Bekanntmachungen im Insolvenzverfahren.

Voraussetzung für eine Datenverarbeitung, die auf einer nationalen Rechtsgrundlage basiert, ist in jedem Fall gem. Art. 6 Abs. 1 lit e) DS-GVO. Danach ist die Verarbeitung für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verantwortlichen übertragen wurde.

Diese Voraussetzungen wären bei Zugrundelegung der vom BGH aufgestellten Mindestanforderungen an eine öffentliche Bekanntgabe nach §§ 9, 64 InsO, § 1 InsoBekV und deren entsprechende Übermittlung nach § 13 Abs. 1 EGGVG allerdings nicht erfüllt.

Zwar liegt die Übermittlung zum Zweck der Veröffentlichung im öffentlichen Interesse, denn mit der Durchsetzung berechtigter Forderungen dient das Insolvenzverfahren der Verwirklichung des Justizgewährungsanspruchs (Art. 20 Abs. 3 GG). Ein funktionierendes Insolvenzverfahren liegt auch im öffentlichen Interesse an der Wahrung einer am Rechtsfrieden orientierten, rechtsstaatlichen Ordnung. Die Übermittlung der Berechnungsgrundlage der Vergütung mit dem vom BGH geforderten Inhalt ist jedoch für die Wahrnehmung dieser Aufgabe nicht erforderlich.  

Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist zwar nicht schrankenlos gewährleistet. Der Einzelne muss vielmehr solche Beschränkungen seines Rechts hinnehmen, die durch überwiegendes Allgemeininteresse gerechtfertigt sind. Diese Beschränkungen bedürfen einer verfassungsmäßigen gesetzlichen Grundlage, die insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen muss.[19]

 

2) Erforderlichkeit im Rahmen der Veröffentlichung von Vergütungsbeschlüssen

Nach der gängigen verfassungsgerichtlichen Definition ist ein Eingriff nur dann erforderlich, wenn der Gesetzgeber nicht ein anderes, gleich wirksames, aber das Grundrecht nicht, oder weniger stark einschränkendes Mittel hätte wählen können (BVerfGE 126, 112 (144 f.); 90, 145 (172); 92, 262 (273)).

Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt. Zwar ermächtigen und verpflichten §§ 9 Abs. 1 Satz 1, § 64 Abs. 2 Satz 1 InsO, § 13 Abs. 1 Nr. 4 EGGVG, § 1 Satz 2 InsoBekV zu einer öffentlichen Bekanntmachung auch insofern, als dies personenbezogene Daten umfasst. Der Gesetzgeber der Insolvenzordnung hat aber durch die Formulierung des § 64 Abs.2 Satz 2 InsO bereits eindeutig festgestellt, dass die festgesetzten Beträge nicht zu veröffentlichen sind. Diese Feststellung erfolgte nach einer entsprechenden Intervention des damaligen Bundesdatenschutzbeauftragten (s.o.). Er hatte darauf hingewiesen, dass die Veröffentlichung der festgesetzten Beträge nicht erforderlich ist, weil mit der Akteneinsicht bei Gericht ein weniger intrusives Mittel zur Verfügung steht. Damit war eine Einschränkung eingeführt, die nach ihrer Entstehungsgeschichte ganz bewusst den Schutz des Persönlichkeitsrechts der betroffenen Insolvenzverwalter zum Ziel hatte und eine praktische Konkordanz der betroffenen Grundrechte herbeiführen sollte.

Die einschränkende Wirkung eines Verweises auf die Akteneinsicht bei Gericht mag heute mit den seither geschaffenen Möglichkeiten der digitalen Kommunikation deutlicher ins Auge fallen als zum Zeitpunkt der Ausfertigung der InsO am 05.10.1994.   

Der BGH hat im Hinblick darauf, dass mit der wirksamen öffentlichen Bekanntmachung der Nachweis der Zustellung erbracht wird (vgl. § 9 Abs. 3 InsO) und damit die Rechtsbehelfsfrist zu laufen beginnt, vor allem die Rechtsschutzmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger in den Blick genommen. Die Wahrung der Rechtschutzmöglichkeiten der Beteiligten erfordert aber nicht, dass – wie vom BGH gefordert – die Berechnungsgrundlage, die zugrunde gelegten Zuschläge und Abschläge einschließlich einer schlagwortartigen Bezeichnung und der im Rahmen der Gesamtschau festgesetzte Gesamtzuschlag oder  -abschlag, die vom Insolvenzgericht angenommenen Auslagentatbestände und gegebenenfalls die Entscheidung des Insolvenzgerichts, ob vom Insolvenzverwalter an von ihm beauftragte Dritte aus der Masse bezahlte Vergütungen zu berücksichtigen sind, öffentlich bekannt gemacht werden.

Die öffentliche Bekanntmachung des Beschlusses über die Festsetzung der Vergütung des Insolvenzverwalters – mit dem vom BGH geforderten Inhalt – über das Internet fördert zwar den Gesetzeszweck der Kostenreduzierung und der schnellen Information der Beteiligten in einem durch die Vielzahl von Beteiligten gekennzeichneten Verfahren. Damit werden sie alle in die Lage versetzt, von ihren Rechtsschutzmöglichkeiten Gebrauch zu machen.

Zur Erreichung dieser vom Gesetzgeber verfolgten Zwecke einer öffentlichen Bekanntmachung und des verfassungsrechtlich gebotenen Rechtsschutzes ist es jedoch nicht erforderlich, in diese Bekanntmachung die vom BGH geforderten Inhalte als Mindestvoraussetzungen aufzunehmen. Dies gilt auch, wenn man mit dem BGH die bisherigen Inhalte für unzureichend und deshalb eine Erweiterung für notwendig hält.

Eine schnelle und umfassende Information der Beteiligten könnte auch auf dem Weg der elektronischen Übermittlung und damit unter Vermeidung der bislang hohen Zustellungskosten erfolgen. Die hierzu notwendigen Maßnahmen werden bereits diskutiert (Vgl. hierzu das am 31.7. 2018 vorgelegte Eckpunktepapier Insolvenzverfahren 4.0 – https://www.vid.de/initiativen/eckpunktepapier-insolvenzverfahren-4-0/ ) und würden in einem ersten Schritt nur geringfügige gesetzliche Änderungen notwendig machen.  

Auch wenn dies begleitende Schritte des Gesetzgebers notwendig macht, so wäre der Verordnungsgeber nicht daran gehindert, bereits jetzt durch geeignete Ergänzungen diese Entwicklung aufzunehmen und dabei den Bedenken zu begegnen, die bereits seit längerer Zeit durch die Bundesdatenschutzbeauftragten im Zusammenhang mit öffentlichen Bekanntmachungen im Insolvenzverfahren nicht nur bei Vergütungsbeschlüssen formuliert werden (s.o.).

 

3) Weitere grundrechtliche Bedenken gegen die Neuregelung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InsoBekV

Eine Aufnahme dieser Bedenken erscheint zudem auch aus weiteren grundrechtlichen Erwägungen sinnvoll.

Die EuInsVO sieht vor, dass die Mitgliedstaaten den Zugang zu Pflichtinformationen bezüglich natürlicher Personen, die keine selbständige gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit ausüben sowie bezüglich natürlicher Personen, die eine selbständige gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit ausüben, sofern sich das Insolvenzverfahren nicht auf diese Tätigkeit bezieht, von zusätzlichen, über die Mindestkriterien nach Artikel 25 Absatz 2 Buchstabe c hinausgehenden Suchkriterien in Bezug auf den Schuldner abhängig machen können (Art. 27 Abs. 3).

Dazu soll nun § 2 Abs. 1 Satz Nr. 1 InsoBekV wie folgt gefasst werden: „Durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen ist sicherzustellen, dass die Daten der Insolvenzverfahren, in denen der Schuldner eine natürliche Person ist, die keine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausübt oder ausgeübt hat [ Anm.: sog. „Nur-Verbraucher“] spätestens nach dem Ablauf von zwei Wochen nach dem ersten Tag der Veröffentlichung nur noch abgerufen werden können, wenn die Abfrage den Sitz des Insolvenzgerichts und mindestens eine der folgenden Angaben enthält: (…)

Der RefE orientiert sich damit am Wortlaut der Definition des Verbraucherschuldners in § 304 InsO (Abs. 1: „Ist der Schuldner eine natürliche Person, die keine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausübt oder ausgeübt hat, so gelten für das Verfahren die allgemeinen Vorschriften, soweit in diesem Teil nichts anderes bestimmt ist. Hat der Schuldner eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt, so findet Satz 1 Anwendung, wenn seine Vermögensverhältnisse überschaubar sind und gegen ihn keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen.“ Abs. 2: „Überschaubar sind die Vermögensverhältnisse im Sinne von Absatz 1 Satz 2 nur, wenn der Schuldner zu dem Zeitpunkt, zu dem der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt wird, weniger als 20 Gläubiger hat.“)

Die EuInsVO (siehe Art. 27 Abs. 3 oben) stellt nach ihrem Wortlaut jedoch nicht auf den sog. „Nur-Verbraucher“ ab, der weder selbstständig war noch ist, sondern lediglich darauf, ob die selbstständige Tätigkeit (noch) ausgeübt wird. Ein etwaig geringeres Schutzniveau für ehemals Selbständige, im Hinblick auf die privilegierte Veröffentlichung „unter erschwerten Bedingungen“, lässt sich dem Wortlaut der EuInsVO nicht entnehmen. (z.B. für Verbraucher, die seit vielen Jahren wieder angestellt tätig sind, jedoch noch offene Verbindlichkeiten aus einer gescheiterten früheren Selbständigkeit haben.)

Eine ehemalige, oftmals schon weit zurückliegende, selbständige wirtschaftliche Tätigkeit kann einen sachlichen Differenzierungsgrund für dieses unterschiedliche Schutzniveau des RefE nicht begründen, wenn die aktuelle Lebenssituation des betroffenen Schuldners ansonsten keine Unterschiede aufweist. Ein rechtlicher Differenzierungsgrund wäre ebenfalls nicht ersichtlich, soweit die selbständige wirtschaftliche Tätigkeit nicht konstitutiv an die Eintragung in ein öffentliches Register gebunden ist und diese Eintragung entweder fortbesteht oder über ihre Löschung hinaus rechtliche Wirkungen entfalten kann.

 

C. Fazit und Vorschlag

Der RefE sollte durch explizite Regelungen zum Datenschutz bei öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenzverfahren ergänzt werden.

Diese Regelungen sollten nach der gebotenen Herstellung gesetzlicher Grundlagen für eine umfassende elektronische Kommunikation mit Verfahrensbeteiligten in Insolvenzverfahren eine auf das datenschutzrechtlich erforderliche Maß reduzierte öffentliche Bekanntmachung vorschreiben.

Die öffentliche Bekanntmachung in Insolvenzverfahren sollte nach der Herstellung dieser Grundlagen und der Schaffung der notwendigen technischen Infrastruktur als Hinweis auf nun elektronisch abrufbare Informationen für Verfahrensbeteiligte dienen und dabei auf eine Veröffentlichung personenbezogener Daten so weit wie möglich verzichten.

Zur Umsetzung könnte sich folgende Ergänzung des § 1 InsoBekV durch einen neuen Abs.2 anbieten:

(2) Zum Schutz personenbezogener Daten ist ihre Veröffentlichung auf das jeweils zur Abfrage erforderliche Mindestmaß zu beschränken. Soweit die Wirkung der öffentlichen Bekanntmachung gerichtlicher Entscheidungen für Verfahrensbeteiligte auch durch ihre direkte elektronische Zustellung oder die Einrichtung ihrer elektronischen Abrufbarkeit erzielt werden kann genügt ihre auszugsweise Veröffentlichung nach § 9 Abs. 1 InsO ohne Tenor und Begründung.

Die Konzentration der kritischen, mit personenbezogenen Daten durchsetzten Inhalte von öffentlichen Bekanntmachungen im Insolvenzverfahren auf eine Informationsmöglichkeit, die für die Verfahrensbeteiligten keine Verkürzung ihres Rechtsschutzes darstellt, wäre ein geeigneter und kostensparender Weg zur größtmöglichen Wahrung der betroffenen Grundrechtspositionen. Ihre  Konditionierung durch den Grundsatz der Erforderlichkeit erhält dabei die notwendige gerichtliche Flexibilität zur Reaktion auf  unterschiedliche Verfahrensgestaltungen und Verfahrenssituationen.            

[1] RefE Erste Verordnung zur Änderung der Verordnung zu öffentlichen Bekanntmachungen in Insolvenz verfahren im Internet, 4, Begründung, A. II.

[2] Vgl. auch Heyer in ZD 2018, 173 ff. zum erkennbaren Spannungsverhältnis der Veröffentlichung von Insolvenzverwaltervergütungen zu den Persönlichkeitsrechten der Verwalter.

[3] Vgl. auch Frind in ZinsO 2018, 435 ff. (436) zur Übertragung der Anforderungen des BGH auf andere insolvenzgerichtlich zu veröffentlichende Entscheidungen.

[4] BGBl. I S. 677.

[5] BGBl. I S. 509.

[6] ausführlich hierzu Bergner/Berg, ZIP 2018, 858 ff. m. w. N..  

[7] Die nachstehenden Ausführungen unter a) basieren auf einem Memorandum, das die Kanzlei Redeker/Sellner/Dahs im Auftrag des VID zur Frage der Veröffentlichung von Vergütungsbeschlüssen erarbeitet hat. 

[8]  Vgl. zu dem Meinungsstreit Albers, in: Wolff/BrinkBeckOK Datenschutzrecht, 23. Edition 2017, Art. 6, Rdnr. 59 ff..

[9]  Vgl. Heberlein, in: Ehmann/Selmayr, DS-GVO, 1. Aufl. 2017, Art. 6, Rdnr. 30 ff., der ohne explizit auf das Verhältnis einzugehen von Präzisierung spricht.

[10] Vgl. Heberlein, in Ehmann/Selmayr, DS-GVO, 1. Aufl. 2017, Art. 6, Rdnr. 34, der ohne auf das Verhältnis einzugehen vom Regierungsauftrag spricht; vgl. auch Erwägungsgrund Nr. 45 der DS-GVO.

[11] Vgl. insoweit unzutreffend. Plath, DS-GVO, 2. Aufl. 2016, Art. 6, Rdnr. 27.

[12] Vgl. Art. 51 Abs. 1 GRCh; EuGH, C-399/11 – Melloni, EU:C:2013:107, Rdnr. 58 f.

[13]  Vgl. EuGH, C-411/10 – NS, EU:C:2011:865, Rdnr. 64 ff.; EuGH, C-617/10 – Akerberg Fransson, EU:C:2013:105, Rdnr. 29; C-399/11 – Melloni, EU:C:2013:107, Rdnr. 60.

[14]  Vgl. Albers, in: Wolff/Brink, BeckOK, 22. Ed., DSGVO Art. 6 Rdnr. 55.

[15] Vgl. BVerfGE 61, 126 (136).

[16] Vgl. BVerfGE 65, 1 (41 ff.); 96, 171 (181); 103, 21 (32 f.); 115, 320 (341); BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 25. Februar 2008 – 1 BvR 3255/07 –, Juris- Rdnr. 18.

[17] Vgl. BVerfGE 65, 1 (43); 84, 239 (279); 115, 320 (341).

[18] Vgl. BVerfGE 78, 77 (84); BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 25. Februar 2008 – 1 BvR 3255/07 –, Juris- Rdnr. 18.

[19] Vgl. BVerfGE 65, 1 (43 f.); 115, 320 (345); BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 25. Februar 2008, 1 BvR 3255/07, Juris- Rdnr. 21.

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