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Stellungnahme:
13.11.2023
Mit dem Entwurf des Zukunftsfinanzierungsgesetzes (ZuFinG) hatte die Bundesregierung im August diesen Jahres ein Paket zur Änderung einer Vielzahl von Gesetzen auf den Weg gebracht, dessen Verabschiedung im Bundestag zeitnah zu erwarten ist. Damit soll die Leistungsfähigkeit des deutschen Kapitalmarktes gestärkt und die Attraktivität des deutschen Finanzstandortes erhöht werden.
Der vorliegende Referentenentwurf zum FinmadiG[1] fasst verschiedene Gesetze zur Durchführung der Europäischen Verordnungen MiCA (Markets in Crypto Assets), der Neufassung der EU-Geldtransferverordnung (Transfer of Funds Regulation) sowie zur Durchführung bzw. Umsetzung des europäischen DORA-Pakets (Digital Operational Resilience Act (Verordnung und Richtlinie) nebst Begründung zusammen. Der Entwurf des FinmadiG beinhaltet Änderungen einiger – noch nicht in Kraft getretener – Regelungen des ZuFinG, das den Umgang mit Kryptowerten in der Insolvenz klarstellt und den Schutz des von Kryptoverwahrern verwahrten Kundenvermögens konkretisiert.
Auch der Entwurf des FinmadiG zielt auf eine Stärkung des Vertrauens in neue digitale Finanzinfrastrukturen und will die digitale Resilienz erhöhen.[2] Angesichts der rasanten technischen Entwicklung sind Regeln geboten, um den gestiegenen Geldwäscherisiken entgegenzuwirken, die in besonderer Weise im Umgang mit Kryptowerten bestehen.
Das entspricht auch der schon 2020 verabschiedeten EU-Strategie für ein digitales Finanzwesen (COM (2020) 591 final). Ziel auch dieser Strategie war und ist es insbesondere, Europas Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft im Finanzsektor zu fördern.
Der Entwurf fasst zutreffend die Regelungen zur Durchführung der Verordnungen (EU) 2023/1114, (EU) 2023/1113 und (EU) 2022/2554 sowie zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2556 zusammen. Zur Durchführung der Verordnung (EU) 2023/1114 wird ein neues Kryptomärkteaufsichtsgesetz (KMAG) erlassen, das Regularien festlegt.
Zudem wird mit dem Entwurf die bisher nationale Regulierung von Bankgeschäften und Finanzdienstleistungen in Hinblick auf Kryptowerte, namentlich im Kreditwesengesetz (KWG), in den neuen Rechtsrahmen der Verordnung (EU) 2023/1114 überführt und dort an die Besonderheiten der Kryptomärkte angepasst. Institute, die derzeit nach nationalem Recht Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen in Bezug auf Kryptowerte betreiben bzw. erbringen, sollen möglichst einfach in diesen neuen Rechtsrahmen überführt werden.
Zur Durchführung der Verordnung (EU) 2023/1113 erfolgen Anpassungen im Geldwäschegesetz (GwG) in Bezug auf Kryptowertetransfers. Dazu gehört insbesondere die Festlegung der Aufsichtszuständigkeit der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) für die Überwachung der Einhaltung der Vorgaben durch die Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen.
Richtigerweise macht es die Überführung der bisherigen Regulierung vom KWG in das KMAG(-E) erforderlich, Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen im GwG als geldwäscherechtlich Verpflichtete zu definieren. Als geldwäscherechtlich Verpflichtete neu aufgenommen werden daneben Emittenten vermögenswertereferenzierter Token[3], soweit die Abwicklung nicht ausschließlich über einen Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen erfolgt.
Zur Durchführung der Verordnung (EU) 2022/2554 und Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/2556 sind in den betroffenen Fachgesetzen punktuelle Anpassungen erforderlich. Diese finden sich im Entwurf des FinmadiG. Sie betreffen insbesondere die Zuständigkeiten und Aufsichtsbefugnisse der jeweiligen Aufsichtsbehörden, einschließlich der – auch aus Sicht des VID gebotenen – Sanktionierung von Verstößen gegen die Verordnung (EU) 2022/2554. Soweit sich aus der Richtlinie (EU) 2022/2556 Umsetzungsbedarf ergibt, bezieht sich dieser auf Änderungen und Ergänzungen des Kapitalanlagegesetzbuches (KAGB), des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes (SAG), des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) und des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG).
Wir begrüßen ausdrücklich folgende Regelungen in Artikel 1, Kapitel 4, Abschnitt 4 des Entwurfs:
Artikel 1 des Entwurfs sieht in § 43 KMAG-E Sonderregelungen für die – auch nur drohende – Insolvenz eines Instituts vor:
„(1) Wird ein Institut zahlungsunfähig oder tritt Überschuldung ein, so haben die Mitglieder des Leitungsorgans dies der Bundesanstalt unter Beifügung aussagekräftiger Unterlagen unverzüglich anzuzeigen; die Mitglieder des Leitungsorgans haben eine solche Anzeige auch dann vorzunehmen, wenn das Institut voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten zum Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen (drohende Zahlungsunfähigkeit). Soweit diese Personen nach anderen Rechtsvorschriften verpflichtet sind, bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen, tritt an die Stelle der Antragspflicht die Anzeigepflicht nach Satz 1. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Instituts findet im Falle der Zahlungsunfähigkeit, der Überschuldung oder unter den Voraussetzungen des Satzes 5 auch im Falle der drohenden Zahlungsunfähigkeit statt. Den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Instituts kann nur die Bundesanstalt stellen. Im Fall der drohenden Zahlungsunfähigkeit darf die Bundesanstalt den Antrag jedoch nur mit Zustimmung des Instituts stellen.“
Wir begrüßen die Regelung in § 43 Abs. 1 KMAG-E. Allerdings bedarf es einer Konkretisierung der Passage „unter Beifügung aussagekräftiger Unterlagen“.
Dies können und müssen – zur Verifizierung der Daten – mindestens sein:
„(2) Vor der Bestellung des Insolvenzverwalters hat das Insolvenzgericht die Bundesanstalt anzuhören. Der Eröffnungsbeschluss ist der Bundesanstalt gesondert zuzustellen. Das Insolvenzgericht übersendet der Bundesanstalt alle weiteren, das Verfahren betreffenden Beschlüsse und erteilt auf Anfrage Auskunft zum Stand und Fortgang des Verfahrens. Die Bundesanstalt kann Einsicht in die Insolvenzakten nehmen.“
Auch diese Regelung ist grundsätzlich zu begrüßen.
Absatz 2 ist jedoch dringend zu erweitern. So regelt § 43 Abs. 1 Satz 3 KMAG-E: „Das Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Instituts findet im Falle der Zahlungsunfähigkeit, der Überschuldung oder unter den Voraussetzungen des Satzes 5 auch im Falle der drohenden Zahlungsunfähigkeit statt.“.
Danach ist auch eine Eigenverwaltung nach den §§ 270 ff. InsO betroffen. Das Insolvenzgericht hat die Bundesanstalt damit nicht nur vor der Bestellung eines Insolvenzverwalters, sondern auch „vor der Anordnung von Sicherungsmaßnahmen nach §§ 270 ff. InsO“ anzuhören.
„(3) Der Insolvenzverwalter informiert die Bundesanstalt laufend über Stand und Fortgang des Insolvenzverfahrens, insbesondere durch Überlassung der Berichte für das Insolvenzgericht, die Gläubigerversammlung oder einen Gläubigerausschuss. Die Bundesanstalt kann darüber hinaus weitere Auskünfte und Unterlagen zum Insolvenzverfahren verlangen.“
Konsequenterweise müsste auch hier aus den vorgenannten Gründen wie folgt ergänzt werden: „Der Insolvenzverwalter oder der eigenverwaltende Schuldner sowie der Sachwalter informieren (…).“
„(4) Im Übrigen gelten §§ 46c bis 46g mit Ausnahme von § 46d des Kreditwesengesetzes gelten [sic] entsprechend.“
Redaktionell ist das zweite „gelten“ zu streichen. Inhaltlich verweisen wir auf die nachfolgenden Anmerkungen.
§ 44 KMAG-E regelt die Aussonderung bei Kryptoverwahrung und steht im Kontext zu §§ 26b und 46i KWG(-E):
„(1) Der im Rahmen der Kryptoverwahrung für einen Kunden verwahrte Kryptowert gilt als dem Kunden gehörig.
(2) Absatz 1 gilt entsprechend für den dem Kunden zustehenden Anteil an Kryptowerten in gemeinschaftlicher Verwahrung sowie für isoliert verwahrte private kryptographische Schlüssel.
(3) Stimmt der Kunde im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Instituts einer Aussonderung im Rahmen einer Übertragung des vom Institut verwahrten Gesamtbestands auf ein anderes Institut, das Kryptoverwahrung erbringt, nicht zu, trägt er die Kosten der Aussonderung. Dies gilt nicht, wenn die Bedingungen, zu denen das andere Instituts [sic] eine Fortführung des Verwahrverhältnisses anbietet, für den Kunden unzumutbar sind. Die Sätze 1 und 2 sind auf die Übertragung wesentlicher Teile des verwahrten Gesamtbestands entsprechend anzuwenden.“
In der Entwurfsbegründung heißt es dazu:
„Die Norm entspricht § 46i Absatz 1 Satz 1 KWG in der Form durch das Zukunftsfinanzierungsgesetz. Sie dient der Durchsetzung der Vorgaben des Artikels 75 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2023/1114. Das im Kreditwesengesetz angelegte Trennungsgebot nach § 26b KWG folgt aus Artikel 75 Absatz 7 der Verordnung (EU) 2023/1114 und bedarf keiner eigenständigen Regelung im KMAG.“[4]
In der Umsetzung soll § 46i KWG(-E) als Teil des ZuFinG wie folgt geändert werden :
„a) Absatz 1 wird wie folgt gefasst:
„(1) Das im Rahmen eines qualifizierten Kryptoverwahrgeschäfts für einen Kunden verwahrte kryptographische Instrument gilt als dem Kunden gehörig. Das gilt nicht, wenn der Kunde die Einwilligung zu Verfügungen über den verwahrten Wert für Rechnung des Instituts oder Dritter erteilt hat.“
Der VID hatte bereits in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf des ZuFinG[6] angemerkt, dass der Wortlaut des § 46i Abs. 1 KWG-E, anders als § 26b Abs. 2 KWG-E, der von einer „ausdrücklichen Einwilligung“ des Kunden spricht, auf eine bloße „Einwilligung“ des Kunden abstellt. Unklar bleibt nach wie vor, weshalb eine ungleiche Formulierung gewählt wurde, die im Ergebnis Raum für unterschiedliche Auslegungen lässt.
Neben einem Gleichklang der Formulierungen wurde von uns auch eine Konkretisierung wie zu § 26b Abs. 2 KWG-E („schriftlich oder elektronisch“) vorgeschlagen, um die Rechtssicherheit der Norm zu erhöhen.[7]
Auch bereits zu § 46i Abs. 3 KWG-E als Teil des ZuFinG-E wies der VID darauf hin, dass die Kostentragungsregelung unangemessen ist und die Masse – zu Lasten aller ungesicherten Gläubiger – mit signifikanten Kosten belasten würde, da die Aktionen vom Insolvenzverwalter durchgeführt werden müssten. Das sind mitunter tausende von – kostenpflichtigen – Transaktionen, deren Kosten in masseunzulänglichen Verfahren nicht gedeckt sein werden. Dadurch entsteht Rechtsunsicherheit auf allen Seiten, weil nicht erwartet werden kann, dass der Verwalter selektiert Aktionen – Welche? In der Art einer Triage? – durchführt, während er andere Aktionen mangels Deckung zurückstellen müsste.
Die Kritik erhalten wir aufrecht.
Im Einzelnen:
Auch wenn mit der Formulierung („(…)Übertragung des vom Institut verwahrten Gesamtbestands auf ein vom Insolvenzverwalter bestimmtes Institut (…)“) Mehraufwand vermieden werden soll, stellt die Bestrebung einer kostenfreien Übertragung des (gesamten) Bestands auf ein (einziges) anderes Institut ein ungewöhnliches Vorgehen dar. Die Regelung ist komplex, streitanfällig und wird den Besonderheiten des Kryptoverwahrgeschäfts nicht gerecht.
Die Aussonderung auf ein anderes Institut verursacht – auch im Wege der Übertragung nach § 46i Abs. 3 KWG-E – Kosten.
Muss die Insolvenzmasse diese Kosten übernehmen, schmälert dies die Insolvenzquote und kann ggf. sogar zur Masseunzulänglichkeit führen. Masseunzulängliche Verfahren sind keine Ausnahmeerscheinung, weil die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nach § 26 Abs. 1 InsO nur die Deckung der Verfahrenskosten gemäß § 54 InsO voraussetzt, nicht auch die Deckung sonstiger Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 InsO. Das ist gerade beim Kryptoverwahrgeschäft relevant, denn die Belastung des Transferierenden (Insolvenzverwalters) mit Gebühren und Kosten ist das Geschäftsmodell der Intermediäre. Eine Massebelastung (zu Lasten aller Gläubiger mit ungesicherten Forderungen) ist damit vorprogrammiert.
In der Praxis werden im Fall des „Umzugs“ von Werten Tausende von Transaktionen anstehen, die eine entsprechende Zahl von gebühren- und kostenpflichtigen Vorgängen auslösen.
Die Kostenlast sollte jedoch den jeweiligen Gläubigern zugeordnet werden, die Aussonderung begehren. Das ist in internationalen Rechtsordnungen auch berücksichtigt; beispielsweise legt der schweizerische § 242a Abs. 4 SchKG die Kosten der Transaktion immer dem User bzw. Kunden auf: „Die Kosten für die Herausgabe sind von demjenigen zu übernehmen, der diese verlangt. (…)“
Das Aussonderungsrecht begründet im Insolvenzverfahren eine Holschuld, weshalb von den Kosten der Aussonderung nur etwaige Kosten der Prüfung, Feststellung, Bereitstellung und Auskunftserteilung Masseverbindlichkeiten darstellen, nicht aber Abholungskosten.[8] Wenn
der Insolvenzverwalter besondere Maßnahmen treffen muss, die über die gewöhnlichen Aufwendungen hinausgehen, drängt sich ein Kostenerstattungsanspruch auf.[9]
Da die Transferierung von Kryptowerten einer Abholung gleichsteht und hinsichtlich der erforderlichen Maßnahmen und Kosten einen ungewöhnlichen Aufwand verursacht, der über die typischen Insolvenzverwalterpflichten hinausgeht, ist nicht nachvollziehbar, warum die Kosten der Aussonderung von Kryptowerten nicht auf die Aussonderungsgläubiger übertragen werden. Hinzu kommt, dass die Kunden auch bei einer Transferierung außerhalb eines Insolvenzverfahrens die Kosten der entsprechenden Dienstleistung zu tragen hätten. Es gibt keine Rechtfertigung dafür, diese mit dem Insolvenzrisiko des gewählten Verwahrers einhergehenden Kosten nur im Insolvenzfall der Gläubigergesamtheit und damit (auch) Dritten aufzuerlegen.
Das Bestreben des Entwurfs, Mehraufwand und Kosten zu vermeiden, wird mit der bisherigen Formulierung nicht erreicht. Auch birgt die Regelung weiteres Konfliktpotential, das die Kosten für die Insolvenzmasse weiter erhöht:
Bei der Verwahrung von Kryptowerten handelt es sich um ein Massengeschäft.
Nach dem Wortlaut des Entwurfs soll eine für den Kunden kostenfreie Aussonderung nur bei erfolgter Zustimmung möglich sein. Das Procedere zur Erlangung einer rechtssicheren Zustimmung ist, auch in der Entwurfsbegründung, nicht näher beschrieben.
Die Einholung der Zustimmung erfordert – gerade in Fällen einer Vielzahl von Kunden – zusätzlichen Aufwand für den Insolvenzverwalter. Ebenso verhält es sich bei der Auswertung der Rückmeldungen. So ist im Ergebnis zwischen Zustimmungen, Ablehnungen und ausbleibenden Rückmeldungen zu differenzieren.
Soweit Kunden schweigen, bzw. schlicht nicht reagieren, sollen sie die Aussonderungskosten wohl selbst tragen, da es formal an einer Zustimmung fehlt. Dies steht jedoch im Widerspruch zur Entwurfsbegründung zum Gesetzentwurf des ZuFinG, die einen (ausdrücklichen?) Kundenwunsch voraussetzt („Wo sie [die Kosten] auf Wunsch des Kunden anfallen, sollen sie von diesem auch getragen werden.“[10])
Da sowohl von ausbleibenden Rückmeldungen, als auch von Ablehnungen ausgegangen werden muss, müsste in solchen Fällen mithin eine Sonderlösung für diese Gläubigergruppen gesucht werden, was den Aufwand für den Insolvenzverwalter und die Kosten für die Insolvenzmasse weiter erhöht. Die Intention des Entwurfs, Mehraufwand und Kosten zu vermeiden, wird damit konterkariert.
Die zusätzliche Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe, wie „unzumutbar“ (Satz 2) sowie „wesentlicher Teile“ (Satz 3) dürfte zu weiterem Konfliktpotential führen.
(1) „unzumutbar“
Die Entwurfsbegründung zum ZuFinG-E verwies zur näheren Erläuterung des Begriffs „unzumutbar“ beispielhaft auf Fälle, bei denen „die Verwahrung beim neuen Verwahrer nicht die gleiche Sicherheit bietet wie die bisherige Verwahrung unter deutschem Recht oder (…) die Verwahrentgelte in Ansehung des Gegenstands der Verwahrung und im Verhältnis zum Marktüblichen unverhältnismäßig hoch sind.“ [11]
Selbst die genannten Beispiele helfen in der Praxis kaum weiter, da auch Begrifflichkeiten wie „Sicherheit“ von subjektiven Belangen des Kunden geprägt sein können.
(2) „wesentliche Teile“
Was „wesentliche Teile“ des gesamten Verwahrbestands sind (50 %, 75 %, 90 %?), ergibt sich zudem weder aus dem Entwurf selbst, noch aus seiner Begründung.
Der Hinweis in der Entwurfsbegründung, dass „eine Anwendung [der Sätze 1 und 2] bei Einzelübertragungen oder Übertragungen von nur geringfügigen Teilen nicht in Betracht“ [12] kommt, hilft insoweit nicht weiter.
Für den Insolvenzverwalter wird es nahezu unmöglich sein, sämtliche Kunden gleichermaßen zufrieden zu stellen. So darf davon ausgegangen werden, dass die Wünsche der Kunden im Hinblick auf das künftige Verwahrinstitut durchaus vielfältig sein können. Letztlich bestimmt jedoch der Insolvenzverwalter über die Übertragung und zwingt dem Kunden einen neuen Vertragspartner auf, wenn der Kunde die Aussonderungskosten nicht tragen möchte.
Im Entwurf ist damit bereits ein Grundkonflikt zwischen der Vertragsfreiheit des Kunden (freie Wahl des Instituts) und der Möglichkeit einer „systemwidrigen“ Kostenschonung bei Verzicht auf die freie Institutswahl angelegt.
Nach welchen Kriterien der Insolvenzverwalter – auch im Hinblick auf etwaiges Haftungspotential – eine fundierte Entscheidung zur Auswahl des künftigen Instituts treffen soll, lassen die Entwürfe leider offen.
Der Entwurf ist insgesamt zu begrüßen, soweit er vorhandene Regelungslücken schließt.
Festzustellen ist, dass neben den oben angeführten Regelungen die BaFin über das KMAG-E weitreichende Befugnisse erhält. Auch wenn die Gewährung von Aufsichtsrechten der BaFin nicht per se negativ sein muss, müssen Auskunfts- und Eingriffsrechte verhältnismäßig bleiben.
Insbesondere Regelungen zu Aussetzungen oder Untersagungen, wie bspw. in § 28 Abs. 1 und 2 KMAG-E bei (hinreichend begründetem) Verdacht, dass gegen die Verordnung (EU) 2023/1114 oder dieses Gesetz verstoßen worden ist, können zu einer sofortigen und ggf. sogar unumkehrbaren Krise des Unternehmens führen.
In diesem Fall kommt es dann auf klare und funktionierende insolvenzrechtliche Mechanismen an, um Gläubiger zu schützen.
Um künftige Anwendungs- und Auslegungsschwierigkeiten insbesondere im Rahmen der insolvenzrechtlichen Praxis zu vermeiden, bedürfen daher die nachfolgenden Punkte einer Überarbeitung:
Berlin, 13.11.2023
Kontakt:
Verband Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands e.V. (VID)
Am Zirkus 3
10117 Berlin
Tel.: 030/ 20 45 55 25
E-Mail: info@vid.de / Web: www.vid.de
[1] Stand vom 23.10.2023.
[2] Vgl. Entwurf, S. 1.
[3] Der Entwurf verwendet in § 2 KMAG-E und an anderen Stellen den Begriff „vermögenswertreferenzierte Token“. Der europäische Verordnungsgeber verwendet hingegen den Plural „vermögenswertereferenziert“ (vgl. Art. 16 und 17 MiCA-VO).
[4] Vgl. Entwurfsbegründung, S. 176.
[5] Vgl. S. 72 des Entwurfes.
[6] VID-Stellungnahme abrufbar unter: Stellungnahmen – VID.
[7] Vgl. Stellungnahmen des VID zum RegE des ZuFinG.
[8] BGH, Urt. v. 26.5.1988, Az. IX ZR 276/87; BGH NZI 2012, 841 Rn. 19; K. Schmidt/Thole, InsO § 47 Rn. 96 ff. m.w.N.
[9] Braun/Bäuerle, InsO § 47 Rn. 95; OLG Stuttgart v. 11.3.80, Az. 12 U 176/79; ZIP 1980, 528.
[10] Entwurfsbegründung zum Gesetzentwurf des ZuFinG, S. 163.
[11] Entwurfsbegründung zum Gesetzentwurf des ZuFinG, S. 163.
[12] Entwurfsbegründung zum Gesetzentwurf des ZuFinG, S. 163.