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Stellungnahme:

29.10.2025

Zur Reform der rechtsberatenden Berufe

Stellungnahme des VID – Verband Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands e.V. zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Neuordnung aufsichtsrechtlicher Verfahren und zur Änderung weiterer Vorschriften im Bereich der rechtsberatenden Berufe

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I. Einleitung

Mit dem am 22.9.2025 vorgelegten Referentenentwurf werden zahlreiche unterschiedliche Reformmaßnahmen im Bereich der rechtsberatenden Berufe umgesetzt. Die hier vorgelegte Stellungnahme konzentriert sich auf Maßnahmen, die einen direkten Bezug zur Insolvenzpraxis enthalten.

Aktuell hat das BMJV einen Referentenentwurf zum Berufsrecht der InsolvenzverwalterInnen und SachwalterInnen angekündigt, der voraussichtlich noch in diesem Jahr veröffentlicht werden soll.

Eine weitergehende Stellungnahme zu allen berufsrechtlichen Reformmaßnahmen des hier behandelten Referentenentwurfs erscheint vor diesem Hintergrund nicht geboten, da derzeit nicht absehbar ist, ob in dem geplanten Referentenentwurf zum Berufsrecht der InsolvenzverwalterInnen und SachwalterInnen abweichende Regelungen getroffen werden. Soweit wegen der notwendigen Konsistenz berufsrechtlicher Regelungen eine entwurfsübergreifende, auch das zukünftige Berufsrecht der InsolvenzverwalterInnen und SachwalterInnen prägende Gestaltung anzunehmen ist, werden die Maßnahmen des hier zu besprechenden Referentenentwurfs in die Stellungnahme mit einbezogen.

 

II. Zu Art. 1 – Änderungen der Bundesrechtsanwaltsordnung

1. Zu Art. 1 Ziff. 4 b): § 31 Abs. 4 Nr. 14 (neu) BRAO
Zugleich zu Art. 2 Ziff. 5 b)

Nach § 31 Abs. 4 Nr. 14 sollen die Rechtsanwaltskammern in ihre Verzeichnisse zu jeder zugelassenen Berufsausübungsgesellschaft zukünftig „im Fall der Auflösung: die Auflösung, den Grund der Auflösung sowie zu den Liquidatoren und zu einem Insolvenzverwalter den Familiennamen, den oder die Vornamen und den Beruf“ eintragen.

Die Tätigkeit als Insolvenzverwalter wird seit der ersten Entscheidung des BVerfG im Jahr 2004 (vgl. BVerfGE 73, 280 <296>; BVerfG, NJW 2004, S. 1935) in ständiger Rechtsprechung als eigenständiger Beruf i. S. d. Art. 12 GG anerkannt. Seine gesetzliche Regulierung, die bislang nur in einigen Vorschriften der Insolvenzordnung Niederschlag gefunden hat, soll demnächst in einem eigenständigen Berufsrechts erfolgen (s. Einleitung). Vor diesem Hintergrund ist es unverständlich, warum die Rechtsanwaltskammern neben dem Familiennamen und Vornamen des Insolvenzverwalters noch einen (sonstigen?) Beruf erfassen sollen.

 

2. Zu Art. 1 Ziff.4 c) und Ziff.18: § 31 Abs. 7 und § 59h Abs.1 (neu) BRAO
Zugleich zu Art.2 Ziff.5 c), Art. 3 Ziff. 9a)

Mit § 31 Abs.7 Satz 2 BRAO sollen künftig die Liquidatoren, der Abwickler und der Insolvenzverwalter einer eingetragenen Berufsausübungsgesellschaft verpflichtet werden, die Beendigung einer Berufsausübungsgesellschaft der Rechtsanwaltskammer mitzuteilen. Diese Pflicht obliegt bisher den in die Verzeichnisse nach Absatz 1 Satz 1 aufzunehmenden Rechtsanwälten und Berufsausübungsgesellschaften.

Die neue Regelung reagiert auf die ebenfalls neue Vorschrift in § 59h Abs. 1 BRAO (Art. 1 Ziff. 18 a), nach der im Fall der Auflösung einer Berufsausübungsgesellschaft deren Zulassung erst mit der Beendigung der Gesellschaft erlöschen soll.

Nach § 59 h Abs. 3 Ziff. 2 BRAO ist die Zulassung einer Berufsausübungsgesellschaft zu widerrufen, wenn sie in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Ein Vermögensverfall nach Satz 1 Nummer 2 wird dabei vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Berufsausübungsgesellschaft eröffnet ist oder die Berufsausübungsgesellschaft in das Schuldnerverzeichnis (§ 882b ZPO) eingetragen ist.

Die Begründung des Referentenentwurfs führt dazu aus (S. 150):

„Bisher sehen § 59h Absatz 1 Satz 1 BRAO, § 52h Absatz 1 Satz 1 PAO und § 55 Absatz 1 StBerG das Erlöschen der Zulassung einer Berufsausübungsgesellschaft durch ihre Auflösung vor. Um die Postulationsfähigkeit künftig auch nach der Auflösung bis zu dem Zeitpunkt zu erhalten, in dem die Gesellschaft beendet ist, sollen § 59h Absatz 1 Satz 1 BRAO, § 52h Absatz 1 Satz 1 PAO und § 55 Absatz 1 StBerG dahingehend angepasst werden, dass die Zulassung erst mit Beendigung der Gesellschaft erlischt. Auf diese Weise können die Gesellschafterinnen und Gesellschafter die Mandate für die Gesellschaft fortführen. Voraussetzung für die Mandatsfortführung ist allerdings, dass die Verfügungsbefugnis über das Gesellschaftsvermögen auf Rechtsanwältinnen oder -anwälte, Patentanwältinnen oder -anwälte beziehungsweise zur unbeschränkten geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugte Personen übergeht (vergleiche die §§ 59k, 59l Absatz 2 BRAO, § 52k PAO, § 3 StBerG).

Nach der bisherigen Regelung entfällt die Zulassung einer Berufsausübungsgesellschaft im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens automatisch, da mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Gesellschaft aufgelöst wird (vergleiche § 60 Absatz 1 Nummer 4 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung – GmbHG, § 262 Absatz 1 Nummer 3 des Aktiengesetzes – AktG, § 729 Absatz 1 Nummer 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB, § 138 Absatz 1 Nummer 2 des Handelsgesetzbuchs – HGB). Dasselbe gilt für die Auflösung der Gesellschaft durch Beschluss. Dies erschwert jedoch sowohl die Abwicklung als auch eine mögliche Sanierung der Gesellschaft, da auch bei einer Fortsetzung der Gesellschaft die Zulassung neu beantragt werden müsste. Durch die Änderung erlischt die Zulassung einer Berufsausübungsgesellschaft im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens künftig nicht mehr automatisch. Im Fall der Insolvenz sollen künftig allein § 59h Absatz 3 Satz 1 Nummer 2, Satz 2 BRAO, § 52h Absatz 3 Satz 1 Nummer 2, Satz 2 PAO und § 55 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2, Satz 2 StBerG Anwendung finden. Danach ist die Zulassung bei Vermögensverfall zu widerrufen, es sei denn, dass durch den Vermögensverfall die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind.

Die vorstehenden Neuregelungen sollen durch Bestimmungen zur Ergänzung der Berufsträgerregister um die Auflösung, deren Grund sowie die Personen der Liquidatorinnen und Liquidatoren und – sofern bestellt – einer Insolvenzverwalterin oder eines Insolvenzverwalters flankiert werden. Zudem werden für die Liquidatorinnen und Liquidatoren und – sofern bestellt – eine Abwicklerin oder einen Abwickler und eine Insolvenzverwalterin oder einen Insolvenzverwalter Mitteilungspflichten zu den registerpflichtigen Angaben vorgesehen.“

Die Neuregelung ist uneingeschränkt zu begrüßen. Sie liegt nicht nur im Interesse der beteiligten Berufsträger, sondern vor allem auch im Interesse der Rechtssuchenden, die in Insolvenzverfahren nicht mehr mit problematischen Abbruchreaktionen konfrontiert werden müssen.

Aus Sicht der Insolvenzpraxis empfehlen sich in diesem Kontext lediglich drei Ergänzungen:

a) Es sollte klargestellt werden, dass nur der bestellte Insolvenzverwalter nach § 56 InsO (nicht der vorläufige Insolvenzverwalter) von den Mitteilungspflichten nach § 31 Abs.7 Satz 2 BRAO-(neu), § 29 Abs. 7 PAO (neu), § 76c Abs. 1 Nr. 2 StBerG (neu) erfasst ist.

b) Wenn die Zulassung einer Rechtsanwaltsgesellschaft mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht automatisch erlischt, bestehen Mandate fort, nach der aktuellen und auch weiterhin vorgesehenen (vgl. Art. 16 Ziff. 4 des Referentenentwurfs) Fassung des § 244 Abs. 1 ZPO kommt es aber nicht mehr zu einer Unterbrechung von Rechtsstreiten, in denen die Rechtsanwaltsgesellschaft Prozessvertreter ist. § 240 ZPO greift auch nicht, weil das Insolvenzverfahren ja nicht über das Vermögen einer Partei eröffnet wird. Die Prozesshandlungen eines Prozessvertreters werden der Partei nach § 85 Abs.1 ZPO zugerechnet. Dazu gehört auch das Verschulden des Anwalts, welches der Partei gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zugerechnet wird, z.B. bei Fristversäumnissen. Damit sich der Insolvenzverwalter der Rechtsanwaltsgesellschaft zunächst einen Überblick verschaffen kann und nicht mit laufenden Fristen konfrontiert ist, von denen er möglicherweise noch gar keine Kenntnis hat, sollte daher § 244 Abs. 1 ZPO dahingehend ergänzt werden, dass auch im Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Prozessvertreters oder bei Übergang der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über sein Vermögen auf einen Insolvenzverwalter eine Unterbrechung des Rechtsstreits erfolgt. Dies gebietet auch der Schutz der Rechtssuchenden, da in der Insolvenz der Rechtsanwaltsgesellschaft sonst Gefahr bestünde, dass laufende gesetzliche oder gerichtliche Fristen nicht eingehalten werden.

c) Der Insolvenzverwalter sollte in der Lage sein, unwirtschaftliche Mandatsverhältnisse zu beenden. Grundsätzlich findet auf laufende Mandatsverhältnisse das Wahlrecht nach § 103 InsO Anwendung, so dass es insoweit keiner gesetzlichen Regelung bedarf. Das in der Rechtsprechung entwickelte und auf § 627 Abs. 2 BGB gestützte Institut der Kündigung zur Unzeit legt aber eine gesetzliche Klarstellung, hilfsweise zumindest Ausführungen in der Gesetzesbegründung nahe. Ansonsten bestünde die Gefahr, dass unwirtschaftliche Mandatsverhältnisse zu Lasten aller beteiligten Gläubiger im Zweifel fortgeführt werden müssen, um Haftungsgefahren zu vermeiden.

 

III. Fazit

Der vorgelegte Referentenentwurf unternimmt eine umfassende und wichtige Reform an zahlreichen Details des Berufsrechts der rechtsberatenden Berufe. Dieser Ansatz ist zu begrüßen. Er sollte im Sinne einer besseren Sanierungsperspektive für Berufsausübungsgesellschaften im Insolvenzverfahren sowie zum Schutz der Rechtssuchenden lediglich geringfügig ergänzt werden. Die anstehende Weiterentwicklung des Berufsrechts der InsolvenzverwalterInnen sollte den hier vorgestellten Entwicklungsstand aufnehmen.

 

Berlin, 29.10.2025

Kontakt:

Verband Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands e.V. (VID)
Am Zirkus 3
10117 Berlin
Tel.: 030/ 20 45 55 25
E-Mail: info@vid.de / Web: www.vid.de

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