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Förderung einer sanierungsorientierten Insolvenzverwaltung.

 

Stellungnahme:

05.05.2025

VID-Stellungnahme zum Entwurf eines BMF-Schreibens zur Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG

Stellungnahme des VID - Verband Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands e.V. zum Entwurf eines BMF-Schreibens zur Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG

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 A. Vorbemerkung

Der VID begrüßt das BMF-Schreiben zur sog. Sanierungsklausel (§ 8c Abs. 1a KStG), welches in der Praxis Rechtssicherheit bei einem Beteiligungserwerb zum Zweck der Sanierung vermitteln sollte. Denn die Verlustabzugsregelung des § 8c KStG kann in Krisen- und Insolvenzsituationen erhebliche Bedeutung erlangen und ist für alle an der Sanierung beteiligten Stakeholder relevant, die häufig in kurzer Zeit wesentliche Entscheidungen treffen müssen, welche für Gesellschafter und Markteilnehmer u.U. signifikante mittel- bis langfristige Folgen haben können.

  • Steuerliche Auswirkungen sind in nahezu jeder Unternehmenskrise/-sanierung von besonderer Wichtigkeit und mitunter entscheidender Parameter einer Restrukturierung, gleich ob es sich um eine „außergerichtliche“ Sanierung, ein Restrukturierungsverfahren nach dem StaRUG oder ein Insolvenzverfahren nach der InsO handelt. Insofern begrüßt es der Verband Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands e.V. (VID) generell, wenn die Finanzverwaltung durch den Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften (wie insbesondere BMF-Schreiben) für steuerliche Planungssicherheit in Sanierungs-/Insolvenzszenarien sorgt. Das gilt im Besonderen auch für ein BMF-Schreiben zur sog. Sanierungsklausel (§ 8c Abs. 1a KStG), um in der Praxis verlässliche Leitlinien zu haben, ob steuerliche Verluste im Fall eines schädlichen Beteiligungserwerbs (§ 8c Abs. 1 Satz 1 KStG) bei einem Beteiligungserwerb zum Zweck der Sanierung erhalten bleiben. Ein verlässliches und kooperatives Verwaltungshandeln ist in der konkreten Sanierungs-/Insolvenzsituation aber auch in späteren Betriebsprüfungen (insbesondere im Zusammenhang Fragen zur Steuerfreiheit von Sanierungserträgen, vgl. § 3a EStG, § 7b GewStG) von herausgehobenem Interesse.
  • Der Entwurf eines BMF-Schreibens zur Sanierungsklausel des § 8c Absatz 1a KStG („BMF-Schreiben-Entwurf“) ist insgesamt begrüßenswert. Er umfasst einige der in der Praxis diskutierten und in der Fachliteratur umstrittenen Fragen und sorgt insofern für „Rechtssicherheit“, als die Auffassung der Finanzverwaltung erkennbar ist. Gerade die Einführung von Vermutungsregeln (BMF-Schreiben-Entwurf, Rz. 6: „Die Sanierungsabsicht wird vermutet, […]“) sowie von Erleichterungen der Nachweisführung (etwa BMF-Schreiben-Entwurf, Rz. 7: „Indizien für das Vorliegen der o.g. Voraussetzungen“, „[…] so kann von einer drohenden oder eingetretenen Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung ausgegangen werden.“) ist ein wichtiges Element und sollte – auch im Sinne der Verwaltungsvereinfachung und Entbürokratisierung – generell für den Bereich des Sanierungs- und Insolvenzsteuerrechts gestärkt werden. Auch der abschließende Hinweis auf § 8d KStG in Rz. 86 und das BMF-Schreiben vom 18.03.2021 ist konsequent und zielführend.

 

B. Anmerkungen

Zu den einzelnen Randziffern des BMF-Schreiben-Entwurfs merken wir an:

1. Rz. 5

Nach dem BMF-Schreiben-Entwurf sind zur Beurteilung der Sanierungsbedürftigkeit die „insolvenzrechtlichen Grundsätze der §§ 17 bis 19 InsO heranzuziehen“. Ein unterschiedliches Verständnis der Eröffnungsgründe sollte verhindert werden. An dieser Stelle sollte daher klar formuliert werden, dass nur die insolvenzrechtlichen Auslegungsgrundsätze Anwendung finden.

In der Rz. 5 wird außerdem jeweils eine knappe Definition von Zahlungsunfähigkeit, drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung gegeben. Zur Vermeidung von Missverständnissen sollte wenigstens der Prognosezeitraum der drohenden Zahlungsunfähigkeit von 24 Monaten gemäß § 18 Abs. 2 Satz 2 InsO genannt werden. Gleiches gilt für den Prognosezeitraum bei Überschuldung von 12 Monaten gemäß § 19 Abs. 2 Satz 1 InsO.

 

  1. Rz. 7

Nach dem BMF-Schreiben-Entwurf können ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag in der Überschuldungsbilanz oder eine Bestätigung der Hausbank über die fehlende Bereitschaft weiterer Finanzierungen (zu marktüblichen Konditionen, ohne Sicherheiten Dritter) Indizien für das Vorliegen der Voraussetzungen eines Beteili-gungserwerbs zum Zweck der Sanierung sein, die gemeinsam mit an-deren Merkmalen (wie z. B. einer Liquiditätsplanrechnung) den Nachweis für eine eingetretene Krise führen. Falls beide Indizien vorliegen, so kann nach dem BMF-Schreiben-Entwurf von einer drohenden oder eingetretenen Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung ausgegangen werden.

Der Begriff „Hausbank“ mag in der Praxis gängig sein. Er führte indes zu Auslegungs-/Anwendungsfragen. Daher können und sollten alternative Finanzierer genannt werden, etwa „Banken“ (im Allgemeinen), private und öffentliche Finanzierer und/oder Institutionen von Finanzierungsgebern (etwa: sog. Debt-Funds). Denn allein eine Bestätigung über die fehlende Bereitschaft weiterer Finanzierungen von der „Hausbank“ als Indiz anzuerkennen, ist nicht ausreichend.

Darüber hinaus sollte, falls „beide Indizien“ (Überschuldungsbilanz und Bestätigung über fehlende Bereitschaft weiterer Finanzierungen) vorliegen, aufseiten des zuständigen Finanzamts nicht nur von einer drohenden oder eingetretenen Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung ausgegangen werden können. Das (offene) „kann“ im BMF-Schreiben-Entwurf sollte an dieser Stelle aus Vereinfachungsgründen und zur Sicherstellung eines einheitlichen Verwaltungsvollzugs durch ein (zwingendes) „ist“ ersetzt werden, damit für den Rechtsanwender (Steuerpflichtiger einerseits, Finanzamt andererseits) hinreichend Planungssicherheit besteht.

 

  1. Rz. 8 und 9

Nach dem BMF-Schreiben-Entwurf ist ein „für insolvenzrechtliche Zwecke erstellter Sanierungsplan (§§ 217 ff. InsO) […] als Nachweis ausreichend, sofern der Beteiligungserwerb Teilmaßnahme des Sanierungsplans ist.“ (Rz. 8). Es sollte klargestellt werden, dass sich der „Nachweis“ darauf bezieht, dass die bzw. alle „Sanierungsvorausset-zungen“ (s. Überschrift in Tz. II.2. des BMF-Schreibens-Entwurf) erfüllt sind, um Auslegungszweifel auszuschließen. Das ließe sich beispielsweise durch eine textliche Ergänzung nach „Nachweis“ in Form von „für das Vorliegen der Sanierungsvoraussetzungen“ umsetzen. Eine solche Ergänzung wäre auch entsprechend bei den Ausführungen zum Sanierungsgutachten (Rz. 9) zweckmäßig.

Darüber hinaus sollte ergänzt werden, dass die „Nachweiserleichterung“ auch bei Restrukturierungsverfahren auf Grundlage des Gesetzes über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen („StaRUG“) gelten. Das könnte durch eine Ergänzung in Rz. 8 (hinter den Ausführungen zum Sanierungsplan gem. §§ 217 ff. InsO) umgesetzt werden, die etwa wie folgt lauten könnte: „Das Gleiche gilt für einen Restrukturierungsplan nach dem StaRUG (vgl. §§ 5 ff. StaRUG)“.

 

  1. Rz. 34

Nach dem BMF-Schreiben-Entwurf ist die Lohnsummenregelung nach § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 2 KStG „nicht anwendbar, wenn die Ausgangslohnsumme 0 Euro beträgt oder die Körperschaft nicht mehr als 10 Arbeitnehmer hat (§ 13a Absatz 1 Satz 4 ErbStG i. d. F. des ErbStG vom 24. Dezember 2008, BGBl. I S. 3018)“. Diese Auslegung ist im Schrifttum umstritten. Die Finanzverwaltung hat sich derzeit dafür entschieden, eine Anwendung von § 8c Abs. 1a Satz 3 Nr. 2 KStG in den Fällen kleiner Betriebe abzulehnen[1]. In der Literatur wird u.a. unter Verweis auf den Vereinfachungszweck der Norm angeführt, dass die vorliegende Variante „Nr. 2“ zum Erhalt der wesentlichen Betriebsstrukturen in diesen Fällen per se einschlägig ist[2]. Das ist vor-zugswürdig. Wir bitten daher – auch in Kenntnis des derzeit beim Bundesfinanzhof anhängigen Revisionsverfahrens mit dem Az. I R 9/24 – um eine Überprüfung, um auch die Sanierung von Kleinbetrieben attraktiver zu machen.

 

C. Fazit

Der VID begrüßt generell Leitlinien im Steuerrecht, etwa durch BMF-Schreiben, weil die steuerliche Planungssicherheit in Sanierungs-/Insolvenzszenarien für Entscheidungen der Stakeholder von maßgeblicher Bedeutung sein kann, mitunter hängen davon auch Investorenentscheidungen ab. Insofern würdigt der VID auch das BMF-Schreiben zur sog. Sanierungsklausel (§ 8c Abs. 1a KStG), welches in der Praxis Rechtssicherheit bei einem Beteiligungserwerb zum Zweck der Sanierung vermitteln kann. Einzelheiten sollten klargestellt und geschärft werden, wozu ausgeführt wurde.

 

Berlin, 05.05.2025

 

Kontakt:
Verband Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands e.V. (VID)
Am Zirkus 3
10117 Berlin
Tel.: 030/ 20 45 55 25

E-Mail: info@vid.de / Web: www.vid.de

 

[1] So bereits OFD NRW v. 20.12.2018 – S 2745a-2015/0011-St 135 (zuletzt aktualisiert am 22.5.2020), juris, Rz. 18, vgl. auch FG Düsseldorf v. 15.1.2024, 6 K 2095/22 K, G ,F, EFG 2024, 697, = juris, Ls. 1 (nrkr., Rev. I R 9/24).

[2] Vgl. etwa Suchanek, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 8c KStG, Rz. 85 (Nov. 2021); Suchanek/Herbst, Ubg 2019, 146, 151 mwN auch zur Gegenauffassung.

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