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Stellungnahme:

31.07.2025

RefE eines Gesetzes zur weiteren Digitalisierung der Zwangsvollstreckung

Stellungnahme des VID - Verband Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands e.V. zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur weiteren Digitalisierung der Zwangsvollstreckung

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I. Einleitung

Der vorliegende Referentenentwurf formuliert das Ziel, die Anzahl der Aufträge und Anträge bei den Vollstreckungsorganen in hybrider Form, die seit dem 1. Januar 2022 stark zugenommen hat, deutlich zu verringern.

Dieses Ziel ist mit Blick auf die hierdurch zu erwartenden Effizienzsteigerungen ausdrücklich zu begrüßen.

Allerdings ist unverständlich, warum die erkannten Nachteile der hybriden Form nur im Rechtsverkehr mit den Gerichtsvollziehern und nicht gleichzeitig auch im Bereich der Insolvenzverfahren behoben werden.

 

II. Die hybride Forderungsanmeldung nach § 174 InsO

In § 174 Abs. 1 InsO werden Insolvenzgläubiger dazu verpflichtet, ihre Forderungen schriftlich beim Insolvenzverwalter anzumelden. Der Anmeldung sollen die Urkunden, aus denen sich die Forderung ergibt, in Abdruck beigefügt werden. Zur Vertretung des Gläubigers sind dabei auch Personen befugt, die Inkassodienstleistungen erbringen (registrierte Personen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes).

Nach § 174 Abs. 4 InsO kann die Anmeldung durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments erfolgen; der Insolvenzverwalter kann einen gängigen elektronischen Übermittlungsweg sowie ein gängiges Dateiformat vorgeben. Der Insolvenzverwalter muss daneben einen sicheren Übermittlungsweg im Sinne des § 130a der Zivilprozessordnung für die Übermittlung anbieten[1]. Als Urkunde im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 kann in diesen Fällen auch eine elektronische Rechnung übermittelt werden. Auf Verlangen des Insolvenzverwalters oder des Insolvenzgerichts sind Ausdrucke, Abschriften oder Originale von Urkunden einzureichen.

Diese gesetzlichen Rahmenbedingungen führen aktuell zu erheblichen praktischen Problemen, die in der Literatur bereits ausführlich beschrieben sind[2] und deren Bewältigung auch den Rechtsverkehr mit den Insolvenzgerichten belastet.[3] Dies hat insbesondere im Zusammenhang mit der Einführung elektronischer Gerichtsakten zu einer Reihe von landesgesetzlichen Sonderregeln für Insolvenzgerichte geführt.[4]

In der Praxis der Insolvenzverwaltung führt § 174 Abs. 4 InsO zu einer Verschärfung dieser Probleme, weil der Insolvenzverwalter einerseits dazu verpflichtet ist, zumindest einen sicheren Übermittlungsweg im Sinne des § 130a ZPO anzubieten, andererseits aber keinen Insolvenzgläubiger auf die Nutzung dieses (oder eines anderen) elektronischen Übermittlungswegs verweisen kann. § 174 Abs. 1 Satz 2 i. v. m. Abs. 4 Satz 4 InsO indiziert, der entsprechende Verlangen nach Ausdrucken, Abschriften oder Originalen von Urkunden zulässt, motiviert weiter die Papierform.

 

1. Die überzeugende Lösung des Referentenentwurfs für die Zwangsvollstreckung

Diese Rechtslage steht im Gegensatz zu der im Referentenentwurf entwickelten Lösung für die weitere Digitalisierung in der Zwangsvollstreckung.

Hier wird das Kernproblem gleich zu Beginn der Begründung des Referentenentwurfs angesprochen:

Seit dem 1. Januar 2022 hat sich die Anzahl der Aufträge und Anträge in hybrider Form bei den Vollstreckungsorganen stark erhöht: Einerseits sind seitdem Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts verpflichtet, zumindest Anträge an Vollstreckungsgerichte als elektronische Dokumente zu übermitteln; es ist außerdem davon auszugehen, dass sie aus Effizienzgründen auch Vollstreckungsaufträge an Gerichtsvollzieher auf diesem Weg übermitteln (vergleiche dazu die Begründung zu Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe c, dort § 753 Absatz 4 Satz 1 ZPO-E). Andererseits wird die vollstreckbare Ausfertigung, die die Grundlage für die Vollstreckung ist, ausschließlich in Papierform erteilt und muss grundsätzlich auch in Papierform vorgelegt werden. Dies führt dazu, dass die Ausfertigung dem Vollstreckungsauftrag beim Gerichtsvollzieher beziehungsweise dem Antrag beim Vollstreckungsgericht erst zugeordnet werden muss. Die Zuordnung kostet Zeit und birgt die Gefahr des Verlusts der Ausfertigung.

Die Lösung wird dort im Anschluss formuliert:

Um die Anzahl der Aufträge und Anträge in hybrider Form zu reduzieren, soll der Anwendungsbereich der §§ 754a und 829a ZPO erweitert werden. Dadurch soll in weiterem Umfang als bisher erlaubt werden, anstatt der vollstreckbaren Ausfertigung und anderer Schriftstücke als elektronische Dokumente an das Vollstreckungsorgan zu übermitteln. In den §§ 754, 755, 757 und 802a der Zivilprozessordnung in der Entwurfsfassung (ZPO-E) soll geregelt werden, dass für die dort genannten Befugnisse und Pflichten des Gerichtsvollziehers die Übermittlung einer elektronischen Kopie der vollstreckbaren Ausfertigung an den Gerichtsvollzieher ausreicht, sofern er diese der Ausführung seines Vollstreckungsauftrages noch zugrunde legen darf.

Auch wenn Satz 2 der vorstehenden Begründung in seiner Aussage unklar bleibt, so ist doch die angestrebte Lösung klar. Die in den §§ 754a und 829a ZPO angesprochene Zwangsvollstreckung aus einem Vollstreckungsbescheid, der keiner Vollstreckungsklausel bedarf, macht schon heute die Übermittlung der Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids entbehrlich. Die Ausweitung durch die Neufassung der beiden Vorschriften ist zu begrüßen, weil sie künftig bei einem elektronischen Vollstreckungsauftrag an den Gerichtsvollzieher wegen Geldforderungen, der bislang die Übergabe oder die Vorlage

  1. der Ausfertigung des Vollstreckungstitels,
  2. der Vollstreckungsklausel oder
  3. weiterer Urkunden zum Nachweis der Vollstreckungsvoraussetzungen

notwendig macht, die Möglichkeit schafft, die Schriftstücke in elektronische Dokumente zu übertragen und diese dem Gerichtsvollzieher zu übermitteln.

Diese klare und verständliche Regelung ersetzt die bisher in den §§ 754a und 829a ZPO aufgezählten Fallkonstellationen und trägt damit wesentlich zur Vereinfachung bei.

 

2. Dringender Bedarf für eine ähnliche Vereinfachung der Forderungsanmeldung in Insolvenzverfahren

Im Gegensatz zu der Lösung des Referentenentwurfs ist die Situation in Insolvenzverfahren aufgrund der Formulierung in § 174 Abs. 4 InsO bis heute geprägt von einer Vielzahl unterschiedlicher und teilweise sehr aufwendiger Hybridlösungen. Jedes Insolvenzgericht kann dabei eigene Anforderungen formulieren, die teilweise auch innerhalb des Gerichts nicht einheitlich gestellt oder gehandhabt werden. Die bereits erwähnten landesspezifischen Regelungen zur elektronischen Aktenführung stehen solchen Anforderungen nicht entgegen, sondern versuchen lediglich, den allgemeinen Anspruch einer elektronischen Aktenführung in möglichst schonender Weise mit dieser heterogenen Praxis in Einklang zu bringen.[5] Im Ergebnis führt diese Praxis zu erheblichem Mehraufwand bei Gläubigern, Insolvenzverwaltern und Insolvenzgerichten, dem keine entsprechenden Vorteile bei Rechtsklarheit, Transparenz oder Rechtssicherheit gegenüberstehen.

Die nach § 174 Abs. 4 Satz 4 InsO einzureichenden Ausdrucke, Abschriften oder Originale von Urkunden könnten nach dem Vorbild der vorgestellten Neufassungen von § 754a und § 829a ZPO ebenfalls in elektronische Dokumente übertragen und dem Insolvenzverwalter sowie dem Insolvenzgericht übermittelt werden.

Für Zweifelsfälle bietet sich eine Lösung an, wie sie der neu gefasste § 754a Abs.2 ZPO vorschlägt:

“Kann der Gerichtsvollzieher anhand der übermittelten elektronischen Dokumente nicht zweifelsfrei feststellen, dass die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung vorliegen, teilt er dies dem Auftraggeber mit und fordert die für die zweifelsfreie Feststellung erforderlichen Dokumente als elektronische Dokumente oder als Schriftstücke an.”

 

Der neue § 754a Abs.3 ZPO ergänzt dazu:

“Übermittelt der Auftraggeber Schriftstücke nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 als elektronische Dokumente, so hat er dem Gerichtsvollzieher zu versichern, dass

  1. die übermittelten elektronischen Dokumente jeweils bildlich und inhaltlich mit den Schriftstücken übereinstimmen und
  2. die Forderung in Höhe des Vollstreckungsauftrags noch besteht.

Die Versicherung ist in Textform zu übermitteln.”

 

Die so durch eine persönliche Zusicherung abgesicherte Nutzung elektronischer Dokumente bietet neben Effizienzgewinnen auch Vorteile im Bereich der Rechtssicherheit.

Zuletzt soll § 753 Absatz 4 Satz 1 durch den folgenden Satz ersetzt werden:

„Andere als die in § 754a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 3 genannten Dokumente sind dem Gerichtsvollzieher als elektronische Dokumente zu übermitteln, wenn sie durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde, durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse oder durch einen der in § 79 Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 Genannten eingereicht werden.“

 

Die Vorschrift des § 753 Abs. 4 Satz 1 ZPO beschreibt bisher die hier genannten Dokumente als

“schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen der Parteien sowie schriftlich einzureichende Auskünfte, Aussagen, Gutachten, Übersetzungen und Erklärungen Dritter”.

Die nun formulierte Pflicht zur elektronischen Übermittlung wäre für den aufgeführten Kreis der Verpflichteten auch im Insolvenzverfahren sinnvoll.

 

3. Erweiterung auf Inkassodienstleister und Kreditdienstleistungsinstitute

 Mit dem neuen § 752b ZPO sollen auch Inkassodienstleister und Kreditdienstleistungsinstitute mit einer Erlaubnis nach § 10 Absatz 1 des Kreditzweitmarktgesetzes einer Pflicht zur elektronischen Übermittlung unterworfen werden.

Diese sinnvolle Erweiterung, die einer in der Praxis der Genannten bereits jetzt häufig anzutreffenden Übermittlungsart entspricht, sollte auch für das Insolvenzverfahren erwogen werden. Dort sind Inkassodienstleister (registrierte Personen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Rechtsdienstleistungsgesetzes) nach § 174 Abs. 1 Satz 3 InsO zur Vertretung des Gläubigers im Verfahren befugt. Sie könnten deshalb auch im Insolvenzverfahren zur elektronischen Übermittlung verpflichtet werden.

 

III. Fazit

Der Referentenentwurf stellt einen wichtigen und sinnvollen Schritt zur Verringerung bislang hybrid geführter Verfahren in der Zwangsvollstreckung dar.[6] Dieser Schritt wäre auch im Bereich der Insolvenzverfahren dringend notwendig, um hybride Forderungsanmeldungen auf ein möglichst geringes Maß zu reduzieren.

 

 

Berlin, 31.07.2025

 

Kontakt:
Verband Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands e.V. (VID)
Am Zirkus 3
10117 Berlin
Tel.: 030/ 20 45 55 25
E-Mail: info@vid.de / Web: www.vid.de

 

[1] Zur Kritik an dieser Formulierung s. Stellungnahme des VID zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur weiteren Digitalisierung der Justiz (BT-Drucksache 20/10943), (https://www.vid.de/stellungnahmen/refe-eines-gesetzes-zur-weiteren-digitalisierung-der-justiz/ (zuletzt abrufen am: 31.07.2025).

[2] Zum Streitstand der Frage einer etwaigen Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs bei der Forderungsanmeldung/Anmeldung über Gläubigerinformationssysteme Kollbach in ZInsO 2023, 723 ff. (727), der sich kritisch mit dem Beitrag von Deppe/Radschuwait, InsbürO 2022, 378 ff. auseinandersetzt.

[3] Vgl. hierzu ebenfalls die Stellungnahme des VID zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur weiteren Digitalisierung der Justiz (BT-Drucksache 20/10943).

[4] Vgl. hierzu die Stellungnahmen des VID zur Landesverordnung über den elektronischen Rechtsverkehr und die elektronische Aktenführung, eJustizVO RP. (Rheinland-Pfalz), (abrufbar unter: https://www.vid.de/wp-content/uploads/2025/03/VID-StN-eJustizVORP.pdf, Stand 31.07.2025); Weiterhin die Stellungnahme des VID zum Entwurf einer Verordnung über die Einreichung und Führung der Tabellen über die angemeldeten Forderungen gemäß § 175 Insolvenzordnung in maschineller Form (Niedersachsen), (abrufbar unter: https://www.vid.de/stellungnahmen/nminsotabvo/, Stand 31.07.2025).

[5] Vgl. oben Fn.4 m. w. N.

[6] Zum Ziel Nr. 16 der Agenda 2030 für leistungsfähige und transparente Institutionen, RefE des BMJV zum Gesetz zur weiteren Digitalisierung der Zwangsvollstreckung, S. 2.

 

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