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Stellungnahme:

09.09.2025

RefE eines Bankenrichtlinienumsetzungs- und Bürokratieentlastungsgesetzes (BRUBEG)

Stellungnahme des VID - Verband Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands e.V. zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2024/1619 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. Mai 2024 zur Änderung der Richtlinie 2013/36/EU im Hinblick auf Aufsichtsbefugnisse, Sanktionen, Zweigstellen aus Drittländern sowie Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsrisiken und der Richtlinie (EU) 2024/1174 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. April 2024 zur Änderung der Richtlinie 2014/59/EU und der Verordnung (EU) Nr. 806/2014 im Hinblick auf bestimmte Aspekte der Mindestanforderung an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten zur Entlastung der Kreditinstitute von Bürokratie (Bankenrichtlinienumsetzungs- und Bürokratieentlastungsgesetz – BRUBEG)

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I. Einleitung

Der vorgestellte Referentenentwurf enthält umfangreiche und zahlreiche Änderungen des Kreditwesengesetzes, des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes, des Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetzes sowie weiterer Gesetze und Verordnungen im regulatorischen Umfeld der Finanz- und Versicherungswirtschaft. Die nachfolgende Stellungnahme konzentriert sich auf diejenigen Änderungsvorschläge, die einen direkten Bezug zur Tätigkeit von InsolvenzverwalterInnen oder SachwalterInnen enthalten.

 

II. Zu Art.1 Ziff.15 – § 9 Abs.1 S.1 KWG

Mit der vorgeschlagenen Änderung werden erstmals auch gerichtlich bestellte SachwalterInnen in die Verschwiegenheitspflichten des § 9 KWG mit einbezogen. Sie dürfen die ihnen bei ihrer Tätigkeit bekanntgewordenen Tatsachen, deren Geheimhaltung im Interesse des Instituts, der zuständigen Behörden oder eines Dritten liegt, insbesondere Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, nicht unbefugt offenbaren oder verwerten, auch wenn sie nicht mehr im Dienst sind oder ihre Tätigkeit beendet ist.

Nach § 5 Abs. 6 InsO kann auch ein gerichtlich bestellter Sachwalter die in § 5 Abs. 5 InsO näher beschriebene Gläubigerinformation über ein von ihm geführtes System bereitstellen, soweit nicht der Schuldner selbst dazu in der Lage ist. In der Praxis sind SchuldnerInnen sehr selten in der Lage, die von § 5 Abs. 5 InsO geforderten Informationen jedem Insolvenzgläubiger, der eine Forderung angemeldet hat, in einem elektronischen Gläubigerinformationssystem unverzüglich in einem gängigen Dateiformat zum Abruf zur Verfügung zu stellen. In Verfahren der Eigenverwaltung ist die Bereitstellung durch den Sachwalter oder die Sachwalterin der Regelfall.

Die nachvollziehbare Einbeziehung der gerichtlich bestellten SachwalterInnen in den Pflichtenkreis des § 9 Abs.1 S.1 KWG schafft vor diesem Hintergrund erhebliche rechtliche Unsicherheiten und Haftungsgefahren, die durch entsprechende Klarstellungen des Gesetzgebers ausgeräumt werden sollten.

Die elektronische Gläubigerinformation soll nach der erklärten Absicht des Gesetzgebers, die Insolvenzgerichte entlasten. Sie formuliert deshalb eine umfangreiche Informationspflicht, die alle Entscheidungen des Insolvenzgerichts, alle Rechtsmittelentscheidungen, alle an das Insolvenzgericht übersandten Berichte einer potenziellen Vielzahl von Insolvenzgläubigern elektronisch zugänglich machen soll. Der beschriebene Umfang hat bereits zahlreiche Fragen aufgeworfen und ist in weiten Bereichen umstritten.

Eine nach der InsO geforderte Gläubigerinformation könnte, soweit sie als unbefugte Offenbarung nach § 9 Abs.1 S.1 KWG eingeordnet würde, zu einer unlösbaren Pflichtenkollision für SachwalterInnen führen. Insbesondere die an das Insolvenzgericht übersandten Berichte enthalten regelmäßig Informationen, deren Geheimhaltung zwar möglicherweise im Interesse des betroffenen Instituts, der zuständigen Behörden oder eines Dritten, nicht aber im gesetzlich indizierten Interesse der Gläubiger liegt.

In dieser Situation kann es nicht genügen, die Befugnis zur Offenbarung pauschal anzunehmen und SachwalterInnen auf eine mögliche gerichtliche Klärung zu verweisen, an deren Ende auch die persönliche Haftung und existenzgefährdende Zweifel an der weiteren beruflichen Eignung der SachwalterInnen stehen können. Notwendig ist vielmehr eine gesetzliche Klarstellung, die deutlich macht, dass elektronische Gläubigerinformationen nach den Vorgaben des § 5 InsO in keinem Fall zu einer unbefugten Offenbarung i. S. d. § 9 Abs.1 KWG führen können.

 

III. Zu Art.1 Ziff. 36 – § 22l Abs.1 KWG

Der Entwurf sieht eine Streichung des nach § 22l Abs.1 S.2 KWG bisher vorgesehenen Rechts der Insolvenzgerichte vor, vom Sachwaltervorschlag der Bundesanstalt abzuweichen, wenn dies zur Sicherstellung einer sachgerechten Zusammenarbeit zwischen Insolvenzverwalter und Sachwalter erforderlich erscheint. Stattdessen sollen die Insolvenzgerichte künftig verpflichtet werden, in jedem Fall dem Vorschlag der Bundesanstalt Folge zu leisten. Eine Abweichungsmöglichkeit, wie sie § 56a Abs. 2 S.1 InsO für den Fall vorsieht, dass das Insolvenzgericht die vorgeschlagene Person für ungeeignet hält, ist nicht vorgesehen.

Diese Gestaltung stößt auf erhebliche rechtliche Bedenken.

Nach § 274 Abs.1 i. v. m. 56 Abs.1 InsO hat das Insolvenzgericht eine für den jeweiligen Einzelfall geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige natürliche Person zu bestellen, die aus dem Kreis aller zur Übernahme von Insolvenzverwaltungen bereiten Personen auszuwählen ist. Wer als Restrukturierungsbeauftragter oder Sanierungsmoderator in einer Restrukturierungssache des Schuldners tätig war, kann, wenn der Schuldner mindestens zwei der drei in § 22a Absatz 1 genannten Voraussetzungen erfüllt, nur dann zum Insolvenzverwalter bestellt werden, wenn der vorläufige Gläubigerausschuss zustimmt.

Diese gesetzlichen Voraussetzungen sollen sicherstellen, dass nur Personen bestellt werden, deren Eignung zuvor gerichtlich überprüft wurde. War die vorgeschlagene Person zuvor in anderer Funktion bereits mit dem Fall befasst, erhöht dies regelmäßig die Anforderungen an die Eignungsprüfung. Eine Vorbefassung kann zwar auch nach der InsO unbedenklich sein (vgl. § 56 Abs.1 S.4 Nr. 2 InsO). Sie muss dazu aber als gesetzlicher Ausnahmefall formuliert und klar definiert werden. Selbst die Vorbefassung als ebenfalls gerichtlich bestellter Restrukturierungsbeauftragter, kann, wenn keine weiteren Gründe gegen die Eignung des vormaligen Restrukturierungsbeauftragten sprechen, nur mit Zustimmung des vorläufigen Gläubigerausschusses überwunden werden.

Eine zentrale Rolle kommt bei der gerichtlichen Prüfung neben der fachlichen Eignung auch der Unabhängigkeit zu. Sie muss in jedem Fall vorab geprüft werden, um sowohl allgemeine wie fallspezifische Zweifel an der Integrität der bestellten Personen auszuschließen.

Der Entwurf begründet seine Abkehr von der gerichtlichen Eignungsprüfung an anderer Stelle (S. 257 – zu Nummer 54, Buchstabe b) mit einer anekdotischen Wiedergabe von Zweifeln an ihrer Effektivität:

„Ein Einschreiten der Bundesanstalt gegen unerlaubte Geschäfte führt oftmals zur Insolvenz der betroffenen Unternehmen. In diesem Fall muss ein Insolvenzverwalter bestellt werden. Dieser sollte als gesetzlicher Regelfall, der von der Bundesanstalt bestellte und überwachte Abwickler sein, soweit dieser die allgemeinen Voraussetzungen für eine Tätigkeit als Insolvenzverwalter erfüllt. Trotz seiner Befugnisse als Abwickler, die denen eines Geschäftsführers des abwicklungspflichtigen Unternehmens entsprechen, ist der Abwickler gerade kein Organ dieses Unternehmens und bietet daher in aller Regel die für einen Insolvenzverwalter erforderliche Neutralität. Bereits nach der aktuellen Rechtslage wäre es folgerichtig, den Abwickler auch zum Gutachter, zum vorläufigen und nach Verfahrenseröffnung zum endgültigen Insolvenzverwalter zu bestellen. Gleichwohl bestellen die Insolvenzgerichte aufgrund der Sorge, dass der Abwickler von einem Gläubigerausschuss als befangen abgelehnt werden könnte, bislang regelmäßig eine andere Person zum Insolvenzverwalter. Dabei zeigten sich die bestellten Insolvenzverwalter und Gutachter, die an die Stelle des von der Bundesanstalt bestellten Abwicklers traten, wiederholt überrascht von der Verfahrenskomplexität und schienen angesichts der zum Teil aufgewendeten kriminellen Energie der Betreiber unerlaubter Geschäfte nicht selten auch überfordert.

Die neue Regelung soll zu einer erheblichen Beschleunigung, Vereinfachung und Kostensenkung führen. Aufgrund seiner Tätigkeit als Abwickler sind ihm die Verhältnisse des Unternehmens sowie die Umstände, die zur Insolvenz geführt haben, bekannt. Durch die Nutzung seiner wertvollen Vorarbeiten würden bei Bestellung des Abwicklers zum Insolvenzverwalter Synergieeffekte erreicht.“

Die hier geäußerte Annahme, ein Abwickler werde „in aller Regel die für einen Insolvenzverwalter erforderliche Neutralität bieten“ verkennt den Umstand, dass er als Insolvenzverwalter auch über die eigene Haftung als Abwickler zu befinden hätte. Gerade weil seine Befugnisse als Abwickler denen eines Geschäftsführers des abwicklungspflichtigen Unternehmens entsprechen sind möglicherweise haftungsbegründende Vorgänge im Rahmen seiner Tätigkeit gesondert und gegebenenfalls auch gerichtlich zu überprüfen.

Nach § 38 Abs. 2a) S. 1 KWG erhält der Abwickler für seine Tätigkeit von der Bundesanstalt eine angemessene Vergütung und den Ersatz seiner Aufwendungen. Er ist demnach auch wirtschaftlich von einem Auftraggeber abhängig, der ihn in einem späteren Insolvenzverfahren vorschlagen soll. Nach § 38 Abs. 2 a) S. 2 u. 3 KWG sind die gezahlten Beträge der Bundesanstalt von der betroffenen juristischen Person oder Personenhandelsgesellschaft gesondert zu erstatten und auf Verlangen der Bundesanstalt vorzuschießen. Die Bundesanstalt kann die betroffene juristische Person oder Personenhandelsgesellschaft anweisen, den von der Bundesanstalt festgesetzten Betrag im Namen der Bundesanstalt unmittelbar an den Abwickler zu leisten, wenn dadurch keine Beeinflussung der Unabhängigkeit des Abwicklers zu besorgen ist. Die im Vorfeld einer Insolvenz auf diesem Wege angewiesenen Beträge können der Insolvenzanfechtung unterliegen. Der bestellte ehemalige Abwickler hätte in diesem Fall die eigene Vergütung an sich selbst als Insolvenzverwalter herauszugeben. § 45 Abs. 1 Nr. 2 BRAO formuliert in diesem Fall ein Tätigkeitsverbot für RechtsanwälteInnen, das wegen des Fehlens einer eigenständigen berufsrechtlichen Regelung im Bereich der InsolvenzverwalterInnen nach ständiger Rechtsprechung des BGH (AnwZ (Brfg) 24/14) lückenfüllend Anwendung fände, wenn, so wie in den meisten Fällen, RechtsanwältInnen als Abwickler und Insolvenzverwalter tätig werden würden.

Von einem Verzicht auf die gerichtliche Eignungsprüfung ist unter diesen Umständen dringend abzuraten.

 

IV. Zu Art. 1 Ziffer 54 b), Art. 16 Ziffer 1, Art. 19 Ziffer 5, Art. 21 Ziffer 3, Art. 22 Ziffer 11

Im Kreditwesengesetz (§37 Abs. 2), Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (§7 Abs. 3), Kreditzweitmarktgesetz (§ 38 Abs. 3), Kapitalanlagegesetzbuch (§15 Abs. 4) und Versicherungsaufsichtsgesetz (§308 Abs. 5) soll die bestehende Formulierung:

„Der Abwickler ist zum Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Unternehmens berechtigt.“

jeweils durch den folgenden Text ergänzt werden:

„Die vorangehende Tätigkeit als Abwickler und die Stellung des Insolvenzantrags durch den Abwickler stellen keine die Unabhängigkeit des Insolvenzverwalters ausschließende Vorbefassung dar. Soll der Abwickler nicht als Insolvenzverwalter bestellt werden, hat das zuständige Insolvenzgericht der Bundesanstalt Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.“

In Abweichung von der bereits zitierten Vorschrift des §56 Abs. 1 Nr. 2 InsO, der in dem Umstand der vorherigen Beratung allein noch keinen Ausschluss der Unabhängigkeit erkennt, wird in der hier vorgeschlagenen Formulierung die Vorbefassung als solche in Abrede gestellt.

Die Stellung eines Insolvenzantrags verstößt als Vorgehen gegen den Träger des verwalteten Vermögens gegen das oben bereits erwähnte Tätigkeitsverbot nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 BRAO. Die bisher geltende Vorschrift sieht hier eine Berechtigung zur Antragstellung vor stellt damit eine Ausnahme zu § 45 Abs.1 Nr. 2 BRAO dar. Setzt der ehemalige Abwickler seine Tätigkeit nach dem Insolvenzantrag als Insolvenzverwalter fort, so steht seine Vorbefassung außer Frage. Soweit die vorgeschlagene Regelung zur Vorbefassung als erweiterte Ausnahmevorschrift zu § 45 Abs.1 Nr. 2 BRAO gedacht sein sollte, dürfte sie diesen Zweck verfehlen. Eine notwendig restriktive Auslegung würde die Unabhängigkeit nach Vorbefassung als Abwickler nicht pauschal unterstellen können. Stattdessen wäre in jedem Einzelfall zunächst eine gerichtliche Prüfung der Vorbefassung geboten, um Umstände auszuschließen, die einer Bestellung im konkreten Fall entgegenstehen. Wegen der Vielzahl möglicher Fallgestaltungen wird auch eine Umformulierung nach dem Muster des § 56 Abs. 1 Nr.2 InsO nicht in Frage kommen.

In der Praxis wäre die gewählte Formulierung hochproblematisch, weil sie zum Ausschluss der meisten geeigneten Berufsträger führen würde. Sie sollte deshalb ersatzlos gestrichen werden.

Der nachfolgende Hinweis auf die Möglichkeit einer vom Vorschlag der Bundesanstalt abweichenden gerichtlichen Bestellungsentscheidung ist deshalb zu begrüßen. Er indiziert den Fortbestand einer gerichtlichen Eignungsprüfung, die an anderer Stelle (s. o.) offenbar ausgeschlossen werden soll.

 

V. Fazit

Mit seinen Vorschlägen zur Umgestaltung und Einschränkung von insolvenzgerichtlichen Bestellungsentscheidungen stößt der Referentenentwurf auf erhebliche rechtliche Bedenken. Die entsprechenden Formulierungen sollten im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens kritisch überprüft und eingeschränkt werden, um rechtliche Unsicherheiten möglichst auszuschließen. Dies gilt auch für die Vorschläge zur Verschwiegenheit von SachwalterInnen, die dringend um einen einschränkenden Hinweis auf die Pflicht zur Gläubigerinformation nach § 5 InsO ergänzt werden sollten.

 

Berlin, 09.09.2025

 

Kontakt:

Verband Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands e.V. (VID)
Am Zirkus 3
10117 Berlin
Tel.: 030/ 20 45 55 25
E-Mail: info@vid.de / Web: www.vid.de

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