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Stellungnahme:

10.05.2023

RefE des Zukunftsfinanzierungsgesetzes (ZuFinG)

Stellungnahme des VID - Verband Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands e.V. zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Finanzierung von zukunftssichernden Investitionen (Zukunftsfinanzierungsgesetz – ZuFinG)

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A. Einleitung

Der vorliegende Referentenentwurf[1] (nachfolgend Entwurf) dient der Finanzierung zukunftssichernder Investitionen. So sollen zahlreiche Anreize für Investitionen in die deutsche Wirtschaft geschaffen werden, um langfristig die Leistungsfähigkeit des Kapital- und Finanzmarkts zu stärken.[2]

Das Artikelgesetz ändert 29 verschiedene Gesetze bzw. Verordnungen, mitunter auch solche die insolvenzrechtliche Bezüge aufweisen. So sieht der Entwurf in Art. 19 des ZuFinG, der die Änderungen des KWG betrifft, die Einführung besonderer Pflichten bei der Verwahrung von Kryptowerten vor.[3]

Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich auf die insolvenzrechtlichen Bezüge der geplanten Änderungen im eWpG und im KWG.

 

B. Im Einzelnen

I. Änderungen des eWpG

Vorab ist anzumerken, dass an dieser Stelle grundsätzlich keine sehr hohe Relevanz für die alltägliche Insolvenzverwalterpraxis besteht.

Der Entwurf sieht vor, dass Namensaktien künftig in beiden Formen elektronischer Wertpapiere nach dem eWpG begeben werden können, d.h. als Zentralregisterwertpapiere und als Kryptowertpapiere. Nicht erfasst sind hingegen Inhaberaktien, also Aktien, welche allein den jeweiligen Inhaber und nicht eine namentlich genannte Person ausweisen. Die Änderungen erfolgen punktuell im eWpG, das bereits von Beginn an so formuliert wurde, dass eine spätere Einführung elektronischer Aktien problemlos erfolgen kann.

Die Entwurfsbegründung führt dazu aus:

„Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Namensaktien künftig in beiden Formen elektronischer Wertpapiere nach dem eWpG begeben werden können, d.h. als Zentralregisterwertpapiere und als Kryptowertpapiere. Die Begebung von Inhaberaktien auch als Kryptowertpapiere würde hingegen eine Vielzahl gesellschafts- als auch geldwäscherechtlicher Fragestellungen aufwerfen, so dass der Gesetzentwurf zu Inhaberaktien eine Beschränkung der elektronischen Begebung auf Zentralregisterwertpapiere vorsieht. Für die Einführung von elektronischen Aktien sind punktuelle Änderungen des eWpG und des Aktiengesetzes ausreichend. Das eWpG war bereits von Beginn an so formuliert worden, dass eine spätere Einführung von elektronischen Aktien problemlos erfolgen kann. Änderungen im Aufsichtsrecht sind im Zusammenhang mit der Einführung elektronischer Aktien nicht erforderlich. Insbesondere ändert sich die Aufsicht durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht über registerführende Stellen nicht dadurch, dass in einem Kryptowertpapierregister nicht mehr ausschließlich elektronische Inhaberschuldverschreibungen eingetragen werden, sondern auch (oder nur) elektronische Namensaktien.“[4]

sowie

„Elektronische Inhaberaktien sollen nur als Zentralregisteraktien zulässig sein. Dagegen sollen elektronische Namensaktien sowohl als Zentralregisteraktien als auch als Kryptoaktien ausgegeben werden dürfen. Hiermit wird der Entwicklung der vergangenen Jahre Rechnung getragen, dass Namensaktien international zum vorherrschenden Modell der Anteilsbegebung geworden sind. Eine Öffnung für mittels der Blockchain-Technologie oder vergleichbarer Technologien begebene Inhaberaktien würde komplexe Probleme mit sich bringen, die nicht so schnell zu lösen sind. Zum einen würde die Geldwäscheüberwachung bei Krypto-Inhaberaktien erheblich erschwert sein. Bei verbrieften Inhaberaktien kann der international teilweise erhobenen Kritik, dass bei den in Deutschland verbreiteten Inhaberaktien der wirtschaftlich Berechtigte schwer festzustellen sei, entgegengehalten werden, dass in Deutschland Inhaberaktien lückenlos auf Depotkonten verbucht werden müssen, die von beaufsichtigten Intermediären geführt werden. Bei Kryptoaktien, die in ein mittels der Blockchain-Technologie oder vergleichbarer Technologien geführtes Kryptowertpapierregister eingetragen sind, sind aber nun Intermediäre für das Halten und Verfügen gerade nicht mehr erforderlich. Es könnte kaum kontrolliert werden, an wen ein sog. „private key“ weitergegeben wird, mit dem Ein- und Umtragungen im Kryptowertpapierregister veranlasst werden können. Zum anderen stellen sich komplexe gesellschaftsrechtliche Fragen, die bislang allenfalls theoretisch erörtert, aber in der Praxis noch nicht erprobt wurden. Es müssten die rechtlichen Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden, ohne dass bislang Erfahrungswerte für eine derartige Nutzung der Blockchain-Technologie vorliegen.“[5]

Die Vermeidung von Geldwäsche ist ein relevanter Aspekt bei der Einführung elektronischer Wertpapiere. Zwar ist vorgesehen, dass (elektronische) Namensaktien künftig in beiden Formen elektronischer Wertpapiere nach dem eWpG begeben werden können, d.h. als Zentralregisterwertpapiere und als Kryptowertpapiere. Jedoch werden keine elektronischen Inhaberaktien zugelassen. Somit sollen elektronische Inhaberaktien nur als Zentralregisteraktien zulässig sein.

Dies ist aus insolvenzrechtlicher Sicht begrüßenswert. Der Insolvenzverwalter hat schuldnerisches Vermögen zu sichern und zu Gunsten der Gläubiger zur Masse zu ziehen, bzw. zu verwerten. In der Praxis ist gerade die Aufklärung von Sachverhalten rund um digitale Assets schwierig. Nicht selten stellt sich die Frage der Identifizierung des Inhabers eines Rechts und somit die Zuordnung zum schuldnerischen Vermögen. Inhaberaktien, deren Berechtigter grundsätzlich nicht registriert werden muss, sondern der seine Berechtigung an die Inhaberschaft knüpft, erschweren die Sicherung und Verwertung durch den Insolvenzverwalter.

Daher ist es gut und richtig, vorerst keine elektronischen Inhaberaktien zuzulassen.

 

II. Änderungen des KWG

1. § 26b KWG-E (Vermögenstrennung)

Durch §  26b  Abs.  1  KWG-E soll der Kryptoverwahrer zur Vermögenstrennung von Kryptowerten seiner Kunden und seinen eigenen sowie deren Bestimmbarkeit verpflichtet werden:

„(1) Ein Institut, das das Kryptoverwahrgeschäft betreibt, hat sicherzustellen, dass die Kryptowerte und privaten kryptographischen Schlüssel getrennt von den Kryptowerten und privaten kryptographischen Schlüsseln des Instituts verwahrt werden. Werden Kryptowerte mehrerer Kunden gebündelt verwahrt (gemeinschaftliche Verwahrung), ist sicherzustellen, dass sich die den einzelnen Kunden zustehenden Anteile am gemeinschaftlich verwahrten Gesamtbestand jederzeit bestimmen lassen.

(2) Das Institut hat sicherzustellen, dass über die verwahrten Kryptowerte und privaten kryptographischen Schlüssel ohne ausdrückliche Einwilligung des Kunden nicht für eigene Rechnung des Instituts oder für Rechnung einer anderen Person verfügt werden kann.“[6]

Mit der Regelung wird das Ziel verfolgt, die Grundsätze der fremdnützigen Treuhand für in Deutschland ansässige Institute, die das Kryptoverwahrgeschäft betreiben, gesetzlich zu etablieren. Zugleich definiert §  26b  Abs.  1  S.  2  KWG-E die gebündelte Verwahrung von Kryptowerten mehrerer Kunden als „gemeinschaftliche Verwahrung“.

Gemeint ist die Verwahrung von Kryptowerten auf einer omnibus wallet, welche weiterhin zulässig sein wird, soweit dort eine Trennung von Werten des Kryptoverwahrers stattfindet (§  26b  Abs.  1  S.  1  KWG-E).[7] Tatsächlich stünde §  26b  Abs.  1  KWG-E im Einklang mit der Vorschrift des Art. 67 Abs. 7 der MiCA-VO[8], welche in Kürze in Kraft treten wird.[9]

§ 26b Abs. 2 KWG-E gibt dem Kryptoverwahrer die Möglichkeit, über Kryptowerte seiner Kunden auch für eigene Rechnung oder für Rechnung einer anderen Person zu verfügen. Hierfür ist die „ausdrückliche Einwilligung“ des Kunden erforderlich. Diese Regelung erweitert das Angebotsspektrum der Institute erheblich und wird im Ergebnis interessengerechtere Lösungen ermöglichen. Allerdings ist nicht näher erklärt, welche Anforderungen an die „ausdrückliche Einwilligung“ zu stellen sind. Die Begründung verhält sich hierzu nicht weiter.[10]

Das Spannungsfeld ist groß, da vom Bestehen oder Nichtbestehen der Einwilligung des Kunden letztlich auch seine Aussonderungsrechte abhängig sein werden (→ hierzu unter b)). Im Insolvenzfall ist der Insolvenzverwalter ggf. gehalten, die Rechtmäßigkeit einer solchen Einwilligung zu überprüfen. Dies kann umso aufwendiger sein, je unschärfer die gesetzlichen Anforderungen sind.

Nach hiesiger Auffassung ist daher die Verpflichtung der Kryptoverwahrer zur Vermögenstrennung von Kryptowerten seiner Kunden und seiner eigenen nach § 26b Abs. 1 KWG-E positiv. Ergänzend würde eine Anforderung in § 26b Abs. 2 KWG-E zur ausdrücklichen Einwilligung „schriftlich oder elektronisch“ Rechtssicherheit schaffen. Davon würden Kryptoverwahrer und deren Kunden gleichermaßen profitieren.

 

2. §  46i  Abs.  1 und Abs.  2  KWG-E (Zuordnung verwahrter Kryptowerte)

Weiterhin wird die Einführung eines § 46i Abs. 1 KWG-E vorgeschlagen.[11] Der Entwurf bemüht das „Vermögenstrennungsgebot“ für Kryptoverwahrinstitute, welches rechtfertige, die verwahrten Werte und Schlüssel dem Vermögen des Kunden auch haftungsrechtlich zuzuordnen.

Hiernach gelten im Rahmen eines Kryptoverwahrgeschäfts für einen Kunden verwahrte Kryptowerte als dem Kunden „gehörig“:

„(1) Der im Rahmen eines Kryptoverwahrgeschäfts für einen Kunden verwahrte Kryptowert gilt als dem Kunden gehörig. Das gilt nicht, wenn der Kunde die Einwilligung zu Verfügungen über den Wert für Rechnung des Instituts oder Dritter erteilt hat.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für den dem Kunden zustehenden Anteil an Kryptowerten in gemeinschaftlicher Verwahrung sowie für isoliert verwahrte private kryptographische Schlüssel.

(…)“

Der Entwurf beabsichtigt damit die Einführung einer gesetzlichen Fiktion und vermeidet zugleich mit der bewusst allgemein gehaltenen Formulierung eine nähere Auseinandersetzung mit der Rechtsnatur und dem genauen Anspruchscharakter.

Die gleiche Fiktion soll nach dem §  46i  Abs.  2  Alt.  1  KWG-E auch für solche Anteile von Kryptowerten gelten, die sich in gemeinschaftlicher Verwahrung befinden. Insoweit wird die Fiktion unmittelbar mit §  26b  Abs.  1  S.  2 KWG-E und den dort geregelten Pflichten verknüpft.

Durch die Zugehörigkeitsfiktion des §  46i  KWG-E wäre bei einem vollstreckungsrechtlichen Zugriff auf die verwahrten Kryptowerte eine Drittwiderspruchsklage der Kunden gemäß §  771  ZPO möglich. Im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Verwahrers steht dann den Kunden insoweit auch ein Aussonderungsrecht gemäß §  47  InsO zu.[12]

Diese Regelung ist grundsätzlich begrüßenswert, denn sie schafft Klarheit sowohl für Kryptoverwahrer und deren Kunden, als auch für den Insolvenzverwalter. Diese Regelungslücke wurde bereits in der Literatur aufgezeigt.[13]

Ein Unterschied zu §  26b  Abs.  2  KWG-E ist jedoch auffällig, obgleich sich die Entwurfstexte sehr ähneln. Anknüpfungspunkt ist jeweils die Einwilligung des Kunden. Hier soll nach dem Wortlaut des Entwurfs eine bloße Einwilligung ausreichen. In §  26b  Abs.  2  KWG-E hingegen soll eine ausdrückliche Einwilligung erforderlich sein. Die ungleiche Formulierung lässt Raum für Spekulation. Nach hiesiger Auffassung würde auch hier eine Anforderung „schriftlich oder elektronisch“ Rechtssicherheit bringen. Im Ergebnis wird die Zugehörigkeitsfiktion des § 46i KWG-E indes klar begrüßt.

 

3. §  46i  Abs.  3  KWG-E (Kosten der Aussonderung)

Zudem regelt §  46i  Abs.  3  KWG-E die Kosten der Aussonderung. Diese soll der Kunde tragen, sofern die Aussonderung nicht im Wege der Übertragung des Werts oder des Schlüssels auf ein anderes Institut erfolgen soll, das das Kryptoverwahrgeschäft betreibt:

„Verlangt der Kunde im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Instituts die Aussonderung und soll die Aussonderung nicht durch Übertragung auf ein anderes Institut erfolgen, das das Kryptoverwahrgeschäft betreibt, trägt der Kunde die Kosten der Aussonderung.“

Eine Regelung entsprechend des Absatzes  3 findet sich – allerdings in deutlich klarerer Form – auch im schweizerischen Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) in Art. 242a Abs. 4 SchKG:

„Die Kosten für die Herausgabe sind von demjenigen zu übernehmen, der diese verlangt. Die Konkursverwaltung kann einen entsprechenden Vorschuss verlangen.“ [14]

Hiernach sind sämtliche Kosten für die Herausgabe von dem fordernden Gläubiger zu übernehmen. Der vorgeschlagene § 46i Abs. 3 KWG-E ist also im Vergleich mit dem schweizerischen SchKG attraktiver für den Aussonderungsgläubiger.

§ 46i Abs. 3 KWG-E belastet Insolvenzverwalter und die Insolvenzmasse und damit die anderen Gläubiger stärker, als es in anderen Rechtsordnungen vorgesehen ist. Angesichts des in der Praxis regelmäßig beachtlichen und nicht selten hohen administrativen Aufwands in den Insolvenzverwalterbüros ist es geboten, die Kosten insgesamt auf denjenigen zu verlagern, der das Geschäft ursprünglich initiiert und damit den späteren Aussonderungsaufwand auch verursacht hat. Das ist der die Aussonderung verlangende Kunde, bzw. Tokenuser. Da gerade Geschäfte mit digitalen Assets meist international sind, ist es gerechtfertigt, auch international angepasst, Kosten zu verteilen. Als Beispiel dient das schweizerische Gesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (s.o.).

Ergänzend sei erwähnt, dass es hier nur um Kosten geht, nicht um Honorare. Die Kosten sind am effektiven Aufwand auszurichten und mögen im Einzelfall im zweistelligen Euro-Bereich liegen. Dazu wird sich rasch Rechtsprechung entwickeln, sollte das Gesetz hier keine Beträge verankern.

Nach dem aktuellen – kritisierten – Entwurf setzt eine Kostentragung durch die Insolvenzmasse voraus, dass der Kunde die Übertragung seiner Kryptowerte auf ein anderes Institut verlangt, das ebenfalls das Kryptoverwahrgeschäft betreibt. Es stellt sich mithin die Frage, warum er zwingend ein anderes Institut involvieren muss und warum der Entwurf eine – kostenfreie – Übertragung auf eine eigene Wallet des Kunden oder eines von ihm benannten Dritten nicht vorsieht. In Fällen, in denen ein Kunde eine eigene Wallet nutzt, sind durch die Regelung Rückfragen der Kunden vorprogrammiert, die sich zuallererst an den Insolvenzverwalter wenden und dort Erklärungs- und Mehraufwand verursachen.

Hintergrund des §  46i  Abs.  3  KWG-E ist eine partielle Kostenschonung der Insolvenzmasse. In der Begründung des Entwurfs heißt es hierzu ausdrücklich: „Die Insolvenzmasse soll nicht durch den Aufwand und die Kosten belastet werden, die insbesondere mit der Aufteilung gemeinschaftlich verwahrter Werte verbunden sein können.“[15] Diese Aufteilung findet jedoch auch dann statt, wenn ein Kunde seinen – gemeinschaftlich verwahrten – Wert auf ein anderes Institut übertragen lässt. Der Wortlaut des Entwurfs geht insoweit an der Begründung vorbei. Die Ungleichbehandlung ist offensichtlich.

§ 46i Abs. 3 KWG-E hat zugleich eine rechtspolitische Dimension. Denn im Fall der Insolvenzeröffnung über das Vermögen eines Kryptoverwahrers reagierte der Kryptomarkt in der Vergangenheit hochsensibel. Kursfälle und Folgeinsolvenzen können auftreten. Die geplanten Neuregelungen dürften daran nichts ändern. §  46i  Abs.  3  KWG-E dürfte nur einen marginalen Anreiz schaffen, sich als Kunde eines insolventen Kryptoverwahrers ein neues Kundenkonto bei einem anderen Kryptoverwahrer einrichten zu lassen. Wahrscheinlich werden die Kunden den Insolvenzverwalter auffordern, ihre Werte auch ohne Involvierung eines weiteren Instituts auszusondern.

Es besteht kein Bedürfnis, für das Aussonderungsbegehren der Kunden die Einschaltung eines weiteren Kryptoverwahrers zu incentivieren. Soweit Kunden eine eigene Walletadresse verwalten, wäre in Anbetracht des vergleichbaren Aufwands für den Insolvenzverwalter folgende Formulierung interessengerechter:

(3) Verlangt der Kunde im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Instituts die Aussonderung und soll die Aussonderung nicht durch Übertragung der Kryptowerte auf den Kunden, einen von ihm benannten Dritten oder auf ein anderes Institut erfolgen, das das Kryptoverwahrgeschäft betreibt, trägt der Kunde die Kosten der Aussonderung.“

Diese Formulierung würde deutlich machen, dass die Übertragung der verwahrten Kryptowerte auch unmittelbar auf den Kunden, besser auf eine Walletadresse /Einzahladresse des Kunden oder eines von ihm benannten Dritten erfolgen kann.

Vorzugswürdig ist und bleibt jedoch eine vollständige Kostentragung des die Aussonderung fordernden Gläubigers:

(3) Verlangt der Kunde im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Instituts die Aussonderung und soll die Aussonderung nicht durch Übertragung auf ein anderes Institut erfolgen, das das Kryptoverwahrgeschäft betreibt, trägt der Kunde die Kosten der Aussonderung.“

 

C. Fazit

Der Entwurf stellt einen wichtigen Beitrag dar, um künftig die Kundenrechte – vor allem in der Insolvenz des Verwahrers – zu schützen. Er greift den Regelungen der MiCA-VO [16] vor und würde bei Umsetzung die dort gefassten Regeln zur Vermögenstrennung und zur Bestimmbarkeit, welche auf europäischer Ebene ohnehin zu beachten wären, in das deutsche Recht integrieren.

Wie dem Aussonderungsrecht auch dann Geltung verschafft werden kann, wenn der Kryptoverwahrer gegen seine Pflichten zur Vermögenstrennung und Bestimmbarkeit (§ 26b KWG-E) verstoßen hat, ist in der Praxis fraglich. In diesem Fall ist es zumindest nicht ausgeschlossen, dass der Aussonderungsgläubiger (Kunde) trotz der Bestimmungen des § 46i KWG-E – aufgrund faktischer Unmöglichkeit – keine Aussonderung seiner Kryptowerte erreicht. Dann stellen sich komplexe Fragen einer möglichen Ersatzaussonderung gemäß § 48 InsO. Es wird Aufgabe der Finanzaufsicht sein, die Einhaltung der besonderen Pflichten des §  26b  KWG-E zu gewährleisten.

 

Berlin, 10.05.2023

Kontakt:

Verband Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands e.V. (VID)
Am Zirkus 3
10117 Berlin
Tel.: 030/ 20 45 55 25
E-Mail: info@vid.de / Web: www.vid.de

 

[1] Entwurf vom 12.04.2023, abrufbar unter https://www.bmj.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/Zukunftsfinanzierungsgesetz.html.

[2] Entwurf, S. 1 unter „A. Problem und Ziel“.

[3] Entwurf, S. 33, Art. 19 Nr. 6.

[4] Vgl. Entwurfsbegründung, S. 55.

[5] Vgl. Entwurfsbegründung, S. 92.

[6] Vgl. Entwurf, S. 33.

[7] Vgl. Entwurfsbegründung, S. 119 zu Art. 19 Nr. 6.

[8] Abrufbar unter: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A52020PC0593 (Abruf am 10.05.2023).

[9] Die MiCA-VO tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft, Art. 126 Abs. 1 MiCA-VO. Geltung erlangt die VO nach weiteren 18 Monaten, Art. 126 Abs. 2 MiCA-VO. Ausgenommen sind Bestimmungen über E-Geld-Token und wertreferenzierte Token, die bereits ab dem Tag des Inkrafttretens der Verordnung gelten sollen.

[10] Vgl. Entwurfsbegründung, S. 119 zu Art. 19 Nr. 6.

[11] Entwurf, S. 34, Art. 19 Nr. 10.

[12] Vgl. Entwurfsbegründung, S. 119 zu Art. 19 Nr. 10.

[13] Ausführlich hierzu: d’Avoine/Hamacher, Die Insolvenz des Kryptoverwahrers, ZIP 2022, 2214 ff.

[14] Abrufbar unter: https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/11/529_488_529/de (Abruf am 10.05.2023).

[15]  Vgl. Entwurfsbegründung, S. 120 a.E. zu Art. 19 Nr. 10.

[16] Siehe oben unter B.II.1.

 

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