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Stellungnahme:
18.07.2025
Mit dem Referentenentwurf sollen insbesondere Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch sowie im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch umgesetzt werden.
Im Erwägungsgrund 13 der Richtline wird zur Umsetzung ausgeführt:
„Eine vollständige Harmonisierung ist notwendig, um allen Verbrauchern in der Union ein hohes und vergleichbares Maß an Schutz ihrer Interessen zu gewährleisten und um einen gut funktionierenden Binnenmarkt zu schaffen. Vorbehaltlich gegenteiliger Bestimmungen dieser Richtlinie, sollte es den Mitgliedstaaten deshalb nicht erlaubt sein, von dieser Richtlinie abweichende nationale Bestimmungen beizubehalten oder einzuführen.“
Vor dem Hintergrund dieses Vollharmonisierungsansatzes kommt der Umsetzung dort besondere Bedeutung zu, wo einzelne Umsetzungsmaßnahmen mit anderen Regelwerken des nationalen Rechts in einer Wechselwirkung verbunden sind oder mit diesen konkurrieren. Dieser Aspekt soll im Nachstehenden für die Beziehung mit dem Insolvenzrecht deutlich gemacht werden.
Mit einem neu geschaffenen § 497a Abs. 2 BGB soll eine Pflicht des Kreditgebers zur Nachsicht geschaffen werden. Diese Pflicht tritt neben die in § 497a Abs. 1 BGB ebenfalls neu geschaffene Pflicht den Kreditnehmer, der Schwierigkeiten bei der Erfüllung seiner finanziellen Verpflichtungen hat, an Schuldnerberatungsdienste nach dem Gesetz über den Zugang zu Schuldnerberatungsdiensten für Verbraucher zu verweisen, die für den Darlehensnehmer leicht zugänglich sind.
Zu der neuen Verpflichtung führt Erwägungsgrund 79 der Richtlinie aus:
„Angesichts der erheblichen Folgen des Zwangsvollstreckungsverfahrens für Kreditgeber und Verbraucher und möglicherweise für die Finanzstabilität ist es notwendig, dass Kreditgeber ein entstehendes Kreditrisiko proaktiv in einem frühen Stadium angehen und die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass sie je nach Sachlage angemessene Nachsicht walten lassen, bevor ein Zwangsvollstreckungsverfahren eingeleitet wird. Bei der Entscheidung darüber, ob es angezeigt ist, Nachsichtsmaßnahmen zu ergreifen, oder ob es gerechtfertigt ist, sie wiederholt anzubieten, sollte der Kreditgeber unter anderem den individuellen Umständen des Verbrauchers wie etwa seinen Interessen und Rechten, seiner Fähigkeit zur Rückzahlung des Kredits und seinem angemessenen Bedarf zur Deckung seiner Lebenshaltungskosten Rechnung tragen, und der Kreditgeber sollte die Kosten für den Verbraucher im Falle eines Zahlungsausfalls begrenzen. Insbesondere wenn der Verbraucher auf das Angebot des Kreditgebers innerhalb einer angemessenen Frist nicht reagiert, sollte der Kreditgeber nicht verpflichtet sein, wiederholt Nachsichtsmaßnahmen anzubieten.“
Zu ihrem Inhalt ergänzt Erwägungsgrund 80 der Richtlinie:
„Werden Nachsichtsmaßnahmen für angezeigt erachtet, so sollten sie eine Änderung der Bedingungen des ursprünglichen Kreditvertrags umfassen und könnten unter anderem eine vollständige oder anteilige Umschuldung eines Kreditvertrags umfassen. Die Änderung dieser Bedingungen könnte unter anderem Folgendes umfassen: Verlängerung der Laufzeit des Kreditvertrags, Änderung der Art des Kreditvertrags, Zahlungsaufschub für alle oder einen Teil der Rückzahlungsraten in einem bestimmten Zeitraum, Herabsetzung des Sollzinssatzes, Angebot einer Zahlungsunterbrechung, Teilrückzahlungen, Währungsumrechnung sowie Teilerlass und Schuldenkonsolidierung.“
Die Vorschrift des § 497a Abs. 2 BGB (neu) übernimmt diese Vorgaben für das deutsche Recht:
Der Darlehensgeber muss, sofern angebracht, angemessene Nachsicht walten lassen, bevor er ein Zwangsvollstreckungsverfahren zur Durchsetzung seiner Ansprüche im Zusammenhang mit einem Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag einleitet. Die gegebenenfalls zu ergreifenden Maßnahmen der Nachsicht müssen unter anderem den individuellen Umständen des jeweiligen Darlehensnehmers Rechnung tragen. Sie können unter anderem aus einer vollständigen oder anteiligen Umschuldung des Darlehens bestehen und umfassen eine Änderung der Bedingungen des Darlehensvertrags, die unter anderem Folgendes umfassen kann:
bestimmten Zeitraum,
In der Begründung zu § 497a Abs.2 BGB (neu) führt der Referentenentwurf aus:
„§ 497a Absatz 2 BGB-neu dient der Umsetzung von Artikel 35 Absatz 1 der Verbraucherkredit-RL-neu und schreibt vor, dass Darlehensgeber bei Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen vor der Einleitung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen verpflichtet sind, zugunsten des Darlehensnehmers angemessene Nachsicht walten zu lassen, wenn es nach der Sachlage angezeigt ist. Die Verpflichtung zur Ergreifung von Nachsichtsmaßnahmen lässt das geltende Zwangsvollstreckungsrecht unberührt. Die Umsetzung entspricht grundsätzlich den bisher bereits in § 18a Absatz 8b KWG bestehenden aufsichtsrechtlichen Vorgaben, allerdings mit dem Unterschied, dass nunmehr auch ein Anspruch des Darlehensnehmers auf etwaige angemessene Nachsicht begründet wird. Daher ist eine zivilrechtliche Regelung erforderlich. Der Wortlaut der Richtlinienvorgabe hat sich insofern im Vergleich zur Verbraucherkredit-RL-alt in der Fassung, die durch die Richtlinie (EU) 2021/2167 in der Fassung vom 24. November 2021 (vgl. ABl. L 438 vom 8.12.2021, S. 1) erhalten hat, verändert. Dem ist im deutschen Umsetzungsrecht Rechnung zu tragen.
Bei der Entscheidung, ob und welche Maßnahmen der Nachsicht ergriffen werden, hat der Darlehensgeber die individuellen Umstände des Darlehensnehmers, seine Interessen und Rechte, seine Fähigkeit zur Rückzahlung des Darlehens sowie seinen angemessenen Bedarf zur Deckung seiner Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen. Grundsätzlich können alle denkbaren Maßnahmen ergriffen werden, unter anderem auch die explizit erwähnte vollständige oder anteilige Umschuldung des Darlehens. Nach der Vorgabe aus der Verbraucherkredit-RL-neu ist dabei zumindest eine Änderung des Darlehensvertrags erforderlich. Änderungen können konkret etwa die in § 497a Absatz 2 Satz 3 Nummern 1 bis 8 BGB-neu einzeln aufgelisteten vertraglichen Maßnahmen umfassen. Diese Maßnahmen entsprechen grundsätzlich den aufsichtsrechtlichen Vorgaben, die bereits in § 18a Absatz 8b KWG aufgeführt sind. Hierdurch wird Artikel 35 Absatz 1 Unterabsatz 3 Buchstabe b der Verbraucherkredit-RL-neu umgesetzt.
Es steht den Vertragsparteien außerdem – wie schon bisher – frei, zu vereinbaren, dass die Übertragung von Waren, die Gegenstand eines verbundenen Darlehensvertrags sind, oder die Weiterleitung des Erlöses aus der Veräußerung solcher Waren an den Darlehensgeber für die Rückzahlung des Darlehens ausreicht. Eine ausdrückliche Umsetzung des Artikels 35 Absatz 5 der Verbraucherkredit-RL-neu ist daher nicht erforderlich.“
§ 497 a Abs. 4 BGB (neu) schränkt die neue Verpflichtung bei Wiederholungsfällen ein:
„Der Darlehensgeber ist, außer in begründeten Fällen, nicht verpflichtet, wiederholt Maßnahmen der Nachsicht nach Absatz 2 anzubieten.“
Die Begründung von § 497a Abs.4 BGB (neu) erläutert hierzu:
„§ 497a Absatz 4 BGB-neu setzt Artikel 35 Absatz 1 Unterabsatz 1 Satz 3 der Verbraucherkredit-RL-neu um und bestimmt, dass Darlehensgeber nur in begründeten Fällen verpflichtet sind, wiederholt Maßnahmen nach § 497a Absatz 2 BGB-neu anzubieten. Insbesondere wenn der Darlehensnehmer auf das Angebot des Darlehensgebers nicht innerhalb einer angemessenen Frist reagiert, ist der Darlehensgeber nicht verpflichtet, erneut entsprechende Maßnahmen anzubieten.
Bei der Prüfung, ob es gerechtfertigt ist, eine wiederholte Maßnahme anzubieten, ist unter anderem den individuellen Umständen des Darlehensnehmers Rechnung zu tragen. Grundsätzlich kann dabei auch zu berücksichtigen sein, wie viel Zeit seit einem Angebot von Maßnahmen nach § 497a Absatz 2 BGB-neu vergangen ist. Je mehr Zeit vergangen ist, desto eher kann im Einzelfall auch ein erneutes Angebot erforderlich sein.“
Diese Verpflichtung zur Nachsicht wirft mit Blick auf § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO eine Reihe von Fragen auf. Dort wird eine Pflicht des Schuldners zur Vorlage einer Bescheinigung formuliert, die von einer geeigneten Person oder Stelle auf der Grundlage persönlicher Beratung und eingehender Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schuldners ausgestellt ist und aus der sich ergibt, dass eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung auf der Grundlage eines Plans innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Eröffnungsantrag erfolglos versucht worden ist.
Dieses außergerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren wird ergänzt durch die gesetzliche Vermutung des § 305a InsO, nach der ein Versuch, eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern über die Schuldenbereinigung herbeizuführen, als gescheitert gilt, wenn ein Gläubiger die Zwangsvollstreckung betreibt, nachdem die Verhandlungen über die außergerichtliche Schuldenbereinigung aufgenommen wurden.
Nach dem Willen des Entwurfsverfassers kann und soll dem außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren künftig eine Nachsichtmaßnahme vorausgehen. § 498 Abs.1 Satz 3 BGB (neu) verpflichtet den Kreditgeber dazu, die Nachsichtsmaßnahme spätestens mit der Fristsetzung anzubieten.
Damit stellt sich die Frage, welche Wirkungen ein durchgeführtes Nachsichtverfahren auf das spätere Schuldenbereinigungsverfahren haben soll. Die Begründung zu Nummer 18 (§ 498 BGB-neu) führt in diesem Zusammenhang aus:
„Der neue, zusätzliche Satz 3 in § 498 Absatz 1 BGB-neu regelt, dass der Darlehensgeber etwaige nach § 497a Absatz 2 BGB-neu erforderliche Nachsichtsmaßnahmen dem Darlehensnehmer im Falle einer Gesamtfälligstellung bei Teilzahlungsdarlehen spätestens zum Zeitpunkt der Fristsetzung nach § 498 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 BGB anzubieten hat. Im Rahmen dieses Rechtsgrundverweises auf § 497a Absatz 2 BGB-neu gelten auch die Ausnahmen gemäß § 497a Absatz 3 und 4 BGB-neu entsprechend. Daher gilt insbesondere, dass der Darlehensgeber nur in begründeten Fällen verpflichtet ist, wiederholt Maßnahmen nach § 497a Absatz 2 BGB-neu anzubieten. Sofern der Darlehensgeber daher im Rahmen der hiesigen Vorgabe Nachsichtsmaßnahmen anbietet, ist er gegebenenfalls nicht verpflichtet, im Rahmen einer anschließend rechtswirksam erklärten Kündigung oder auch vor einer anschließenden Zwangsvollstreckung erneut entsprechende Nachsichtsmaßnahmen anzubieten.“
Die gesetzliche Vermutung des § 305a InsO (s. oben) gilt bislang nur für einen außergerichtlichen Einigungsversuch mit allen Gläubigern. In der Praxis werden jedoch Forderungen von Verbraucherkreditgebern, die eine oder sogar mehrere Nachsichtsmaßnahmen angeboten haben, einen wesentlichen oder sogar überwiegenden Teil der Verpflichtungen des Schuldners ausmachen.
Daher würde es sich anbieten, die gesetzliche Vermutung des § 305a InsO auf den Fall einer oder mehrerer erfolglos angebotener oder gescheiterter Nachsichtsmaßnahmen zu erstrecken und damit eine Beschleunigung der Verbraucherinsolvenzverfahren herbeizuführen.
Stattdessen bleiben Schuldner und Gläubiger gezwungen, auch nach einer erfolglos angebotenen oder gescheiterten Nachsichtsmaßnahme einen außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuch gemäß § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO durchzuführen, bevor der Schuldner schließlich ein Verbraucherinsolvenzverfahren beantragen kann. Gläubiger können dies nach § 305a InsO durch eigene Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nur insoweit verkürzen, wie es eine bereits gewährte Nachsicht gegenüber dem Schuldner erlaubt. Enthält die Nachsichtsmaßnahme einen Zahlungsaufschub oder eine Zahlungsunterbrechung, verhindert dies die Zwangsvollstreckung, obwohl die Einleitung des außergerichtlichen Schuldbereinigungsverfahrens bereits hinreichend deutlich macht, dass der mit der Nachsichtsmaßnahme bezweckte Erfolg nicht eingetreten ist.
Eine kautelarjuristische Lösung durch entsprechende Kündigungsklauseln in der Nachsichts-maßnahme wird nur dann in Frage kommen, wenn der Schuldner in seinem Bereinigungsversuch dem betroffenen Verbraucherkreditgeber einen Einigungsvorschlag macht, der über die bereits vereinbarte Nachsicht hinausgeht. Bleibt der Einigungsvorschlag dagegen in den Grenzen der gewährten Nachsicht, dürfte es gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn der Verbraucherkreditgeber den Vorschlag zum Anlass einer Kündigung bereits gewährter Nachsichtsmaßnahmen macht.
Dieses Ergebnis widerspricht dem Ziel des RefE, mit § 497a Abs. 4 BGB (neu) eine wiederholte Inanspruchnahme von Verbraucherkreditgebern einzuschränken. Leider gibt die Begründung der Vorschrift keine klare Antwort auf die Frage des zeitlichen Abstands, in dem nach einem Nachsichtangebot ein erneutes Nachsichtsangebot erforderlich ist. Das Angebot einer Nachsichtsmaßnahme wird jedoch nur in seltenen Fällen einem späteren außergerichtlichen Schuldenbereinigungsversuch um viele Monate oder Jahre vorausgehen. Die in § 497a Abs.1 BGB (neu) vorgesehene Verpflichtung des Kreditgebers, den betroffenen Schuldner an Schuldnerberatungsdienste nach dem Gesetz über den Zugang zu Schuldnerberatungsdiensten für Verbraucher zu verweisen, steht künftig einem längeren Hinauszögern entgegen. Kommt der Kreditgeber dieser Pflicht nach, so kann ihm ein individuelles Abwehrverhalten des betroffenen Schuldners nicht angelastet werden.
Mit der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2023/2225 über Verbraucherkreditverträge durch den vorliegenden Referentenentwurf sind mehrere Änderungsvorschläge verbunden. Leider bleibt bei der Nachsicht nach § 497a BGBG (neu) das Verhältnis zur außergerichtlichen Schuldenbereinigung nach § 305f. InsO ungeregelt. Diese Lücke führt zu Unstimmigkeiten, die durch eine Ergänzung des § 305a InsO aufgelöst werden sollten. Dabei könnte die gesetzliche Vermutung des § 305a InsO, die bisher nur an eine nach Verhandlungsbeginn betriebene Zwangsvollstreckung eines Gläubigers anknüpft, um den Fall einer erfolglos angebotenen oder gewährten Nachsichtsmaßnahme ergänzt werden. Diese Ergänzung würde das Verbraucherinsolvenzverfahren von aussichts- und damit sinnlosen Einigungsversuchen entlasten und so zu einer Verkürzung der Verfahrensdauer führen.
Berlin, den 18.07.2025
Kontakt:
Verband Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands e.V. (VID)
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