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Stellungnahme:
19.05.2023
Rz. 8
Auch wenn der Eingriff in gruppeninterne Drittsicherheiten in der Insolvenzpraxis angekommen ist, ist diese Möglichkeit in Gruppen- und Konzerninsolvenzen isoliert ein Grund für einen Insolvenzplan.
Rz. 11
Der Absatz vermittelt den Eindruck, als ob für jeden Gläubiger mit der Plansanierung die Herauslage eines Sanierungskredits einhergeht und hiermit ein Anfechtungsrisiko einhergeht. Der Standardeingriff eines Insolvenzplans ist die „Kürzung der Forderung um einen Bruchteil“ (§ 223 Abs. 2 InsO) und die Auszahlung einer Quote. Bei plankonformer Auszahlung ist das Anfechtungsrisiko überschaubar. Anders bei (Kredit-)Gläubigern mit „stehengebliebenen“ Forderungen. Hier besteht der beschriebene Vorsorgebedarf. Diese Differenzierung erscheint geboten.
Rz. 16
Die Möglichkeit der Zusammenfassung nach § 235 Abs. 3 Satz 2 InsO überrascht an dieser Stelle. Sie ist mehr der „Technik“ (manchmal auch: Taktik) des gerichtlichen Verfahrens, als der Darstellungstiefe eines Sanierungskonzepts zuzuordnen.
Rz. 18
Neben den Verzeichnissen könnten das Gutachten des Sachverständigen oder – je nach Vorlagezeitpunkt – der Bericht zur Gläubigerversammlung als „Erläuterung-Bausteine“ genannt werden. Die Anlehnung des darstellenden Teils an diese verfahrensleitenden Arbeitsergebnisse erleichtert den Gläubigern die fortgesetzte Bewertung.
Rz. 21
Hilfreich wäre es, wenn schon hier herausgestellt werden würde, dass bei der Befriedigung der Gläubiger aus den Erträgen des fortgeführten Unternehmens dann auch eine Planungsrechnung beigefügt wird, aus der sich ergibt, dass das Unternehmen nicht drohend zahlungsunfähig ist (vielleicht Verweis auf Rz. 33). Das ist insbesondere aus der Krisenfrüherkennungspflicht des § 1 StaRUG herzuleiten. Wenn schon das „Unternehmen im normalen Geschäftsgang“ diese Krisenfrüherkennungspflicht hat, sollte diese auch und gerade das Unternehmen, welches in der existenziellen Krise war und nun durch den Insolvenzplan saniert wird, haben.
Rz. 22
Der Insolvenzplan steht mitunter im Wettbewerb zur übertragenden Sanierung aus Gründen der Verfahrensdauer. Planverfahren mit einer Verfahrensdauer von <6 Monaten verlangen die Verbindung von Berichts- und Prüfungs- sowie Erörterungs- und Abstimmungstermin. Der Hinweis auf § 236 InsO findet sich, könnte aber verdeutlicht werden.
Von geringerer praktischer Bedeutung ist die Möglichkeit, bereits nach 3 Wochen den Erörterungs- und Prüfungstermin anberaumen zu lassen. Realistischer ist die Anberaumung eines Berichts- und Prüfungstermins mit dem Eröffnungsbeschluss zu einem Termin, mit dem nach Vorlage des Insolvenzplans der Erörterungs- und Abstimmungstermin verbunden wird.
Essenziell erscheint ein „Einblick“ in die Planung des Aufhebungsverfahrens. In dieser Phase entscheidet sich die Zeitplanung. Vorbereitete Vergütungsanträge von Ausschussmitgliedern und die Vorlage der Vergütungsanträge des Sachwalters/Insolvenzverwalters zum Erörterungs- und Abstimmungstermin sollten koordiniert sein. Sinnvoll erscheinen wechselseitige Zustimmungserklärungen, d. h. des Sachwalters/Insolvenzverwalters und Schuldners zur Ausschussvergütung und des Schuldners und Gläubigerausschusses zur Vergütung des Sachwalters/Insolvenzverwalters. Die Koordination dieser in aller Regel nicht dem Richter obliegenden Aufgaben ist zur Sicherstellung einer schnellstmöglichen Aufhebung nach Rechtskraft der Planbestätigung entscheidend. In Fortsetzung dieser Gedanken könnte sich der Standard zu den Voraussetzungen der Aufhebung verhalten. Zumal mit dem Finanzplan die Betriebswirtschaft das Herzstück des Aufhebungsverfahrens bildet.
Rz. 24
Wünschenswert wäre die Hervorhebung der Gesetzesänderung in § 220 Abs. 2 InsO. In dieser Neufassung werden erstmals die Notwendigkeit einer Vergleichsrechnung und inhaltliche Anforderungen im Gesetz erwähnt. Dies zeigt die Bedeutung für die verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Zwangseingriffs in die Forderungszuständigkeit zum einen und für die Rechtssicherheit der Plansanierung zum anderen. Wortlaut:
„Sieht der Plan eine Fortführung des Unternehmens vor, ist für die Ermittlung der voraussichtlichen Befriedigung ohne Plan in der Regel zu unterstellen, dass das Unternehmen fortgeführt wird.“
Hier wären u. E. Grundsätze aufzustellen, welche gelten sollen, wenn das Unternehmen fortgeführt wird und der Plan nicht umgesetzt werden würde. Diese Vergleichsrechnung bereitet in der Praxis einige Schwierigkeiten und wird häufig dadurch umgangen, dass eben dann doch die Liquidation als einzige denkbare Alternative dargestellt wird.
Rz. 45 ff.
Mit „Mängelgewährleistung“ scheint eine zu spezielle Überschrift gewählt. Im Kern geht es um „bekannte Gläubiger“. Eine Fallgruppe dieser können Gewährleistungsgläubiger sein. Hier besteht die Gefahr, dass die Bedeutung der Ausführungen verkannt wird, wenn ein Planersteller sich nicht von Gewährleistungsrisiken angesprochen sieht.
Rz. 50 ff.
Diese Ausführungen überraschen jedenfalls an dieser Stelle. Sie sind eher den Rz. 29 ff. und den dortigen Ausführungen zur Darstellung des Sanierungskonzeptes zuzuordnen.
Rz. 56
Die Praxis der gerichtlichen Vorprüfung zeigt, dass nicht nur die gewählten Gruppen begründet werden sollten, sondern Ausführungen (gerade) auch dann erforderlich sind, wenn insbesondere Soll-Gruppen nicht gebildet werden. So empfiehlt es sich beispielsweise, als Planverfasser eine Arbeitnehmergruppe „nicht einfach wegzulassen“, sondern diese gestalterische Entscheidung durch Angabe der Gläubigeranzahl und des Forderungsvolumens konkret zu begründen.
Rz. 60
Angesichts der Tatsache, dass die Mehrzahl der Pläne Schuldnerpläne sind, wären Ausführungen zur Gruppenbildung und zu Plangestaltungen für Nachranggläubiger wünschenswert gewesen. Dieser Bereich – von § 225 InsO abweichender Regelungen – ist von strategischer und steuerlicher Relevanz und eine idealtypische Schnittstelle zum Obstruktionsverbot.
Ähnlich verhält es sich mit Regelungen für Absonderungsberechtigte. Insbesondere Regelungen zum so genannten „Stehenlassen“ und mittelbaren Eingriffen auf das Absonderungsrecht durch Stundung der Forderungen könnten dargestellt werden. Mutmaßlich kann das den Anwendungsbereich eines Standards übersteigen (Betrifft zugleich Rz. 89).
Rz. 76
Soweit unter dieser Ziffer von einer verlässlichen und vollständigen Darstellung der Vermögensverhältnisse die Rede ist, erscheint eine Orientierung an den §§ 153 ff. InsO sinnvoll. Diese Verzeichnisse sind – wie an anderer Stelle richtig – wesentliche Grundlage der Darstellung der Vermögensverhältnisse.
Wünschenswert wäre noch die Angabe eines Stichtages. Erfolgt die Vorlage unmittelbar nach Verfahrenseröffnung, so ist der Stichtag klar. Fraglich ist der Stichtag bei späterer Vorlage, wenn die Insolvenzeröffnung beispielsweise länger als drei Monate zurückliegt.
Rz. 79 ff.
Es muss § 270d InsO heißen. Inhaltlich wurden diese Ausführungen aus Anlass der letzten Aktualisierung ausführlich erörtert. Sie sind von besonderer Bedeutung. Die entscheidende Abwägung zwischen Gläubiger- und Schuldnerinteressen findet Zustimmung. Eine Orientierung an IDW S 1 wird selten gelingen, so dass eine Weiterentwicklung/Ausweitung des IDW S 8 auf die Quotenvergleichsregelung sinnvoll sein könnte.
Rz. 96
Die geforderte Gleichbehandlung aller Gesellschafter überrascht in dieser Klarheit. Wie verhält es sich bei einer Anteilsübertragung von Gesellschafter A auf B? Hier kann keine Gleichbehandlung hergestellt werden. Beim Kapitalschnitt mag die Frage nach der Wirksamkeit des Bezugsrechtsausschlusses betroffen sein. Aber per se eine Gleichbehandlung zu fordern, widerspricht der Vorgabe, dass alles geregelt werden darf, was gesellschaftsrechtlich zulässig ist.
Rz. 102
An dieser oder auch anderen Stellen würde die Auseinandersetzung mit der Zulässigkeit von variablen Quoten sinnvoll erscheinen. Gerade der „Vollstreckbarkeitsfokus“ führt dazu, dass in dieser Hinsicht ein Schwerpunkt bei der gerichtlichen Prüfung liegt.
Rz. 104
Die Zulässigkeit von verfahrensmäßigen Ausschlussklauseln sollte klargestellt werden.
Rz. 103 ff.
Nicht geregelt sind Plangestaltungen im Zusammenhang mit Anfechtungsansprüchen (§ 259 Abs. 3 InsO). Dies ist gestalterisch bedeutsam im Hinblick auf den Fortbestand des Anfechtungsrechts und der Rechtsprechung des BGH zur Unzulässigkeit einer Abwicklungstreuhand und Nachtragsverteilung (Stichwort: Notwendigkeit der Vollrechtsübertragung). Vergleichbare Fragen können sich bei Planregelungen zu Haftungsansprüchen (§ 15b InsO) stellen.
Rz. 2 (Vorbemerkungen):
§ 64 GmbHG wurde durch das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz) vom 22.12.2020 (BGBl. I S. 3256) mit Wirkung vom 01.01.2021 aufgehoben. Der Verweis sollte daher auf §§ 15a, 15b InsO aktualisiert werden.
Rz. 11, 44 ff. (Kernbestandteile eines Sanierungskonzeptes):
Der Punkt „…Analyse von Krisenstadium und -ursachen…“ sollte ergänzt werden um „…Analyse von Krisenstadium, Krisensignalen und -ursachen…“. Richtig ist, dass ein Sanierungskonzept ohne eine genaue Analyse der Vergangenheit mit einem hohen und nicht abschätzbaren Risiko behaftet ist. Zur genauen Analyse der Vergangenheit gehört in einem ersten Schritt die Feststellung der operativen und strategischen Krisensignale. Darauf aufbauend können dann die Krisenursachen ermittelt werden. Hierbei sind die Krisenursachen von den dargestellten Krisensignalen abzugrenzen, da diese in der Regel zwar eine Krise anzeigen, für diese aber nicht kausal sind.
Rz. 11 (Kernbestandteile eines Sanierungskonzeptes):
Der Punkt „…Darstellung der Maßnahmen zur Abwendung einer Insolvenzgefahr und Bewältigung der Unternehmenskrise…“ sollte ergänzt werden um die Darstellung des im Unternehmen zu implementierenden Krisenfrüherkennungssystems nach § 1 StaRUG. Denn zum 01.01.2021 trat – im Rahmen des SanInsFoG (Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts) – das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (Unternehmensstabilisierung- und -restrukturierungsgesetz – StaRUG) in Kraft. Damit setzte der Gesetzgeber die Richtlinie (EU) 2019/1023 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 über präventive Restrukturierungsrahmen etc. um. Der Gesetzgeber hat dabei in § 1 StaRUG eine Pflicht für Geschäftsführer von haftungsbeschränkten Unternehmensträgern zur Krisenfrüherkennung und zum Krisenmanagement herausgearbeitet und kodifiziert. Es muss mithin im Rahmen einer nachhaltigen Sanierung auf ein transparentes Krisenfrüherkennungssystem zurückgegriffen werden können, so dass die Geschäftsleiter einer juristischen Person fortlaufend über Entwicklungen wachen können, welche den Fortbestand der juristischen Person gefährden können.
Rz. 14 (Insolvenzreife):
Es sollte zur Klarstellung ergänzt werden, dass nicht nur auf eine Insolvenzreife aufmerksam gemacht werden muss, sondern auch auf die daran anknüpfenden Pflichten der Geschäftsleiter hinzuweisen ist.
Rz. 15 (Drohende Zahlungsunfähigkeit):
Hier sollte ergänzt werden, dass bei dem Vorliegen lediglich einer drohenden Zahlungsunfähigkeit auch die neuen Instrumente des StaRUG für eine finanzwirtschaftliche Sanierung des Unternehmens genutzt werden können. Denn nach § 29 Abs. 1 StaRUG können zur nachhaltigen Beseitigung einer drohenden Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 18 Abs. 2 InsO die Verfahrenshilfen des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens in Anspruch genommen werden.
Rz. 20 (Nachhaltigkeit):
Hier sollte ergänzt werden, dass bei dem Vorliegen lediglich einer drohenden Zahlungsunfähigkeit auch die neuen Instrumente des StaRUG für eine finanzwirtschaftliche Sanierung des Unternehmens genutzt werden können. Denn nach § 29 Abs. 1 StaRUG können zur nachhaltigen Beseitigung einer drohenden Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 18 Abs. 2 InsO die Verfahrenshilfen des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens in Anspruch genommen werden.
Rz. 35 (Auftragsinhalt):
Der zeitliche Rahmen für die Erstellung des Konzeptes sollte im Interesse der Auftraggeber bzw. der beteiligten Stakeholder bei der Auftragsvergabe ebenfalls festgelegt werden.
Rz. 60 (ESG):
Es sollte bei der Analyse des Unternehmens auch eine Aussage dazu getroffen werden, ob das Unternehmen bereits zu einem bestimmten Grad ESG-konform ist und inwieweit ESG-Aspekte das Geschäftsmodell bzw. deren Entwicklung tangieren.
Rz. 72 (Sicherung und Kontrolle der Umsetzung):
In dem Sanierungskonzept sollte auch angegeben werden, wie und in welchem Rhythmus ein entsprechendes Reporting der genannten Verantwortlichen zu erfolgen hat.
Rz. 2 (dort Fußnote 4, Fortbestehens-/Fortführungsprognose)
Die Definition der Begriffe Fortbestehens- und Fortführungsprognose ist einerseits hilfreich. In der Fußnote wird die Prognose, die nach § 19 InsO zu erstellen ist, als Fortbestehensprognose bezeichnet im Unterschied zu der Fortführungsprognose gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB. Andererseits wird in der insolvenzrechtlichen Literatur im Zusammenhang mit § 19 InsO überwiegend der Begriff „Fortführungsprognose“ verwendet (Andres/Leithaus/Leithaus, InsO § 19 Rn. 6; Braun/Salm-Hoogstraeten, InsO § 19 Rn. 21; Graf-Schlicker/Bremen, InsO § 19 Rn. 17; Kübler/Prütting/Bork/Jacoby/Pape, InsO § 19 Rn. 37; MükoInsO/Drukarczyk/Schüler, InsO § 19 Rn. 61 (allerdings in Rn. 51 dann Fortbestehensprognose (synonym)); Nerlich/Römermann/Mönning, InsO §19 Rn. 17; Uhlenbruck/Mock, InsO § 19 Rn. 217; HmbKommInsO/Schröder, § 19 Rn. 18). Im Unterschied dazu verwenden nur wenige den Begriff Fortbestehensprognose (BeckOK InsR/Wolfer, InsO § 19 Rn. 10; K.Schmidt InsO /K.Schmidt/Herchen, InsO § 19 Rn. 46 und eben – siehe oben – synonym MükoInsO/Drukarczyk/Schüler, InsO § 19 Rn. 51). Schröder (a. a. O.) spricht sich für „Fortführungsprognose“ aus, weil das Gesetz selbst von der „Fortführung des Unternehmens“ spricht. Er erklärt die Verwendung des Begriffs „Fortbestehensprognose“ mit der Erwähnung in der „Dornier-Entscheidung“ vom 13.07.1992 (II ZR 269/91) in dem dortigen zweiten Leitsatz: „2. Eine Überschuldung der Gesellschaft i. S. von § 63 I GmbHG liegt grundsätzlich nur dann vor, wenn das Vermögen der Gesellschaft bei Ansatz von Liquidationswerten die bestehenden Verbindlichkeiten nicht decken würde (rechnerische Überschuldung) und die Finanzkraft der Gesellschaft mittelfristig nicht zur Fortführung des Unternehmens ausreicht (Überlebens- oder Fortbestehensprognose).“ Der Gesetzgeber verwendet in der Begründung des SanInsFoG zu § 19 InsO (BT-Drucks. 19/24181, S. 197) auch den Begriff „Fortführungsprognose“.
Möglicherweise wäre das einer Erwähnung in der Fußnote wert, weil ansonsten der Leser des IDW S 11 beim Studium der insolvenzrechtlichen Literatur falsche Schlüsse zieht. Vorschlag für die Fußnote 4 (am Ende): Die insolvenzrechtliche Literatur verwendet allerdings bei § 19 Abs. 2 InsO überwiegend den Begriff „Fortführungsprognose“.
Rz. 17 (Begriff Finanzplan)
Nun wird statt des Begriffs „Liquiditätsplan“ der Begriff „Finanzplan“ verwendet. Das ist gerade vor dem Hintergrund der Verwendung des letzteren Begriffs in § 270a Abs. 1 Nr. 1 InsO hilfreich, zumal sich aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 19/24181, S. 204) ergibt, dass der Finanzplan ein Liquiditätsplan sein soll.
Rz. 25, 34, 40, 44 (Finanzplan), Rz. 64 Detaillierungsgrad der Planung, Rz. 98 Planung der Fortbestehensprognose
In Rz. 25 wird der Finanzplan bei der Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit beschrieben und auf den Dreiwochenzeitraum hingewiesen, in Rz. 34 der Finanz-/Liquiditätsplan, der auf Wochenbasis erstellt wird, in Rz. 40 die Fortschreibung auf Wochenbasis und in Rz. 44 wird auf den Detaillierungsgrad eingegangen. Hilfreich wäre es ausdrücklich festzuhalten, dass der Finanzplan zur Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit in der Zukunft immer eine Stichtagsbetrachtung ist (oder eben nicht, sprich dann immer die Ermittlung des Stichtags und dann von dort in der Zukunft drei Wochen später).
Dies ist auch und insbesondere bei der Beschreibung der Planung bei den Verfahrensgründen Überschuldung und drohende Zahlungsunfähigkeit wichtig. Handelt es sich um eine Planung mit Stichtagsermittlung und dann darauf aufbauender Zeitraumermittlung im jeweils sich anschließenden Dreiwochenzeitraum? Oder handelt es sich – wohl herrschende Meinung – um eine Aneinanderreihung von Stichtagen, die dann alleine ausschlaggebend sind für die Ermittlung des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit? Eine Klarstellung im IDW S 11 wäre eine hilfreiche Klärung.
Rz. 51
In dieser Randziffer wird auf das Urteil vom 28.06.2022 (II ZR 112/21) Bezug genommen mit der Vier-Stichtage-Liquiditätsbetrachtung. Das in der Fußnote 74 zitierte Urteil des IX. Senats vom 28.04.2022 könnte noch genauer dargestellt werden: Dort wird ausgeführt, dass die Zahlungsunfähigkeit auch durch einen Liquiditätsstatus mit einem darauf aufbauenden Finanzplan für die darauffolgenden drei Wochen, in dem tagesgenau die Einzahlungen und Auszahlungen gegenübergestellt werden und aus dem sich ergibt, dass an keinem der Tage die Liquiditätslücke geringer als 77 % ist, festgestellt werden kann. Da der IDW S11 ja (siehe Rz. 2) den Anspruch erhebt, für die beteiligten Berufsgruppen bei Beurteilung des Vorliegens von Insolvenzeröffnungsgründen maßgeblich zu sein, sollte diese nun vom IX. Senat eröffnete Feststellung der Zahlungsunfähigkeit auch durch diese Methode erwähnt werden.
Rz. 52
Sicherlich ist es schwierig, den „richtigen“ Schluss aus der Rechtsprechung des Jahres 2022 des II. und des IX. Senats zu ziehen, insbesondere das Verhältnis der Entscheidungen zu der bisherigen „Liquiditätsbilanzrechtsprechung“ zu entscheiden. Sowohl für die Beurteilung ex ante als auch ex post ist nun aber die Stichtagsbetrachtung maßgeblich zu berücksichtigen. Die in Rz. 52 geäußerte Auffassung, von ihrer Anwendung sei abzuraten, ist u. E. aber zu vorsichtig. Schon in den früheren IDW S 11 war das IDW mutig genug, eine andere Auffassung zu vertreten als „der BGH“. Hier nun wäre es angebracht, deutlich zu artikulieren, dass in der Praxis die Stichtagsbetrachtung (Vier-Stichtage-Liquiditätsbetrachtung des II. Senats oder die Aneinanderreihung von 21 Stichtagsbetrachtungen des IX. Senats) Vorrang haben sollte.
Der VID verweist dabei auf seine Empfehlungen zum Insolvenzrecht – Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit (ZRI 2022, 660). In diesen führt er aus, dass mittels dreier Schritte die Zahlungsunfähigkeit einfach und klar ermitteln werden könnte und sollte. Nur so kann Rechtsklarheit bei diesem so wichtigen Anknüpfungspunkt für diesen Kriseneintritt mit hohen Haftungsgefahren für alle Beteiligten (Geschäftsleiter, Berater, Geschäftspartner) hergestellt werden.
Rz. 64
Hier könnte oder sollte sogar noch thematisiert werden, dass bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit im Zeitpunkt t0 im Zeitpunkt t-12 schon die insolvenzrechtliche Überschuldung eingetreten sein könnte, wenn denn in der damals schon angefertigten Prognose der Eintritt im Zeitpunkt t0 überwiegend wahrscheinlich und erkennbar war. Hier sollte dann auch das gelten, was im IDW S11 unter Rz. 54 zur Zahlungsunfähigkeit ausgeführt wird, dass sich der Geschäftsleiter exkulpieren kann, wenn ein plausibler Finanzplan erstellt worden war, der keinen späteren Zahlungsunfähigkeitseintritt im maßgeblichen Prognosezeitraum ausweist – oder seine damals getroffenen Annahmen (auch ohne einen Finanzplan schriftlich aufgestellt zu haben) plausibilisieren kann.
Rz. 106
Bei den Ausführungen zu SanInsKG könnte darauf hingewiesen werden, dass ein Haftungsrisiko bei folgendem Szenario besteht: Schon am 08.11.2022 – einen Tag vor Inkrafttreten des Gesetzes – war die Überschuldung eingetreten und die Frist, innerhalb derer ein Antrag zu stellen war (sechs Wochen), war bereits abgelaufen. Das ist dann der Fall, wenn am 27.09.2022 bereits eine negative Fortführungsprognose (Fortbestehensprognose) vorlag und ein negatives Reinvermögen bei Ansatz von Liquidationswerten. Tritt dann die Zahlungsunfähigkeit bis zum 26.09.2023 ein, dann ist zu prüfen, ob nicht schon bis zum 27.09.2022 die Prognose negativ war. Ist dem so, dann findet das SanInsKG mit der Erleichterung aufgrund des kürzeren Prognosezeitraums insofern keine Anwendung.
Berlin, 19.05.2023
Kontakt:
Verband Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands e.V. (VID)
Am Zirkus 3
10117 Berlin
Tel.: 030/ 20 45 55 25
E-Mail: info@vid.de
Web: www.vid.de
[1] Stand 27.09.2022.
[2] Stand 27.09.2022.
[3] Stand 27.09.2022.