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Stellungnahme:

08.04.2021

RegE des MoPeG

Stellungnahme des Verbandes Insolvenzverwalter Deutschlands (VID) zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG)

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I. Vorbemerkung

Vor dem Hintergrund der Komplexität des Gesetzesvorhabens beschränkt sich die nachfolgende Stellungnahme auf einzelne insolvenzrechtliche Implikationen des Regierungsentwurfs (nachfolgend Entwurf).

 

II. Im Einzelnen

1. Artikel 1 – Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuches

a) Sitz und Registrierung

aa) § 706 BGB-E (Sitz der Gesellschaft)

§ 706 BGB-E führt regelungstechnisch jeweils die Legaldefinition des Verwaltungs- und des Vertragssitzes in das Gesetz ein und ermöglicht in der Sache unter bestimmten Voraussetzungen die Trennung des Verwaltungssitzes vom Vertragssitz, und zwar unabhängig davon, ob die Gesellschaft ihren Verwaltungssitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat oder in einem Drittstaat hat[1]:

Sitz der Gesellschaft ist der Ort, an dem deren Geschäfte tatsächlich geführt werden (Verwaltungssitz). Ist die Gesellschaft im Gesellschaftsregister eingetragen und haben die Gesellschafter einen Ort im Inland als Sitz vereinbart (Vertragssitz), so ist abweichend von Satz 1 dieser Ort Sitz der Gesellschaft“.

Die Begründung führt dazu u.a. aus, dass die Sitzwahl angesichts der Bedeutung des Sitzes etwa in Bezug auf die Zuständigkeit des Insolvenzgerichts (§§ 3, 4 InsO) einer verlässlichen Grundlage bedarf.[2]

Nach Inkrafttreten des Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz (SanInsFoG) regelt §  3 InsO n.F:

„(1) Örtlich zuständig ist ausschließlich das Insolvenzgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Liegt der Mittelpunkt einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners an einem anderen Ort, so ist ausschließlich das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk dieser Ort liegt.

(2) Hat der Schuldner in den letzten sechs Monaten vor der Antragstellung Instrumente gemäß § 29 des Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetzes in Anspruch genommen, ist auch das Gericht örtlich zuständig, das als Restrukturierungsgericht für die Maßnahmen zuständig war.

(3) Sind mehrere Gerichte zuständig, so schließt das Gericht, bei dem zuerst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt worden ist, die übrigen aus.“

Zur örtlichen Zuständigkeit des in § 3 Abs. 2 InsO angesprochenen Restrukturierungsgerichts regelt §  35 StaRUG:

„Örtlich zuständig ist ausschließlich das Restrukturierungsgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Liegt der Mittelpunkt einer wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners an einem anderen Ort, so ist ausschließlich das Restrukturierungsgericht zuständig, in dessen Bezirk dieser Ort liegt.“

Auch die internationale insolvenzgerichtliche Zuständigkeit richtet sich gemäß Art.  3 Abs.  1, 2 EuInsVO nach dem Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen, wenn dieser vom Sitz abweicht.

Es sollte deshalb zumindest in der Gesetzesbegründung klargestellt werden, dass die Zuständigkeitsregelungen der §§ 3 Abs. 1 Satz 2 InsO und § 35 StaRUG von der Regelung des § 706 BGB-E nicht verdrängt werden.

Eine solche Klarstellung empfiehlt sich nicht nur vor dem Hintergrund, dass § 706 BGB-E den Verwaltungssitz als den Ort definiert, „an dem deren Geschäfte tatsächlich geführt werden“, während § 3 Abs. 1 Satz 2 InsO und § 35 StaRUG im Hinblick auf die Zuständigkeit des Gerichts vom „Mittelpunkt einer  (selbständigen) wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners“ sprechen. Da § 707 Abs. 1 BGB-E vorsieht, dass die Gesellschafter die Gesellschaft bei dem Gericht, in dessen Bezirk sie ihren Sitz hat, zur Eintragung im Gesellschaftsregister anmelden können, ist eine Klarstellung auch für den Fall hilfreich, dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die (noch) nicht im Gesellschaftsregister eingetragen ist, einen vom bisherigen Verwaltungssitz abweichenden Sitz zur Erst-Eintragung in das Register am Ort des gewünschten Gerichts anmeldet. Ein auf diese Weise mögliches „forum shopping“ würde einen entsprechenden Missbrauch motivieren.

Zudem muss auch für betroffene Gläubiger klar sein, an welchem Gericht Fremdanträge zu stellen sind.

 

bb) § 707a BGB-E (Inhalt und Wirkungen der Eintragung im Gesellschaftsregister)

§ 707a Abs. 2 BGB-E sieht vor, dass die Gesellschaft mit der Eintragung verpflichtet ist, als Namenszusatz die Bezeichnungen „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ oder „eGbR“ zu führen. „Wenn in einer eingetragenen Gesellschaft keine natürliche Person als Gesellschafter haftet, muss der Name eine Bezeichnung enthalten, welche die Haftungsbeschränkung kennzeichnet.“

Der VID begrüßt die Einführung einer gesetzlichen Verpflichtung zur Führung des Namenszusatzes. Damit ist sogleich erkennbar, dass über eine Gesellschaft Informationen im Register abrufbar sind. Der Nutzen des Registers für die Gläubiger der GbR ist ungleich höher, wenn sie Kenntnis von ihren Informationsmöglichkeiten haben.

 

b) Rechtsverhältnis der Gesellschaft zu Dritten

Als Konsequenz des neu eingeführten § 15b InsO wurde der noch im Referentenentwurf vorgesehene § 722 BGB-E (Zahlungsverbot bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung; Haftungsfolgen) folgerichtig gestrichen.[3]

 

c) Ausscheiden eines Gesellschafters

§ 723 BGB-E (Gründe für das Ausscheiden eines Gesellschafters; Zeitpunkt des Ausscheidens)

§ 723 Absatz 1 Nr. 1 bis 4 BGB-E wandelt alle bisher in §§ 723, 725, 727, und 728 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 736 Absatz 1 BGB geregelten Auflösungsgründe, die in der Person des Gesellschafters begründet sind, zu Ausscheidensgründen um.[4]

So regelt § 723 BGB-E:

„(1) Folgende Gründe führen zum Ausscheiden eines Gesellschafters aus der Gesellschaft, sofern der Gesellschaftsvertrag für diese Fälle nicht die Auflösung der Gesellschaft vorsieht:

  1. Tod des Gesellschafters;
  2. Kündigung der Mitgliedschaft durch den Gesellschafter;
  3. Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Gesellschafters;
  4. Kündigung der Mitgliedschaft durch einen Privatgläubiger des Gesellschafters;
  5. Ausschließung des Gesellschafters aus wichtigem Grund.

(2) Im Gesellschaftsvertrag können weitere Gründe für das Ausscheiden eines Gesellschafters vereinbart werden.

(3) Der Gesellschafter scheidet mit Eintritt des ihn betreffenden Ausscheidensgrundes aus, im Fall der Kündigung der Mitgliedschaft aber nicht vor Ablauf der Kündigungsfrist und im Fall der Ausschließung aus wichtigem Grund nicht vor Mitteilung des betreffenden Beschlusses an den auszuschließenden Gesellschafter.“

„Hinsichtlich der Kündigung ist“, so die Entwurfsbegründung, „daher in Zukunft zu unterscheiden, ob sich diese auf die Mitgliedschaft bezieht oder auf die Gesellschaft. Nur die auf die Mitgliedschaft bezogene Kündigung eines Gesellschafters oder seines Pfändungspfandgläubigers führt zum Ausscheiden des betroffenen Gesellschafters (§§ 725 und 726 BGB-E), während die Kündigung der Gesellschaft die Auflösung der Gesellschaft zur Folge hat (§ 731 BGB-E). § 723 Absatz 1 Nummer 5 BGB-E regelt als weiteren Ausscheidensgrund die Ausschließung eines Gesellschafters aus wichtigem Grund. Das setzt nach dem geltenden § 737 Satz 1 BGB noch eine entsprechende Fortsetzungsklausel im Gesellschaftsvertrag voraus.

Abweichend von der Formulierung in § 131 Absatz 3 Satz 1 HGB („mangels abweichender vertraglicher Vereinbarung“) wird klargestellt, dass die vorgenannten Ausscheidensgründe alternativ zur Auflösung der Gesellschaft stehen („sofern der Gesellschaftsvertrag nicht die Auflösung der Gesellschaft vorsieht“). Damit bleibt einer gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung, die vorsieht, dass die Gesellschaft bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters oder bei Kündigung durch einen Privatgläubiger eines Gesellschafters mit dem betroffenen Gesellschafter fortbesteht, die Wirksamkeit versagt. Dies ist zum Schutz des Gesellschaftergläubigers erforderlich, um ihm bei Ausscheiden oder Auflösung einen Zugriff auf das Abfindungs- oder das Liquidationsguthaben zu ermöglichen. [5]

Sofern der Gesellschaftsvertrag keine Auflösung vorsieht, soll mithin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Gesellschafters zu dessen Ausscheiden führen.

Wir verweisen an dieser Stelle auf die bereits zum Referentenentwurf geäußerte Kritik:

Neben den Alternativen Ausscheiden des Gesellschafters und Auflösung der Gesellschaft kann damit keine gesellschaftsvertragliche Regelung mehr getroffen werden, die bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters dessen Verbleib in der Gesellschaft vorsieht. Damit wird künftig die Eigensanierung einer GmbH & Co. KG im Simultaninsolvenzverfahren unter Erhalt der Struktur in aller Regel unmöglich. Denn mit dem Insolvenzantrag der KG tritt praktisch immer auch bei der Komplementärs-GmbH Insolvenzreife ein. Scheidet die GmbH mit Eröffnung des eigenen Insolvenzverfahrens zwangsläufig aus der KG aus und fällt damit der einzige persönlich haftende Gesellschafter weg, führt dies zur liquidationslosen Auflösung der KG unter Gesamtrechtsnachfolge des oder der Kommanditisten.[6] Bislang ermöglicht die in § 131 Abs. 3 Satz 1 HGB enthaltene Öffnung für vertragliche Abweichungen von der Ausscheidensfolge die strukturerhaltende Sanierung einer GmbH & Co. KG trotz Simultaninsolvenz von KG und Komplementärs-GmbH. Eine Aufgabe dieser Möglichkeit hätte mit Blick auf die Verbreitung dieser Gesellschaftsform erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Sanierungsfähigkeit.

 Ungeklärt bleibt bei der geplanten Neuregelung weiter, was geschehen soll, wenn bei einem Gesellschafter, der keine natürliche Person ist, ein Insolvenzantrag mangels Masse abgewiesen wird. Es würde sich anbieten, die Löschung im Handelsregister ausdrücklich dem Tod einer natürlichen Person gleichzustellen.“ [7]

Jedenfalls in der Begründung sollte zudem klargestellt werden, wie der Begriff „Insolvenzverfahren“ in § 723 Abs. 1 Nr. 3 BGB-E definiert werden soll. Dies empfiehlt sich nicht nur vor dem Hintergrund des Art. 2 Nr. 4 EuInsVO, sondern auch im Hinblick auf die Einführung des unter Ziff. II. 1. a) aa) erwähnten Restrukturierungsrahmens durch das StaRUG. Sobald die für 2022 vorgesehene Aufnahme der öffentlichen Restrukturierungssachen gemäß den §§  84 ff. StaRUG in den Anhang A der EuInsVO erfolgt, sind diese „Insolvenzverfahren“ i.S.d. Art.  2 Nr.  4 EuInsVO. Für Restrukturierungssachen nach dem StaRUG können aber die gesellschaftsrechtlich an ein „Insolvenzverfahren“ geknüpften Folgen nicht gewollt sein. Die Problematik stellt sich nicht nur für Verfahren nach deutschem Recht, sondern insbesondere auch für ausländische Verfahren, die aufgrund ihrer Aufnahme in Anhang A der EuInsVO unionsrechtlich als „Insolvenzverfahren“ definiert sind, inhaltlich aber vorinsolvenzliche Restrukturierungsinstrumente darstellen, die denen des StaRUG mehr entsprechen als dem deutschen Insolvenzverfahren.

 

d) Auflösung der Gesellschaft

aa) § 729 BGB-E (Auflösungsgründe)

§ 729 Abs. 1 Nr. 2 BGB-E sieht vor, dass die Gesellschaft durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft aufgelöst wird.

Nach § 729 Abs. 3 BGB-E wird eine Gesellschaft, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, ferner aufgelöst:

1. mit der Rechtskraft des Beschlusses, durch den die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist;

  1. durch die Löschung wegen Vermögenslosigkeit nach § 394 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

Dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere rechtsfähige Personengesellschaft gehört, bei der mindestens ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.“

Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass eine Gesellschaft nicht mit der Rechtskraft des Beschlusses, durch den die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt worden ist, aufgelöst wird, wenn ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

Der geplante § 31 Nr. 2 InsO-E regelt jedoch, dass bei im Gesellschaftsregister eingetragenen Schuldnern das Insolvenzgericht dem Registergericht im Fall der Abweisung des Eröffnungsantrages mangels Masse eine Ausfertigung des abweisenden Beschlusses übermittelt, wenn der Schuldner eine rechtsfähige Personengesellschaft ist, die durch Abweisung mangels Masse aufgelöst wird.

Dies führt dazu, dass die Mitteilungspflichten des Insolvenz- an das Registergericht im Hinblick auf eingetragene Gesellschaften mit und ohne eine natürliche Person als Gesellschafter divergieren und damit fehleranfällig sind.

Der Umstand der Abweisung des Antrages mangels Masse dürfte für die Gläubiger der Gesellschaft jedoch regelmäßig auch in den Fällen, in denen ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, von Bedeutung und daher eintragungswürdig sein.

Eine Klarstellung, wie der Begriff „Insolvenzverfahren“ in § 729 Abs. 1 Nr. 2 BGB-E definiert werden soll, wäre auch an dieser Stelle hilfreich.

 

bb) § 730 BGB-E (Auflösung bei Tod oder Insolvenz eines Gesellschafters)

730 BGB-E fasst den auf § 727 Abs. 2 Satz 1 und 2, § 728 Abs. 2 Satz 2 BGB verteilten Normenbestand zusammen und enthält Regelungen, die bei Auflösung der Gesellschaft durch Tod eines Gesellschafters oder durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters einen geordneten Übergang von der werbenden zur abzuwickelnden Gesellschaft gewährleisten sollen[8]:

„(1) Ist im Gesellschaftsvertrag vereinbart, dass die Gesellschaft durch den Tod eines Gesellschafters aufgelöst wird, hat der Erbe des verstorbenen Gesellschafters den anderen Gesellschaftern dessen Tod unverzüglich anzuzeigen. Wenn mit dem Aufschub Gefahr für die Gesellschaft oder das Gesellschaftsvermögen verbunden ist, hat der Erbe außerdem die laufenden Geschäfte fortzuführen, bis die anderen Gesellschafter in Gemeinschaft mit ihm anderweitig Fürsorge treffen können. Abweichend von § 736b Absatz 1 gilt für die einstweilige Fortführung der laufenden Geschäften die dem Erblasser durch den Gesellschaftsvertrag übertragene Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis als fortbestehend. Die anderen Gesellschafter sind in gleicher Weise zur einstweiligen Fortführung der laufenden Geschäfte berechtigt und verpflichtet.

(2) Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend, wenn im Gesellschaftsvertrag vereinbart ist, dass die Gesellschaft durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters aufgelöst wird.“

Auch wenn der Entwurf die Möglichkeit der Eigenverwaltung an dieser Stelle nicht anspricht: Sollte die Norm dahingehend zu verstehen sein, dass auch der eigenverwaltende Gesellschafter in Insolvenz von der Notgeschäftsführung ausgeschlossen sein soll, wäre eine Klarstellung in der Entwurfsbegründung wünschenswert.

So führt diese zu § 730 Abs. 2 BGB-E lediglich aus:

„Absatz 2 übernimmt im Wesentlichen den geltenden § 728 Absatz 2 Satz 2 BGB. Sieht der Gesellschaftsvertrag vor, dass die Gesellschaft bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Gesellschafters aufgelöst wird, begründet die Vorschrift das gegenüber § 736c Absatz 2 BGB-E vorrangige Pflichtrecht der anderen Gesellschafter zur Notgeschäftsführung. Danach sind die anderen Gesellschafter, soweit ihnen nach dem Gesellschaftsvertrag die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis übertragen ist, für eine Übergangszeit bei Gefahr für das Gesellschaftsvermögen zur Fortführung der Geschäfte berechtigt und verpflichtet. Im Umkehrschluss aus der Verweisung auf § 730 Absatz 1 Satz 4 BGB-E folgt, dass dem Insolvenzverwalter diese Befugnis auch dann nicht zusteht, wenn dem Gesellschafter-Schuldner nach dem Gesellschaftsvertrag die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis übertragen war.“ [9]

Zudem wäre eine Klarstellung, wie der Begriff „Insolvenzverfahren“ in § 730 Abs. 2 BGB-E definiert werden soll, auch hier hilfreich.

 

cc) § 734 BGB-E (Fortsetzung der Gesellschaft)

§ 734 BGB-E befasst sich mit der Fortsetzung der aufgelösten Gesellschaft. Hieran kann, so die Entwurfsbegründung, ein Interesse bestehen, um die in der Gesellschaft gebundenen Vermögenswerte zu erhalten.[10]

§ 734 Abs. 1 BGB-E sieht dazu vor, dass die Gesellschafter nach Auflösung der Gesellschaft deren Fortsetzung beschließen können, sobald der Auflösungsgrund beseitigt ist.

Die Begründung führt zu Abs. 1 aus:

„Absatz 1 regelt, unter welchen Voraussetzungen eine aufgelöste Gesellschaft fortgesetzt werden kann. Dazu muss erstens die Gesellschaft aufgelöst, aber noch nicht vollbeendet sein. Zweitens muss der Auflösungsgrund beseitigt sein. (…) Wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet, muss das Insolvenzverfahren zum Beispiel nach § 213 InsO eingestellt oder nach §§ 217 ff. InsO aufgehoben sein; in diesem Fall bewirken die insolvenzrechtlichen Vorschriften, dass die Fortsetzung der Gesellschaft nicht den Interessen Dritter entgegensteht.“

Der Entwurf unterstellt, dass die insolvenzrechtlichen Vorschriften (stets) bewirken, dass die Fortsetzung der Gesellschaft nicht den Interessen Dritter entgegensteht. Am Beispiel der in den §§ 217 ff. InsO enthalten die Regelungen zum Insolvenzplan soll aufgezeigt werden, dass dies zwar in der Regel der Fall ist, jedoch nicht in jedem Fall vorausgesetzt werden kann; wir verweisen dazu auf das Beispiel in unserer Stellungnahme zum Referentenentwurf:

„So besteht die Möglichkeit, dass im Rahmen eines Debt-Equity-Swaps neue Gesellschafter hinzukommen. Die (Neu-) Gesellschafter können dann die Fortsetzung der Gesellschaft beschließen, so dass sich das Vertragsrisiko der Gläubiger im Hinblick auf die neuen Gesellschafter verändert. Während die Altgläubiger durch den Insolvenzplan Kenntnis von den Änderungen der Gesellschafterstruktur erlangen (können), ist dies bei den Neugläubigern jedenfalls dann nicht der Fall, wenn die Gesellschaft nicht im Gesellschaftsregister eingetragen ist.“[11]

 

e) Nicht rechtsfähige Gesellschaft

§ 740a BGB-E (Beendigung der Gesellschaft)

§ 740a BGB-E regelt anstelle der Liquidation die Beendigung der nicht rechtsfähigen Gesellschaft, da diese mangels eigenen Vermögens liquidationslos erlischt.[12]

So endet die nicht rechtsfähige Gesellschaft u.a. gemäß § 740a Abs. 1 Nr. 5 BGB-E durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters.

Die Begründung führt zu Abs. 1 aus:

„(…) Da die nicht rechtsfähige Gesellschaft über kein eigenes Vermögen verfügt und es auch kein gesamthänderisch gebundenes Vermögen der Gesellschafter gibt, greift der Beendigungsgrund des § 740a Absatz 1 Nummer 6 BGB-E[13] daher nur Platz, wenn nach Beendigung verteilungsfähiges Vermögen zum Beispiel in Gestalt schuldrechtlich gebundener Bruchteilsrechte an einzelnen Vermögensgegenständen oder in Gestalt einzelner treuhänderisch verwalteter Vermögensgegenstände existiert. Die Beendigung wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters stellt dann sicher, dass der Auseinandersetzungsanspruch der Insolvenzmasse zur Verfügung steht.“[14]

Eine automatische Beendigung schneidet indes die Möglichkeit ab, die Gesellschaft – ggf. temporär – unter Beteiligung des Insolvenzverwalters weiterzuführen. Dies kann im Interesse aller Gesellschafter liegen, die durch eine Ausschlussmöglichkeit hinreichend geschützt wären. Die automatische Beendigung sollte insbesondere angesichts der Möglichkeit nicht erfolgen, dass der Insolvenzverwalter im eröffneten Verfahren über das Vermögen des Gesellschafters dessen selbstständige Tätigkeit durch Erklärung nach §  35 Abs. 2 InsO freigibt und der Gesellschaftsvertrag keine Auflösung der Gesellschaft für den Fall der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters vorsieht.

Dies zeigt das bereits in der Stellungnahme zum Referentenentwurf angebrachte Beispiel einer selbstständigen Zahnärztin, die Gesellschafterin einer Innengesellschaft zum Zweck gemeinsamer Praxisnutzung ist.

„In deren Insolvenz ergeben sich Schwierigkeiten bei der weiteren Ausübung der freigegebenen selbstständigen Tätigkeit, wenn durch das gesetzliche Ende der Innengesellschaft die weitere Nutzung der gemeinsamen Praxisräume nicht durchgängig möglich ist. Im schlimmsten Fall muss die Schuldnerin neue Praxisräume suchen, was im laufenden Insolvenzverfahren schwierig sein dürfte. Ein zwingendes Ende der Innengesellschaft mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Gesellschafters ist daher nicht in jedem Fall interessengerecht.“[15]

 

2. Artikel 35 – Änderungen der Insolvenzordnung

Die Ausführungen zu § 31 Nr. 2 InsO-E finden sich wegen des Sachzusammenhangs bei § 729 Abs. 3 BGB-E.

 

 

3. Artikel 49 – Änderungen des Handelsgesetzbuches

§ 107 HGB-E (Kleingewerbliche, vermögensverwaltende oder freiberufliche Gesellschaft; Statuswechsel)

Der Entwurf sieht als wesentliche inhaltliche Neuerung vor, dass Personenhandelsgesellschaften auch für die Ausübung Freier Berufe geöffnet werden sollen (vgl. § 107 Abs. 1 Satz 2 HGB-E).[16]

„Für den Begriff des Freien Berufs kann auf die Legaldefinition in § 1 Absatz 2 PartGG zurückgegriffen werden. Die Errichtung einer offenen Handelsgesellschaft zur Ausübung Freier Berufe steht unter dem Vorbehalt der Erlaubnis durch das anwendbare Berufsrecht. Wegen der Verweisung des § 161 Absatz 2 HGB-E gilt die neue Regelung auch für eine Kommanditgesellschaft.“[17] so die Entwurfsbegründung.

„Durch die durch die neue Vorschrift geschaffene Möglichkeit, Freie Berufe – im Rahmen berufsrechtlicher Zulässigkeit – insbesondere in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft und Compagnie Kommanditgesellschaft auszuüben, kann die Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft weiter beschränkt werden, als dies bislang in der Rechtsform der Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung der Fall ist. Denn zum einen lässt sich die Haftung dort nur bezogen auf Verbindlichkeiten der Partnerschaftsgesellschaft aus Schäden wegen fehlerhafter Berufsausübung beschränken, zum Weiteren steht die Haftungsbeschränkung unter dem Vorbehalt, dass die Partnerschaftsgesellschaft eine zu diesem Zweck gesetzlich vorgegebene Berufshaftpflichtversicherung unterhält (§ 8 Absatz 4 PartGG). Diese dient dem Schutz der Patienten, Mandanten, Kunden und sonstigen Auftraggeber der Partnerschaftsgesellschaft und ist regelmäßig in den berufsrechtlichen Bestimmungen enthalten.“, so die Begründung weiter.

Auch wenn es gute Gründe dafür gibt, es dem jeweiligen Berufsrecht zu überlassen, ob es die Eintragung zulässt oder nicht, führt dies dazu, dass sich einzelne Berufe damit von Haftungsrisiken befreien können und andere nicht. Dies ist jedenfalls dann nicht nachvollziehbar, wenn die Risikostruktur/Gefährdung durch mangelhafte Leistung für die beteiligten Mandanten/Kunden vergleichbar ist. Insoweit wird auch an dieser Stelle die bereits zum Referentenentwurf geäußerte Kritik[18] aufrechterhalten.

 

III. Fazit

  1. Der Entwurf enthält gegenüber dem Referentenentwurf aus insolvenzrechtlicher Sicht deutliche Verbesserungen.
  1. Er sollte jedoch an einigen wenigen Punkten nachgebessert werden, insbesondere um die Praxis nicht mit vermeidbaren Rechtsfragen zu belasten.

 

Berlin, den 08.04.2021

  

Kontakt:

Verband Insolvenzverwalter Deutschlands e.V. (VID)
Französische Straße 13/14

10117 Berlin
Tel.: 030/ 20 45 55 25
E-Mail: info@vid.de
Web: www.vid.de

[1] Vgl. Entwurfsbegründung S. 142.

[2] Vgl. Entwurfsbegründung S. 143.

[3] Es wurde jedoch verabsäumt, die Streichung auch in Entwurfsbegründung vollständig vorzunehmen. So findet sich auf S. 160 des Entwurfs: Deren zwingender Charakter muss sich vielmehr entweder aus dem Gesetzestext (zum Beispiel (…)) oder aus dem jeweiligen Normzweck (zum Beispiel § 722 BGB-E – Zahlungsverbot bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung; Haftungsfolgen oder § 726 BGB-E – Kündigung durch einen Privatgläubiger eines Gesellschafters) ergeben.“

[4] Vgl. Entwurfsbegründung S. 197.

[5] Entwurfsbegründung S. 197.

[6] BGH 15.03.2004 – II ZR 247/01; 08.05.2014 – I ZR 217/12. Selbst die von K. Schmidt (MüKo-HGB, 4. Aufl., § 131 Rz. 76 m.w.N.) vertretene teleologische Reduktion dürfte nach der Entwurfsfassung nicht mehr vertretbar sein.

[7] Vgl. VID-Stellungnahme zum Referentenentwurf des MoPeG vom 21.12.2020, S. 6-7 (abrufbar unter: https://www.vid.de/wp-content/uploads/2020/12/VID-Stellungnahme-zum-RefE-des-MoPeG.pdf ).

[8] Entwurfsbegründung S. 207.

[9]  Entwurfsbegründung S. 208.

[10] Entwurfsbegründung S. 210.

[11] Vgl. VID-Stellungnahme zum Referentenentwurf des MoPeG vom 21.12.2020, S. 10 (abrufbar unter: https://www.vid.de/wp-content/uploads/2020/12/VID-Stellungnahme-zum-RefE-des-MoPeG.pdf ).

[12] Entwurfsbegründung S. 223.

[13] Meint wohl § 740a Abs. 1 Nr. 5 BGB-E.

[14] Entwurfsbegründung S. 223-224.

[15] Vgl. VID-Stellungnahme zum Referentenentwurf des MoPeG vom 21.12.2020, S. 10 (abrufbar unter: https://www.vid.de/wp-content/uploads/2020/12/VID-Stellungnahme-zum-RefE-des-MoPeG.pdf ).

[16] Vgl. Entwurfsbegründung S. 259.

[17] Entwurfsbegründung S. 264.

[18] Vgl. VID-Stellungnahme zum Referentenentwurf des MoPeG vom 21.12.2020, S. 12 (abrufbar unter: https://www.vid.de/wp-content/uploads/2020/12/VID-Stellungnahme-zum-RefE-des-MoPeG.pdf ).

 

 

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