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Stellungnahme:

15.11.2019

Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz – PKoFoG

Stellungnahme des Verbandes Insolvenzverwalter Deutschlands (VID) zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Rechts des Pfändungsschutzkontos und zur Änderung von Vorschriften des Pfändungsschutzes

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A. Vorbemerkung

Der vorliegende Referentenentwurf[1] (nachfolgend RefE) soll neben der Lösung der im Schlussbericht der Evaluierung zur Reform des Kontopfändungsschutzes[2] angesprochenen Praxisprobleme und einer transparenteren Gestaltung des Kontopfändungsschutzes auch dazu dienen, vollstreckungsrechtliche Themen aufzugreifen.[3] Im Hinblick auf eine etwaige Insolvenz des Schuldners beschränkt sich der RefE auf eine Änderung des § 36 Abs. 1 InsO.

Der Vorschlag ist grundsätzlich zu begrüßen, reicht jedoch nicht aus, um die praktischen Probleme des Pfändungsschutzkontos in der Insolvenz des Schuldners einer ausreichenden Lösung zuzuführen.

 

B. Im Einzelnen

I. Änderung der Insolvenzordnung (Art. 2 RefE)
§ 36 Abs. 1 Satz 3 (neu) RefE

Der RefE sieht vor § 36 Abs. 1 InsO folgenden Satz 3 anzufügen: „Verfügungen des Schuldners über ein Kontoguthaben, das nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Wirkungen des Pfändungsschutzkontos nicht von der Pfändung erfasst wird, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit nicht der Freigabe dieses Kontoguthabens durch den Insolvenzverwalter.“[4]

Die Begründung des RefE führt dazu u.a. aus, dass es sich (lediglich) um eine Klarstellung handele, wonach es (….) zur Wirksamkeit von Verfügungen des Schuldners hinsichtlich der nach den Vorschriften über das P-Konto nicht von der Pfändung erfassten Teile des Kontoguthabens keiner Freigabe durch den Insolvenzverwalter bedarf, der in diesem Sinne ohnehin nicht tätig werden darf; wie im Verfahren der Einzelzwangsvollstreckung treten die Wirkungen des P-Kontos vielmehr kraft Gesetzes ein.“[5]

a)

Auch wenn die Klarstellung, dass eine Freigabe des Kontoguthabens durch den Insolvenzverwalter nicht notwendig ist, implizit unterstellt, dass das Pfändungsschutzkonto auch bei Eröffnung eines Insolvenzverfahrens fortbesteht, fehlt es dazu – wie bisher – an einer ausdrücklichen gesetzlichen Klarstellung.

Eine gesetzliche Klarstellung zum Fortbestand des Pfändungsschutzkontos auch bei Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wäre jedoch hilfreich:

Grundlage des Pfändungsschutzkontos ist ein Girokonto. Durch eine vertragliche Abrede zwischen kontoführendem Kreditinstitut und Kontoinhaber tritt die im Gesetz (§ 850k ZPO) vorgesehene vollstreckungsschützende Wirkung für dieses Konto ein.

Zum Girokonto hatte der BGH zuletzt in seiner Entscheidung vom 21. Februar 2019 (IX ZR 246/17) ausgeführt: „Ein Girokonto wird aufgrund eines Girovertrags geführt. Bei diesem handelt es sich um einen Zahlungsdiensterahmenvertrag gemäß § 675f Abs. 2 BGB (…) und damit um einen Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 Abs. 1, § 675c Abs. 1 BGB). Als solcher erlischt der Girovertrag gemäß §§ 115, 116 InsO durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (BGH, Urteil vom 5. Dezember 2006 – XI ZR 21/06, BGHZ 170, 121 Rn.11; vom 5. März 2015-IX ZR 164/14, WM 2015, 733 Rn.9). Eine Weiterführung des Kontos nach Insolvenzeröffnung ist nur im Rahmen eines neuen Girovertrags möglich; dieser kann auch konkludent geschlossen werden durch beiderseitige Fortführung der Geschäftsbeziehung (…)“ [6]

Vielfach wird vertreten, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens den Bestand des dem Pfändungsschutzkonto zugrunde liegenden Girokontovertrages nicht berührt und die §§ 115, 116 InsO nach ihrem Sinn und Zweck nicht anwendbar seien.[7] Herzuleiten ist diese Auslegung nur inzident aus dem nach §  115 Abs. 1 InsO für dessen Anwendbarkeit erforderlichen Massebezug. Auch bei einem Pfändungsschutzkonto ist aber ein Massebezug nicht per se ausgeschlossen, weil Guthaben oberhalb des Freibetrages dem Insolvenzbeschlag unterliegt.

Die Ausnahmen zu den § 115, 116 InsO finden sich bislang in § 108 InsO.

Als Ausnahmeregelung ist diese Vorschrift eng auszulegen, so dass eine gesetzliche Klarstellung zum Fortbestand des Pfändungsschutzkontos bei Eröffnung eines Insolvenzverfahrens an dieser Stelle dringend angezeigt wäre, um die notwendige Rechtssicherheit herzustellen.

b)

Die Begründung des RefE führt weiter aus, dass nach § 36 Abs. 1 Satz 1 InsO nicht der Zwangsvollstreckung unterliegende Vermögensgegenstände des Schuldners, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, nicht zur Insolvenzmasse gehören und „Soweit somit nach den Regelungen zum P-Konto bestimmte Teile von Guthaben auf dem als P-Konto geführten Zahlungskonto des Schuldners nicht von der Pfändung im Wege der Einzelzwangsvollstreckung erfasst werden, wird klargestellt, dass der Schuldner auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens hierüber verfügen kann. Dies gilt unabhängig davon, ob die Pfändungsfreiheit auf dem Grundfreibetrag, dem Nachweis weiterer pfändungsfreier Beträge oder einer Entscheidung des Vollstreckungsgerichts beruht. (…) Die Abgrenzung zwischen von der Pfändung nicht erfassten Bestandteilen des Guthabens und solchen, die der Masse zugehörig sind, hat das Kreditinstitut nach denselben Kriterien wie bei der Kontenpfändung im Wege der Einzelzwangsvollstreckung vorzunehmen. Diejenigen Teile des Kontoguthabens, für die Pfändungsschutz nach Maßgabe der Vorschriften über die Wirkungen des P-Kontos nicht besteht oder später entfällt, werden somit vom Insolvenzbeschlag erfasst und sind grundsätzlich an den Insolvenzverwalter auszukehren.“ [8]

Das in der Praxis häufig geschilderte Problem der Verstrickung im Insolvenzverfahren aufgrund einer Kontopfändung aus der Zeit vor Eröffnung des Verfahrens spricht der RefE nicht an. Soweit aus der Praxis der nachvollziehbare Wunsch geäußert wird, die Verstrickung mit Insolvenzeröffnung (automatisch) zu lösen, ist jedoch auf die Entscheidung des BGH[9] vom 21.09.2017 hinzuweisen, wonach die Wirkungen der Verstrickung im Insolvenzverfahren fortdauern, bis sie auf einem dafür vorgesehenen Weg beseitigt worden sind.

In seiner Begründung führte der BGH dazu aus: Weiter ist zum Schutz des pfändenden Gläubigers vor unzumutbaren Eingriffen erforderlich, die durch die Pfändung bewirkte öffentlich-rechtliche Verstrickung nicht weiter als erforderlich zu begrenzen. Der Gesetzgeber darf den durch Art. 14 Abs. 1 GG erfassten Rechtsschutzanspruch des Vollstreckungsgläubigers und seine durch die Zwangsvollstreckung erlangte Rechtsposition nur beschränken, so weit und so lange überwiegende Gründe dies zwingend erfordern (…). Daher wird die öffentlich-rechtliche Verstrickung nicht bereits durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unwirksam. Dies bedarf vielmehr einer entsprechenden Handlung, damit einerseits geklärt ist, ob der entsprechende Vermögenswert tatsächlich für die Zwecke des Insolvenzverfahrens benötigt wird und andererseits für den pfändenden Gläubiger Klarheit herrscht, ob ein Wiederaufleben des Pfändungspfandrechts nach Beendigung des Insolvenzverfahrens noch möglich ist oder es hierzu weiterer Handlungen bedarf. Dies gilt umso mehr, als die Rückschlagsperre unabhängig von der Rechtskraft des Eröffnungsbeschlusses eintritt (…). Zum Schutz des Gläubigers erfasst dies nicht die öffentlich-rechtliche Verstrickung. Diese muss durch einen gesonderten Akt beseitigt werden, weil andernfalls die Sicherheit auch bereits bei einem auf Rechtsmittel aufgehobenen Eröffnungsbeschluss unwiederbringlich mit Rangverlust verloren wäre. Solange die öffentlich-rechtliche Verstrickung nicht gerichtlich aufgehoben worden ist, kann das Pfändungspfandrecht nach Beendigung des Insolvenzverfahrens wieder wirksam werden (…). Erst wenn und soweit die Pfändung zwischenzeitlich aufgehoben worden ist und damit die öffentlich-rechtliche Verstrickung beseitigt wurde, bedarf es einer erneuten Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses (…).[10]

Fällt die Verstrickung nicht automatisch mit Insolvenzeröffnung weg, stellt sich beim Pfändungsschutzkonto auch die Frage, ob zur Durchsetzung ihrer Beseitigung der Insolvenzverwalter verpflichtet und aktivlegitimiert sein soll, obwohl die Insolvenzmasse nur bezüglich Guthaben über dem Freibetrag betroffen ist und ein gerichtliches Vorgehen möglicherweise nicht finanzieren kann, oder ob die Zuständigkeit dem Schuldner zukommt, der ohne entsprechende Beratung hiervon überfordert sein dürfte.

 

II. Weiterer Regulierungsbedarf

Im Hinblick auf die Bestimmung der Pfändungsfreibeträge auf dem Pfändungsschutzkonto des Schuldners wird angeregt, die Zuständigkeit während des Insolvenzverfahrens künftig dem Insolvenzgericht zu übertragen.

 

Berlin, den 15.11.2019

[1] Referentenentwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Rechts des Pfändungsschutzkontos und zur Änderung von Vorschriften des Pfändungsschutzes, Bearbeitungsstand 27.09.2019, 14:16 Uhr.

[2] Evaluationsbericht abrufbar unter: https://www.bmjv.de/SharedDocs/Artikel/DE/2016/02162016_Evaluierung_PKonto.html.

[3] Vgl. RefE S. 1 (unter A. Problem und Ziel).

[4] RefE, S. 20.

[5] RefE, S. 67.

[6] BGH IX ZR 246/17, Rz. 11.

[7] Hirte/Praß in Uhlenbruck, InsO-KO, 15. Aufl. 2019, § 36, Rz. 39 mit Verweis auf LG Verden (NZI 2014, 36) und AG München (VuR 2015. 68), Ahrendt in Hamb-KO zum InsR, 7. Aufl. 2019, § 116, Rz. 9.

[8] RefE, S. 67.

[9] BGH IX ZR 40/17, LS b).

[10] BGH IX ZR 40/17, Rz. 18-20.

 

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