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Initiative:
08.04.2020
Der Gesetzgeber wird seit vielen Jahren aufgefordert, für eine Harmonisierung von Steuerrecht und Insolvenzrecht Sorge zu tragen. Im Lichte der Corona-Krise verschärfen sich die Nachteile der mangelnden Harmonisierung nochmals und machen die Harmonisierung drängender als je zuvor.
Durch die Corona-Krise sind sämtliche wirtschaftlichen Aktivitäten auf einen Bruchteil oder sogar auf Null reduziert. In dieser außergewöhnlichen Notlage muss es das zentrale Ziel sein, Unternehmen und Arbeitsplätze zu erhalten und eine coronabedingte Insolvenzwelle zu vermeiden. Der Gesetzgeber hat reagiert und ein umfangreiches Hilfsprogramm aufgelegt.
Von der Corona-Krise ist naturgemäß auch der Bereich der Insolvenzverwaltung betroffen. Der VID begrüßt ausdrücklich, dass Politik, Parlament und die Finanzverwaltung in einem bislang nicht geahnten Tempo durch Gesetze, Verordnungen, Erlasse und insbesondere weitreichende Finanzierungsangebote versuchen, das wirtschaftliche Überleben von Unternehmen sicherzustellen und Arbeitsplätze zu erhalten.
Aber auch im Fall der Insolvenz – oder dann erst recht – wird für eine einstweilige Betriebsfortführung Liquidität benötigt, um die Sanierungschancen zu wahren.
Um die wirtschafts- und sozialpolitisch notwendigen und politisch gewollten Ziele zu erreichen, schlägt der VID neben den bislang bereits umgesetzten gesetzlichen Maßnahmen Folgendes vor:
Was gestern noch planbar war, ist heute ungewiss. Dies trifft in besonderem Maße im Rahmen der Liquiditätssicherung den Geschäftsleiter einer eigenverwaltenden Schuldnerin, den (vorläufigen) Sachwalter (wegen der Aufsichts- und Kontrollpflichten) und den (vorläufigen) Insolvenzverwalter. Alle Beteiligten haben einerseits Massesicherungspflichten, andererseits unterliegen sie – wie jeder Unternehmer außerhalb eines Insolvenz- oder Restrukturierungsverfahren – der gesetzlichen Verpflichtung zur Abführung von Steuern und Sozialabgaben. Dies führt bei wegbrechenden und nicht mehr planbaren Einnahmen zu einer Pflichtenkollision und gefährdet akut das Ziel sowohl einer Sanierung als auch einer sachgerechten Liquidation. Um angesichts der außergewöhnlichen Situation gleichwohl Lösungsversuche nicht schon im Keim zu ersticken, schlägt der VID vor:
Diese vorübergehenden Maßnahmen würden nach Auffassung des VID wesentlich dazu beitragen, die sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise abzumildern.
Die Gewährung steuerlicher Maßnahmen zur Begrenzung der Auswirkungen der Corona-Krise entspringt einer öffentlich-rechtlichen Verantwortung in einer schlechterdings nicht planbaren Sondersituation. Entsprechend dieser öffentlich-rechtlichen Verantwortung müssen parallel zu Artikel 1 § 1 des COVInsAG auch steuerliche Pflichten angepasst werden. Denn das „normale“ steuerliche Pflichtenprogramm, dessen Verletzung eine Steuerhaftung der Vertreter oder des Insolvenzverwalters nach § 69 AO i.V.m. §§ 34, 35 AO zur Folgen haben kann, passt auf die Corona-Krise nicht, die im Prinzip keine belastbaren Prognosen und Planungen zulässt. Dies betrifft insbesondere
und
Um den durch die Corona-Krise ausgelösten Besonderheiten gerecht zu werden, sollte § 69 AO wie folgt um einen Abs. 2 ergänzt werden:
„Sind einem Steuerpflichtigen auf Veranlassung eines Vertreters im Sinne der §§ 34, 35 AO steuerliche Maßnahmen zur Begrenzung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie bewilligt worden, so wird vermutet, dass der Vertreter seine steuerlichen Pflichten aus und im Zusammenhang mit der bewilligten steuerlichen Maßnahme nicht verletzt.“
Auf Grund von Liquiditätsengpässen in Folge der Corona-Krise werden viele Unternehmen gezwungen sein, Vermögen zu veräußern. Dabei kommt es vielfach zur steuerpflichtigen Aufdeckung stiller Reserven (steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn). Bei den in Deutschland weit verbreiteten Personengesellschaften besteht die Besonderheit, dass die Einkommensteuerpflicht nicht die Gesellschaft selbst, sondern den Gesellschafter trifft. Dieser wird in der Regel zur Steuerzahlung nicht in der Lage sein, weil er mangels Liquidität keinen entsprechenden Betrag aus dem Unternehmen entnehmen kann. Um dies zu vermeiden und dem Unternehmer die Möglichkeit zu eröffnen, den Veräußerungserlös ungeschmälert für die Fortführung des Unternehmens und den Erhalt von Arbeitsplätzen zu verwenden, empfehlen wir, Veräußerungsgewinne aus derartigen Notverkäufen im Zeitraum von März bis Ende September 2020 von der Besteuerung zu befreien. Der Gewinn sollte in eine „steuerfreie Corona Kapitalrücklage“ eingestellt werden. Zudem sollte geregelt werden, dass die durch die Steuerbefreiung freiwerdenden Mittel nicht den Sicherungsrechten möglicher Sicherungsgläubiger unterliegen, sondern – wenigstens befristet – dem Unternehmen als freie Liquidität zur Verfügung stehen. Soweit sich später die Situation stabilisiert und Entnahmen aus der „Corona Rücklage“ an die Gesellschafter vorgenommen werden, können diese Entnahmen dann nachträglich versteuert werden.
Durch die Corona-Krise werden bei Unternehmen voraussichtlich Verluste in bisher nicht gekanntem Ausmaß entstehen. Die Möglichkeit zur Verrechnung derartiger Verluste mit Gewinnen aus früheren oder späteren Jahren ist gemäß § 10d Abs. 1, 2 EStG betragsmäßig eingeschränkt. Diese für „normale Zeiten“ geltenden Beschränkungen sollten zur Schaffung dringend benötigter Liquidität vorübergehend ausgesetzt werden. Wir schlagen daher vor, dass die im Zeitraum von März bis September 2020 eintretenden Corona-bedingten Verluste unter Wegfall der Mindestbesteuerung nach § 10 d Abs. 1 und Abs. 2 EStG in unbeschränkter Höhe zurück- und vorgetragen werden können. Ein entsprechender Wegfall der Mindestbesteuerung sollte ebenfalls für den Gewerbeverlust gemäß § 10a GewStG gelten. Vortrag und Rücktrag sollten auf die Jahre 2018 bis 2022 begrenzt werden.
Berlin, den 08.04.2020
Kontakt:
Verband Insolvenzverwalter Deutschlands
Französische Straße 13/14
10117 Berlin
Tel.: 030 20 45 55 25
E-Mail: info@vid.de
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