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Stellungnahme:

11.05.2017

Elektronische Rechtsverkehr-Verordnung (ERV): Referentenentwurf

Stellungnahme des VID zum Referentenentwurf einer Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung – ERV)

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A. Vorbemerkung

Der vorliegende Referentenentwurf einer Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (im Folgenden RefE) soll für Bürgerinnen und Bürger, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, sonstige professionelle Prozessteilnehmer sowie Behörden einheitliche Rahmenbedingungen für die elektronische Kommunikation mit den Gerichten der Länder und des Bundes in der Zivilgerichtsbarkeit und den Fachgerichtsbarkeiten sowie mit den Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollziehern schaffen.

Das Ziel des Entwurfes, einheitliche Rahmenbedingungen für die elektronische Kommunikation mit den Gerichten zu schaffen, wird vom VID nachdrücklich unterstützt. Dies umso mehr, als dass der VID eine Initiative zu einem „Insolvenzverfahren 4.0“ ins Leben gerufen hat, deren Arbeitsgruppe Teilnehmer aus Ministerien auf Landesebene sowie aus verschiedenen öffentlich-rechtlichen Institutionen angehören.

 Bereits heute enthält die Insolvenzordnung Regelungen zur maschinellen, bzw. elektronischen Verarbeitung, bzw. Übermittlung zwischen Verfahrensbeteiligten und Dritten; so u. a. zur maschinellen Herstellung und Bearbeitung von Tabellen und Verzeichnissen (§ 5 Abs. 4 InsO), zur öffentliche Bekanntmachung im Internet (§ 9 InsO), zur Forderungsanmeldung durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments (§ 174 Abs. 4 InsO) sowie zur unverzüglichen elektronischen Übermittlung der Anordnung der Eintragung in das Schuldnerverzeichnis an das Vollstreckungsgericht (§ 303a Satz 3 InsO).

Den vorgenannten Regelungen ist jedoch gemeinsam, dass es sich dabei um wenige Einzelregelungen handelt, die auch nur zum Teil die relevante Übermittlung von Informationen zwischen Insolvenzgericht und Insolvenzverwalter betreffen. In der insolvenzrechtlichen Praxis erinnert derzeit vieles eher an die Zeit der Konkursordnung, so bspw. die postalische Übersendung von Berichten an das Insolvenzgericht [1] oder die massenhafte Übersendung der Forderungsanmeldungen.

Eine einheitliche, länderübergreifende und zukunftsorientierte Regelung für die elektronische Kommunikation von Insolvenzverwaltern mit den zuständigen Insolvenzgerichten ist daher zu begrüßen. Dies auch vor dem Hintergrund der anhaltenden Tendenz der Übertragung hoheitlicher Aufgaben vom Insolvenzgericht auf den Insolvenzverwalter, die zu einer erheblichen Entlastung für die öffentliche Hand geführt hat (§§ 8 Abs. 3, 174, 175 InsO) und den zahlreichen (gesetzlichen) Aufklärungs-, Informations-, Auskunfts-, Prüfungs-, Überwachungs- und Tätigkeitspflichten des Insolvenzverwalters (z. B. §§ 58 Abs. 1 Satz 2, 85 Abs. 1 Satz 1, 129 ff, 148 Abs. 1, 156 Abs. 1 Satz 1, 159, 174 Abs. 1 Satz 1, 175 Abs. 1 Satz 1, 188 Satz 1), insbesondere gegenüber dem Insolvenzgericht.

Das Insolvenzverfahren, das als gerichtlich beaufsichtigtes Gesamtvollstreckungsverfahren ausgestaltet ist, profitiert mithin in besonderem Maße von Erleichterungen, die durch einheitliche Rahmenbedingungen für die elektronische Kommunikation mit den Gerichten geschaffen werden. Dies insbesondere bei Insolvenzverfahren über das Vermögen von Unternehmen, in denen innerhalb kürzester Zeit die Interessen aller Beteiligten, regelmäßig Lieferanten, Dienstleister, Banken und Arbeitnehmer zu wahren sind. Die Digitalisierung des Verfahrens verhindert aus Sicht des VID nicht nur Medienbrüche, sondern kann gleichsam zu kürzeren Verfahrenslaufzeiten und besseren Quoten für die Gläubiger beitragen.

 

B. Im Einzelnen

Die Regelungen der Verordnung gelten nach § 1 Abs. 1 RefE für die Übermittlung elektronischer Dokumente gemäß § 130a ZPO, § 46c ArbGG, § 65a SGG, § 55a VwGO und § 52a FGO. Die Verordnung soll insbesondere den elektronischen Zugang zu allen Gerichten der Zivil-, Arbeits-, Sozial-, Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit der Länder und des Bundes vereinheitlichen. Über § 4 InsO finden die Vorschriften der Verordnung für die Insolvenzgerichte ebenso entsprechende Anwendung wie in Verfahren nach dem in § 869 ZPO in Bezug genommenen Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung. (Begründung zu § 1 Abs. 1 RefE, S. 10-11)

 

I. Kommunikation zwischen Insolvenzverwalter und Insolvenzgericht

 

1. Notwendigkeit einheitlicher Regelungen für den Berufsstand der Insolvenzverwalter

Der vorliegende RefE spricht von der Schaffung technischer Rahmenbedingungen für Bürgerinnen und Bürger, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, sonstige professionelle Prozessteilnehmer sowie Behörden.

Da zum Insolvenzverwalter jedoch grundsätzlich eine für den jeweiligen Einzelfall geeignete, insbesondere geschäftskundige und von den Gläubigern und dem Schuldner unabhängige natürliche Person zu bestellen ist (§ 56 I InsO), können Berufsträger nicht nur Rechtsanwälte, sondern regelmäßig auch Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Diplom-Wirtschafts-juristen oder Diplom-Kaufleute sein. Nicht alle in Deutschland bestellten Insolvenzverwalter verfügen damit über einen Zugang zum besonderen elektronischen Anwaltspostfach, das bspw. eine automatisierte Erstellung und Übermittlung eines strukturierten Datensatzes vorsehen wird (siehe Begründung zu § 2 Abs. 2 RefE, S. 12).

Eine Definition der sog. sonstigen professionellen Prozessteilnehmer findet sich in der Verordnung nicht. Lediglich in der Begründung zu § 2 Abs. 2 RefE findet sich auf Seite 12 der Hinweis auf „die professionellen Prozessbeteiligten wie die Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (…)“, die grundsätzlich verpflichtet werden, einen strukturierten Datensatz einzureichen.

Das Ziel der Verordnung, einheitliche Rahmenbedingungen für die elektronische Kommunikation mit den Gerichten der Länder und des Bundes in der Zivilgerichtsbarkeit und den Fachgerichtsbarkeiten zu schaffen, kann jedoch nur erreicht werden, wenn auch für nichtanwaltliche Insolvenzverwalter, die als sog. sonstige professionelle Prozessteilnehmer einzuordnen sind, rechtzeitig die notwendigen technischen Rahmenbedingungen für die Übermittlung elektronischer Dokumente an die (Insolvenz-)gerichte geschaffen werden.

Bislang erfolgte die Übermittlung elektronischer Dokumente an die Insolvenzgerichte – sofern diese daran teilnehmen – mittels Elektronischem Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP), unabhängig davon, ob es sich bei den Insolvenzverwaltern um anwaltliche Berufsträger handelte oder nicht.

Am 01.01.2018 wird der EGVP-Classic-Client (EGVP-Installer) jedoch endgültig abgeschaltet und durch einen Nachfolgeclient, der nur der Verwaltung bereits empfangener Nachrichten dient und für den kein Support geleistet wird, ersetzt. Das bedeutet, dass Rechtsanwälte sodann (ausschließlich) das besondere Anwaltspostfach (beA) nutzen. Für Nutzer, die weder Rechtsanwalt noch Notar sind, d. h. die nichtanwaltlichen Insolvenzverwalter werden zwar die Infrastrukturkomponenten für die Kommunikation per EGVP (die Postfächer und die Eintragungen im Verzeichnisdienst SAFE) weiterhin unverändert zur Verfügung gestellt, die Bereitstellungen einer Sende-und Empfangskomponente (EGVP-Classic-Client-Software) aber künftig den Softwareherstellern überlassen. Als mögliche Optionen kommen die Nutzung eines für den OSCI-gestützten elektronischen Rechtsverkehr registrierten Drittproduktes, die Nutzung einer eigenentwickelten EGVP-Sende- und Empfangskomponente, die Integration der EGVP-Enterprise in die Fachsoftware sowie die Bereitstellung einer spezifischen Lösung durch die zuständigen Rechenzentren oder Fachsoftwarehersteller in Betracht.[2]

Die nichtanwaltlichen Insolvenzverwalter sind damit in Bezug auf die Bereitstellung einer Sende- und Empfangskomponente künftig regelmäßig auf private Dienstleister angewiesen. Dieser Umstand begegnet erheblichen grundrechtrechtlichen und europarechtlichen[3] Bedenken. So muss grundsätzlich der staatliche Auftraggeber Wege zur Verfügung stellen, um eine Berufsausübung auch der nichtanwaltlichen Insolvenzverwalter zu gewährleisten. Eine Verlagerung dieser staatlichen Aufgabe auf private Dritte birgt die Gefahr, dass in der künftigen Praxis die für die Bearbeitung der – zum Teil äußerst komplexen – Insolvenzverfahren notwendigen technischen Voraussetzungen nicht, nicht rechtzeitig bzw. nur sehr kostenintensiv zur Verfügung stehen. Dies sollte unabhängig davon gelten, dass eine Nutzungspflicht zum elektronischen Rechtsverkehr erst ab 01.01.2022 – und dies auch nur für die Angehörigen des anwaltlichen Berufsstandes – besteht.[4]

Ergänzend besteht im Hinblick auf die ab 25. Mai 2018 maßgebliche europäische Datenschutzgrundverordnung die Befürchtung, dass ohne datenschutzrechtlich konforme Regelungen zum elektronischen Rechtsverkehr (insbesondere) für nichtanwaltliche Insolvenzverwalter erhebliche Bußgelder drohen (können).

 

2. Weitere technische Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs

 a) Anforderungen an elektronische Dokumente (§ 2 RefE)
 aa) Dateiformate (§ 2 Abs. 1 RefE)

§ 2 Abs. 1 RefE regelt, dass das elektronische Dokument entweder in durchsuchbarer, druckbarer und kopierbarer Form im PDF-Format (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 RefE) oder wenn bildliche Darstellungen im Dateiformat PDF nicht verlustfrei wiedergegeben werden können, im Dateiformat TIFF (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 RefE) zu übermitteln ist. Die in § 2 Abs. 1 RefE als bezeichneten Dateiformate sind grundsätzlich nicht zu beanstanden.

Vorsorglich soll jedoch darauf hingewiesen werden, dass das vom AG Aachen für Regelinsolvenzverfahren seit dem 1.4.2011 erfolgreich praktizierte PilotprojektForStaBFortgeschriebener Standardisierter Zwischenbericht“[5], das auf eine Anwendung in ganz Nordrhein-Westfalen abzielt, ggf. mit den Inhalten des RefE kollidiert. Ziel des Pilotprojekts ist die Qualitätssicherung in Insolvenzsachen und das Bestreben, die Verfahrensabläufe im allseitigen Interesse zu optimieren. So handelt es sich beim ForStaB um eine standardisierte Form eines (Zwischen-)Berichts, der die Entwicklung der zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung vorhandenen Aktiva unter Berücksichtigung von Drittrechten sowie Zu- und Abschreibungen darstellt. Kernstück des ForStaB ist eine standardisierte Excelliste, die neben der Übertragung im Bericht zusätzlich elektronisch von Seiten der Verwalter an die Gerichte übermittelt werden soll. Dort erfolgt eine automatische Verschlagwortung und digitale Zuordnung zu den Verfahren. [6]

Das Insolvenzgericht Köln hat in einer Verwalterbesprechung am 14.3.2017, an der über 100 in Köln gelistete Insolvenzverwalter teilgenommen haben, seine aktualisierten „Kölner Leitlinien zur Zusammenarbeit mit dem Insolvenzgericht“ vorgestellt. Wesentliche Neuerung der Leitlinien war die flächendeckende Einführung des ForStaB.[7]

Dieser fortgeschriebene standardisierte Zwischenbericht bringt jedoch nur dann den erhofften Effizienzgewinn und die erhoffte Transparenz im Verfahren, wenn ein Versionsvergleich von (Excel-)Dateien möglich ist. Das durchsuchbare PDF muss daher künftig so gestaltet sein, dass es einen solchen Versionsvergleich ermöglicht.

 Ergänzend sei auch darauf hingewiesen, dass an vielen Gerichten schon heute Tabellendaten in elektronischer Form übermittelt werden, die nach diesseitiger Kenntnis nicht ausschließlich als PDF formatiert sind.[8]

 

bb) Beifügung eines strukturierten maschinenlesbaren Datensatzes (XML)

Gemäß § 2 Abs. 2 RefE soll dem elektronischen Element ein strukturierter maschinenlesbarer Datensatz beigefügt werden, der die automatisierte Erfassung bestimmter Grunddaten durch die Gerichte und im weiteren Verfahren die Zuordnung des elektronischen Dokuments zu einem (bereits anhängigen) Gerichtsverfahren ermöglicht. Ein solcher Datensatz ist grundsätzlich stets beizufügen (siehe Begründung zu § 2 Abs. 2 RefE, S. 12). Ein ausnahmsweises Absehen von der Übermittlung einzelner oder aller Angaben ist nur bei Vorliegen besonderer Umstände möglich. Solche besonderen Umstände können etwa vorliegen, wenn die Daten bei eilbedürftigen Vorgängen nicht rechtzeitig in Erfahrung gebracht werden können (Begründung zu § 2 Abs. 2 RefE, S. 12). Hier stellt sich die Frage, ob durch den eigenverwaltenden Schuldner (§§ 270 ff. InsO) stets die Übermittlung eines strukturierten maschinenlesbaren Datensatzes (neben der Einhaltung von Anforderungen an zulässige Dateiformate, Höchstgrenzen für die Anzahl und das Volumen elektronischer Dokumente sowie zulässige physische Datenträger) leistbar ist. Der Schuldner ist insoweit auch gehalten, (regelmäßig) die Bekanntmachungen zu den technischen Anforderungen im Bundesanzeiger oder auf der Internetseite www.justiz.de gem. § 5 RefE zu verfolgen. Bereits heute kommt es in der insolvenzrechtlichen Praxis beim eigenverwaltenden Schuldner u. a. bei der Vorlage von Verzeichnissen, der insolvenzrechtlichen Buchhaltung, der Insolvenzgeldvorfinanzierung und Weiterem zu Verzögerungen und Fehlern, die im Ergebnis oft dazu führen, dass der Sachwalter gebeten wird, diese Aufgaben für den Schuldner zu übernehmen. Eine Mitwirkung des Sachwalters bei der Kommunikation des Schuldners mit dem Insolvenzgericht ist in den Aufgaben des Sachwalters (§§ 274 Abs. 2 und 3, 275 InsO) gerade nicht vorgesehen.

 

b) Überschreitung von Höchstgrenzen (§ 3 RefE)

 § 3 RefE regelt für den Fall, dass die nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 RefE bekannt gemachten Höchstgrenzen für die Anzahl oder das Volumen elektronischer Dokumente nicht eingehalten werden können[9], dass die Übermittlung als Schriftsatz nach den allgemeinen Vorschriften erfolgen kann (möglichst unter Beifügung der Anlagen auf einem nach § 5 Abs. 1 Nr. 4 RefE bekanntgemachten zulässigen physischen Datenträger).

Es ist sicherzustellen, dass die Leistungsfähigkeit der IT-Systeme künftig so angepasst wird, dass Medienbrüche aufgrund großer Dateivolumina, die zur Verringerung der Bearbeitungsgeschwindigkeit führen und unnötige Fehler erzeugen können, verhindert werden. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass anwaltliche Insolvenzverwalter gemäß § 130d Satz 1 ZPO und den entsprechenden Vorschriften für die Fachgerichte in der ab dem 1. Januar 2022 geltenden Fassung verpflichtet sind, vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen als elektronisches Dokument einzureichen.

 
c) Übermittlung elektronischer Dokumente mit qualifizierter elektronischer Signatur (§ 4 RefE)

 Das Gesetz zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10.10.2013 sieht neben dem Versehen des elektronischen Dokuments mit einer qualifizierten elektronischen Signatur sichere Übermittlungswege vor, auf denen die Einreichung einfach signierter elektronischer Dokumente erfolgen kann. Zur Frage, auf welchen Übermittlungswegen die qualifiziert elektronisch signierten Dokumente eingereicht werden können, enthält § 4 Absatz 1 RefE nun eine abschließende Regelung (siehe Begründung zu § 4 RefE, S. 13). So können diese auf einem sicheren Übermittlungsweg (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 RefE) oder an das für den Empfang elektronischer Dokumente eingerichtete EGVP (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 RefE) übermittelt werden.

Im Hinblick auf nichtanwaltliche Insolvenzverwalter wird bezüglich des EGVP (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 RefE) auf die Problematik der künftigen Bereitstellung einer Sende- und Empfangskomponente (EGVP-Classic-Client-Software) durch (private) Softwarehersteller und die Ausführungen unter Ziff. B. I. 1 verwiesen. In Bezug auf die Übersendung eines elektronischen Dokuments mit einer qualifizierten elektronischen Signatur auf einem sog. sicheren Übermittlungsweg i. S. d. § 130 a Abs. 4 ZPO (in der ab 01.01.2018 geltenden Fassung) dürfte für den nichtanwaltlichen Insolvenzverwalter lediglich die Übermittlung mittels De-Mail i. S. d. § 130 a Abs. 4 Nr. 1 ZPO (in der ab 01.01.2018 geltenden Fassung) in Betracht kommen. Auch in diesem Fall ist der vom Gericht bestellte Insolvenzverwalter zur Ausübung seiner ihm vom Gericht übertragenen Aufgaben auf die Dienstleistung privater Dritter angewiesen, um regelkonform auf elektronischem Weg mit dem Gericht zu kommunizieren. Auch insoweit wird auf die Ausführungen unter Ziff. B. I. 1 verwiesen. Im Hinblick auf die Nutzung von De-Mail-Konten bestehen neben datenschutzrechtlichen, auch weitere Bedenken, wie bspw. zu dem Umstand, dass es für akkreditierte De-Mail Anbieter keine staatlichen Vorgaben zur Preisgestaltung gibt[10] oder dass für den Fall, dass der Anbieter den Geschäftsbetrieb einstellt, dieser lediglich verpflichtet ist, die De-Mail-Konten für den Nutzer für einen Zeitraum von drei Monaten abrufbar zu halten[11]. Da § 4 Abs. 2 RefE zudem künftig ausschließt, dass mehrere elektronische Dokumente mit einer gemeinsamen qualifizierten elektronischen Signatur übermittelt werden, hilft insoweit auch der Hinweis in der Begründung (zu § 4 Abs. 2 RefE, S. 14) nicht weiter, wonach „andere professionelle Prozessbeteiligte“ ab 01.01.2018 die gleichzeitige Übermittlung mehrerer elektronischer Dokumente auch ohne qualifizierte elektronische Signatur auf sicheren Übermittlungswegen (De-Mail) vornehmen können.

 

2. Kommunikation zwischen Insolvenzverwalter und sonstigen Verfahrensbeteiligten

Da die (gesetzlichen) Aufgaben des Insolvenzverwalters, die dieser für das Gericht übernimmt, regelmäßig in der Bestellungsurkunde konkret festgelegt sind, stellt sich die Frage, ob Insolvenzverwalter im Hinblick auf die Kommunikation mit den weiteren Verfahrensbeteiligten, d. h. Schuldner, Gläubigern und Dritten künftig „wie ein Gericht“ kommuniziert. Daran schließt sich die Frage an, ob die vorgenannten Verfahrensbeteiligten bei der elektronischen Kommunikation mit dem Insolvenzverwalter denselben Anforderungen wie bei der Kommunikation mit dem Gericht, insb. im Hinblick auf Signatur und Übermittlungsweg, unterliegen.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass durch den Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs die abzuwickelnden Kommunikationsmengen auch in Insolvenzverfahren um ein Vielfaches ansteigen werden. Die im VID organisierten professionellen Insolvenzverwalter übernehmen dabei schon heute eine erhebliche Filterfunktion für die Gerichte, insb. in sog. Massenverfahren.

Insolvenzverwaltern, die als „verlängerte Werkbank“ des Gerichts tätig werden, müssen daher zwingend die technischen Möglichkeiten zur Verfügung gestellt werden, um den Anforderungen an künftige Entwicklungen gerecht zu werden.

In der Begründung des RefE zu § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 (S. 12) wird explizit ausgeführt, dass die technischen Anforderungen an die elektronischen Dokumente dazu dienen sollen, die elektronische Weiterverarbeitung durch Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie weitere Verfahrensbeteiligte zu erleichtern. Die in § 2 RefE geregelten (technischen) Anforderungen an elektronische Elemente können nur jedoch dann fruchtbar gemacht werden, wenn Medienbrüche verhindert werden. Beispielhaft sei dazu auf den postalischen Versand der Forderungsanmeldung an die Gläubiger verwiesen. Bei einem einzigen Großverfahren wie bspw. im Falle des Billigstromanbieters Teldafax mit einer halben Million Gläubiger wurden dabei allein rund fünf Millionen Seiten verschickt.[12] Diese in Papierform eingereichten Anträge werden dann in der Verwalterkanzlei wiederum digital erfasst. Dies ist nicht nur mit einem enormen organisatorischen Aufwand verbunden, sondern belastet – zum Nachteil der Gläubiger – die Verfahrenskosten.

 

3. Besonderes elektronisches Behördenpostfach

Der VID begrüßt, dass das besondere elektronische Behördenpostfach künftig nicht nur für die Kommunikation der Behörden mit den Gerichten genutzt wird, sondern die Verordnung die Kommunikation zwischen Behörden und Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten über das besondere elektronische Behördenpostfach künftig nicht ausschließt. (Begründung RefE zu § 6, S. 16) Der Hinweis in der Begründung ist jedoch insoweit unzureichend, als dass die Nutzung des besonderen elektronischen Behördenpostfachs selbstverständlich auch den sonstigen professionellen Prozessteilnehmern (wie nichtanwaltlichen Insolvenzverwaltern) ermöglicht werden sollte.

 

C. Fazit

Im Kontext der vorgestellten Verordnung regen wir die Prüfung folgender Punkte an:

  1. Die Berufsausübung nichtanwaltlicher Insolvenzverwalter darf nicht durch Hemmnisse bei der elektronischen Kommunikation mit den Insolvenzgerichten erschwert werden.
  1. Die Gewährleistung einer reibungslosen elektronischen Kommunikation der Insolvenzverwalter mit den Insolvenzgerichten ist Aufgabe des Gesetzgebers, der sich zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben der (auch nichtanwaltlichen) Insolvenzverwalter bedient. Ein Verweis auf kostenpflichtige Dienstleistungen privater Unternehmen ist unzureichend.
  1. Die Modernisierung des Verfahrens hin zu einem „Insolvenzverfahren 4.0“[13] ist nur dann möglich, wenn einheitliche Lösungen für alle gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter sichergestellt sind.

[1] Siehe auch: Handelsblatt vom 19. Juli 2016, Nr. 137, „Wie zu Zeiten von 1877“, Interview mit Dr. Christoph Niering.

[2] <http://www.egvp.de/> (Stand: 10.05.2017).

[3] Vgl. bereits Oliver Sabel/Klaus Wimmer in ZIP 2008, 2097 ff., Die Auswirkungen der europäischen Dienstleistungsrichtlinie auf Auswahl und Bestellung des Insolvenzverwalters.

[4] Vgl. Art. 26 (7) des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 10.10.2013.

[5] Vgl. Nicole Langer / Winfried Bausch in ZInsO 2011, 1287–1292, Die fortschreibende Rechnungslegung im Rahmen standardisierter Gutachten und Zwischenberichte.

[6] <http://bak-inso.de/index.php?option=com_kunena&func=view&catid=2&id=55&Itemid=0> (Stand 10.05.2017).

[7] ZInsO 2017, 637–642, Kölner Leitlinien zur Zusammenarbeit mit dem Insolvenzgericht.

[8] Vgl. Kölner Leitlinien zur Zusammenarbeit mit dem Insolvenzgericht, a.a.O., die unter „II. Insolvenztabelle, Ziff. 1 und 2“ keine ausdrückliche Formatvorgabe für elektr. Tabellendaten vorsehen.

[9] Vgl. Begründung zu § 5 Abs. 1 Nr. 3 ERV RefE, wonach beim EGVP aktuell gleichzeitig bis zu 100 Dokumente mit einem Gesamtvolumen von 30 Megabyte eingereicht werden können.

[10] Information der Abteilung IT des Bundesministerium des Innern im Auftrag des Beauftragten der Bundesregierung für Informationstechnik zur De-Mail (22. Wie viel kostet der De-Mail-Versand?) unter <http://www.cio.bund.de/Web/DE/Innovative-Vorhaben/De-Mail/Haeufig-gestellte-Fragen/haeufig_gestellte_fragen_node.html#doc4623430bodyText20> (Stand: 10.05.2017).

[11] Information der Abteilung IT des Bundesministerium des Innern im Auftrag des Beauftragten der Bundesregierung für Informationstechnik zur De-Mail (28. Was passiert, wenn ich den Anbieter wechseln möchte oder mein Anbieter den Geschäftsbetrieb einstellt?) unter <http://www.cio.bund.de/Web/DE/Innovative-Vorhaben/De-Mail/Haeufig-gestellte-Fragen/haeufig_gestellte_fragen_node.html#doc4623430bodyText20> (Stand: 10.05.2017).

[12] Siehe Handelsblatt vom 19. Juli 2016, Nr. 137, „Wie zu Zeiten von 1877“, Interview mit Dr. Christoph Niering.

[13] Christoph Niering in INDat Report 04_2016, Insolvenzverfahren 4.0 – Plan oder Phrase?

 

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